Aktuelle Zahlen zum Engagement in Deutschland
Malteser Ehrenamtsmonitor
Ehrenamtsmonitor #4: Armut und Einsamkeit
Vor dem Hintergrund des Krieges, der steigenden Kosten und Energieknappheit haben die Malteser in ihrer vierten Ausgabe des Ehrenamtsmonitors Menschen gefragt, wie sich die aktuelle Situation auf Armut und Einsamkeit in Deutschland auswirken wird - und welchen Beitrag sie dem ehrenamtlichen Engagement bei der Bewältigung von gesellschaftlichen Problemen beimessen.
Wichtigste Ergebnisse:
- Mehr Armut: Armut wird weiter steigen, davon ist eine große Mehrheit überzeugt.
- Einsamkeit trifft viele: Vor allem alte Menschen sind einsam
- Einsamkeit wächst: Jeder dritte fühlt sich selbst einsamer als früher
- Sprachlosigkeit: Über Einsamkeit wird selten gesprochen
- Persönliche Sorgen: Finanzielle Schwierigkeiten befürchtet
- Ehrenamt: In Krisen wichtig
- Engagement: Wie viele sind bereit zum Ehrenamt?
Ehrenamtsmonitor #4: Ergebnisse
Besorgter Blick auf den Winter: Armut und Einsamkeit sind auf dem Vormarsch
Armut wird bei uns noch weiter steigen, davon sind 86 Prozent der Menschen in Deutschland überzeugt. 75 Prozent gehen davon aus, dass sich die Menschen einsamer fühlen werden.
Den Grund für zunehmende Armut sehen die Befragten vor allem im Anstieg der Lebenshaltungs- und Energiekosten (87 Prozent) sowie der wachsenden Zahl der am Existenzminimum lebenden Menschen (74 Prozent). Die Zunahme der Einsamkeit steht damit im Zusammenhang.
Begründet werden der Anstieg von Einsamkeit mit dem Rückzug aus der Gesellschaft aus Schamgefühl (63 Prozent) seine Armut zu zeigen sowie der steigenden sozialen Verunsicherung (62 Prozent).
Werden Armut und Einsamkeit in Zukunft zunehmen?

Einsamkeit trifft viele – aber vor allem die Älteren
Laut der Umfrage wird Einsamkeit in der Gesellschaft vor allem bei älteren Menschen verortet. Drei Viertel der Befragten glauben, dass Menschen über 65 Jahre stärker von Einsamkeit betroffen sind als vor der Pandemie. Nach Einschätzung der Befragten sinkt das Einsamkeitsrisiko je jünger die Menschen sind.
Wer ist besonders stark von Einsamkeit betroffen?

Die Ergebnisse des Ehrenamtsmonitors decken sich mit den Erfahrungen der Malteser aus der langjährigen Begleitung von Menschen, die von sozialer Isolation und Einsamkeit betroffen sind.

„Die Menschen werden immer älter, und wir stellen fest, dass es nicht mehr die klassische Großfamilie gibt, die füreinander sorgt. Dazu kommt, dass Menschen in zunehmendem Alter weniger mobil werden und deswegen von sich aus nicht mehr so aktiv am Leben teilnehmen.“
Sabrina Odijk
Abteilungsleiterin Soziales Ehrenamt bei den Maltesern
Jeder Dritte fühlt sich einsamer als früher
Ein Drittel der Befragten gibt zudem an, dass sie sich persönlich heute einsamer fühlen als vor der Corona-Pandemie. Für knapp über die Hälfte der Menschen in Deutschland hat sich das Gefühl von Einsamkeit nicht verändert. Die Wahrnehmung der Befragten stimmt mit der gesellschaftlichen Realität überein. Einsamkeit stellt ein zunehmendes soziales Problem dar, das sich in den letzten Jahren verschärft hat und in weiten Teilen der Bevölkerung, also auch bei jungen Menschen, angesiedelt ist.
Fühlen Sie sich persönlich heute häufiger oder seltener einsam als früher (vor März 2020)?

