Brauchen wir einen Gesellschaftsdienst nach der Schule?

Ehrenamtsmonitor #5 (Juni 2023)

In diesen Wochen verlassen wieder hunderttausende Schülerinnen und Schüler die Schule - viele davon ohne klare Perspektive oder Vorstellung, was sie machen möchten. Gleichzeitig wird über die Einführung einer Dienstpflicht nach der Schule diskutiert. Die Malteser wollten wissen, was die Menschen in Deutschland von einem Jahr Gesellschaftsdienst für Schulabgängerinnen und Schulabgänger halten. 

An der YouGov-Umfrage nahmen zwischen dem 15. und 17. Mai 2054 Menschen teil. Die Studie ist repräsentativ für die volljährige Gesamtbevölkerung in Deutschland.

Wichtigste Ergebnisse

Wichtigste Ergebnisse: 

Die Mehrheit ist für einen Gesellschaftsdienst nach der Schule: Die Bevölkerung sieht in der Einführung eines Gesellschaftsdienstes einen Nutzen für den Einzelnen und für die Gesellschaft. Die Mehrheit der Befragten befürwortet sogar die Einführung eines verpflichtenden Jahres nach der Schulzeit. 62 Prozent der Befragten sprechen sich voll oder eher dafür aus. Nur 26 Prozent sind gegen die Einführung eines solchen Dienstes. Überraschend ist: 45 Prozent der unter 24-Jährigen, die eine solche Regelung betreffen würde, befürworten ein solches Dienstjahr. Je älter, desto deutlicher ist das Ja: Mehr als Hälfte der 25- bis 34-Jährigen findet ein solches Pflichtjahr gut. Bei den über 55-Jährigen ist die die Zustimmung mit 73 Prozent am höchsten.

Mehr Solidarität und persönliche Orientierung erwartet:  Ein Dienstjahr – ob sozial, ökologisch oder bei der Bundeswehr – für Schulabgängerinnen und Schulabgänger würde aus Sicht von drei Vierteln der Befragten die Solidarität mit der Gesellschaft fördern. 72 Prozent glauben, dass der Dienst die Werte einer Gesellschaft vermittelt. 68 Prozent sind der Ansicht, ein solches Jahr könne Klarheit in die Berufsorientierung bringen. 62 Prozent meinen, ein solches Jahr könnte den Personalmangel im sozialen Bereich und in der Pflege kompensieren und 48 Prozent halten den Pflichtdienst für die Verteidigung für nötig.

Die meisten würden im sozialen oder Gesundheitsbereich Dienst tun: Vor die hypothetische Wahl gestellt, wo man selbst ein Pflichtjahr absolvieren würde, wählten die meisten den sozialen Bereich (z.B. Kindergarten oder Sportverein, 19 Prozent) oder den Gesundheits- oder Pflegebereich (18 Prozent). 11 Prozent würden den Katastrophenschutz, THW oder Feuerwehr vorziehen. Nur 9 Prozent der Befragten würden dieses Jahr bei der Bundeswehr verbringen und nur 6 Prozent würden sich für Entwicklungsarbeit im Ausland entscheiden. 

Engagement für andere ist auch persönlich ein Gewinn: Ein Drittel der Befragten hat selbst einen freiwilligen oder Pflichtdienst geleistet: Von diesen sind 78 Prozent der Meinung, dass sie diese Zeit persönlich weitergebracht hat. 60 Prozent geben an, dass die Erfahrungen wertvoll für ihr späteres Berufsleben waren. Auch die jüngeren Befragten empfanden ihren Dienst als einen persönlichen Gewinn (75 Prozent).

Offenheit für ehrenamtliches Engagement, aber es gibt Hürden: 63 Prozent der in der aktuellen Umfrage Befragten sind entweder bereits engagiert (22 Prozent) oder können es sich vorstellen (41 Prozent). Besonders aufgeschlossen sind die Jüngeren: In der Altersgruppe zwischen 18 und 44 sind es sogar nur rund 20 Prozent, die sich nicht vorstellen, sich in der Freizeit ehrenamtlich zu engagieren. 

Es dominieren zwei Gründe, die am Schritt ins Ehrenamt hindern: gesundheitliche Probleme (37 Prozent) und Zeitmangel (36 Prozent).  Für die Jüngeren unter 45 Jahren ist Zeitmangel mit 60 Prozent das Haupthindernis. Ab 45 Jahren sind es bei 45 Prozent vor allem gesundheitliche Gründe, die dem Ehrenamt im Wege stehen. Diejenigen, die sich ein Ehrenamt bislang nicht oder allenfalls vielleicht vorstellen können, würde am ehesten eine bessere staatliche Förderung und flexible Einsatzzeiten motivieren können. Für die unter 35-Jährigen wäre zudem die Anerkennung des Engagements durch den künftigen Arbeitgeber (31 Prozent) besonders wichtig.

Die eigene Engagementbereitschaft bleibt zurückhaltend: Trotz des durchaus vorhandenen Bewusstseins für die Bedeutung des Ehrenamts hat sich die persönliche Bereitschaft, sich selbst ehrenamtlich zu engagieren,  für die Mehrheit der Befragten (60 Prozent) nicht verändert. Nur bei fast 20 Prozent ist diese Bereitschaft gestiegen.  Der Befund steht in Einklang mit den Erkenntnissen aus früheren Ausgaben des Malteser Ehrenamtsmonitors.


Der Gesellschaftsdienst im Bevölkerungsschutz – ein neues Modell

Als Antwort auf die Krisen der jüngsten Vergangenheit haben die Malteser einen freiwilligen „Gesellschaftsdienst im Bevölkerungsschutz“ vorgeschlagen. Das Konzept sieht vor, Freiwillige für einen Zeitraum von bis zu vier Jahren über eine Selbstverpflichtung zu binden. In dieser Zeit werden Ehrenamtliche in Phasen der Ausbildung, der Weiterbildung und der ehrenamtlichen Bereitschaft zu Einsätzen und Übungen bundesweit in die bestehenden Katastrophenschutz-Strukturen der großen Hilfsorganisationen eingebunden.

Das neue Dienstformat kann zeitlich gestreckt und auch in Teilzeit aufgenommen werden und erlaubt einen Konsens zwischen den Bedürfnissen der Einzelnen und dem Bedarf nach qualifizierten, verfügbaren Einsatzkräften.

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