Über Einsamkeit spricht man nicht
Trotz der wachsenden Bedeutung scheint das Thema Einsamkeit in der Gesellschaft noch immer ein Tabuthema zu sein. Bei 60 Prozent der Befragten wird das Thema im direkten Umfeld nicht offen angesprochen.
Wird über das Thema "Einsamkeit" offen in Ihrem direkten Umfeld gesprochen?

Angst vor finanziellen Schwierigkeiten, weniger Geld für Weihnachtsgeschenke
Darüber hinaus zeichnet sich ein weiterer Trend ab: Die Mehrheit der Befragten hat in Folge der aktuellen wirtschaftlichen Krise Angst, in finanzielle Schwierigkeiten zu geraten.
60 Prozent der Befragten äußern angesichts der steigenden Preise die Sorge, dass das Geld nicht reichen könnte. Knapp die Hälfte der Menschen hat Angst vor Versorgungsengpässen. Und 61 Prozent der Befragten erwarten persönliche Einschränkungen im sozialen Bereich. So ist es nicht verwunderlich, dass auch das nahende Weihnachtsfest betroffen ist. Mehr als jeder Dritte Deutsche plant an den Feiertagen weniger Besuche bei Freunden und der Familie als in den Vorjahren. Und sogar mehr als die Hälfte aller Befragten will weniger Geld für Geschenke ausgeben.
Mit Blick auf die aktuellen Preissteigerungen, den Ukraine-Krieg und die Corona-Lage. Inwieweit stimmen Sie der folgenden Aussage zu: Ich habe angesichts der steigenden Preise Angst, dass mein Geld nicht reichen könnte.

„Die Not in diesem Jahr ist größer als zuvor. Die aktuelle politische und wirtschaftliche Situation bewirkt, dass immer mehr Menschen unter Einsamkeit und finanzieller Armut leiden. Wir versuchen daher den Blick und die Tätigkeiten unserer Freiwilligen dahin zu richten, wo der Bedarf am größten ist.“
Sabrina Odijk
Abteilungsleiterin Soziales Ehrenamt bei den Maltesern
Ehrenamt – in Krisen wichtig
Der Ehrenamtsmonitor erhebt regelmäßig, welchen Beitrag die Menschen in Deutschland dem bürgerlichen Engagement bei deren Bewältigung gesellschaftlicher Krisen aktuell beimisst. Insgesamt zeigt sich im Vergleich mit den letzten drei Ausgaben des Ehrenamtsmonitors (von September 2021, März 2022 und Juni 22) ein stabiles Meinungsbild.
Bei der Bewältigung von Armut und Einsamkeit wird dem Ehrenamt besondere Bedeutung beigemessen. Aktuell sind 67 Prozent der Befragten sind der Ansicht, dass ehrenamtliches Engagement aufgrund der Probleme beim sozialen Zusammenhalt (sehr viel) wichtiger geworden ist.
65 Prozent sehen eine gestiegene Bedeutung des Ehrenamts aufgrund von Naturkatastrophen, 54 Prozent glauben dies aufgrund des demografischen Wandels, 51 Prozent aufgrund von Migration und Zuwanderung und 50 Prozent sehen den Schutz der öffentlichen Sicherheit und der Terrorgefahr als Aufgabe, der das ehrenamtliche Engagement wichtiger werden lässt.
58 Prozent der Befragten sind der Ansicht, dass aufgrund der Pandemie ehrenamtliches Engagement wichtiger geworden ist. Das sind signifikant weniger als in den ersten drei Ausgaben des Ehrenamtsmonitors.
Ist ehrenamtliches Engagement in Deutschland Ihrer Meinung nach in folgenden Bereichen während der letzten Jahre wichtiger oder unwichtiger geworden?

Bedingt bereit zu mehr Engagement
Vor diesem Hintergrund ist die Bereitschaft sich selbst ehrenamtlich zu engagieren bei 19 Prozent der Befragten eher oder sogar stark gestiegen. Bei der großen Mehrheit (60 Prozent) allerdings ist die Bereitschaft zum persönlichen Engagement unverändert geblieben. Bei jedem Zehnten ist die Bereitschaft sogar gesunken.
Hat sich Ihre persönliche Bereitschaft, sich selbst ehrenamtlich zu engagieren in den letzten Monaten verändert?
