Vom Umgang mit "blöden" Kollegen

Grafik zu Status G - Glaube(n) unter Blaulicht

Liebe Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im Rettungsdienst,

in diesem Brief geht es um „die Blöden“. Sie kennen Sie alle: Wenn Sie vor Ihrem inneren Auge mal Ihre Kolleginnen und Kollegen aufrufen, dann gibt es da die, mit denen Sie gut auskommen, die Kumpel, vielleicht sind ein paar davon sogar Ihre Freunde geworden. Aber es gibt auch die anderen: die Schwierigen, Lästigen und Fremden, die Blöden, Überheblichen, Langsamen, Anstrengenden. Und vielleicht sind Sie ja sogar selber einer von denen, die es schwerer haben oder die sich nicht so gut einfügen können.

Im Einsatz

Sie haben eine Idee für eine Veränderung in den Abläufen. Können Sie Ihr Anliegen vortragen? Sie wollen aufgrund eines familiären Notfalls einen Tag freinehmen, auch wenn die Schichten eh zu knapp besetzt sind. Wie reagieren die anderen? Sie haben einen Fehler gemacht. Was passiert? Ganz kurz vor Schichtende wird von der Leitstelle ein Wagen angefordert. Wer fährt raus? Es gibt Streit zwischen Ihnen und einem Kollegen. Wie reagieren die anderen?

Was ist ein „guter Kollege“?

Würde man eine Umfrage unter Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern im Rettungsdienst zu dieser Frage machen, würden sicher viele ähnliche Vorstellungen herauskommen: Freundlich, soll er sein, verantwortungsvoll, hilfsbereit, fachlich kompetent, verlässlich und ehrlich, interessiert und offen...

Das Problem ist: In der Realität haben Sie nie nur solche Kolleginnen und Kollegen. Das ist nur menschlich, und trotzdem müssen Sie in Ihrem Arbeitsalltag damit klar kommen. Manchmal wird es sogar so schwierig mit einzelnen Kollegen, dem Chef oder einzelnen Gruppierungen, dass die Stimmung immer schlechter wird und das Betriebsklima Stress-Faktor Nummer Eins wird.

Was tun?

Wenn Sie entschieden haben, nicht zu kündigen und nicht innerlich zuzumachen, dann wird Sie die Frage nach einer guten Zusammenarbeit mit Ihren Kollegen und mit Ihrem Chef ein Arbeitsleben lang begleiten. Daher ist es wichtig, den eigenen Umgang mit ihnen immer mal wieder zu reflektieren.

Eine Möglichkeit des Umgangs ist, ständig zu versuchen, die Menschen um sich herum grundsätzlich zu verändern. Leider geht das häufig schief, und sie verändern sich nicht so, wie Sie sich das wünschen. Sie haben vielleicht auch schon die Erfahrung gemacht, dass wir Menschen einander letztendlich nicht wirklich ändern können (das gilt natürlich nicht nur für die Kollegen, sondern z.B. auch für den Ehemann). Das heißt nicht, dass wir einander nicht auch mal was sagen sollen und uns gegenseitig helfen sollen, die schlechten Eigenschaften abzustellen. Im Gegenteil – das ist wichtige Aufgabe. Aber die Beobachtung ist doch: aus einem Mauerblümchen wird keine Rampensau, aus einem Sicherheitsfanatiker wird kein Luftikus. Das bedeutet: Letztendlich geht es in einem ersten Schritt um eine grundsätzliche Annahme, um eine Akzeptanz des „So-Seins“ der Kollegen und des Vorgesetzten.

Die goldene Regel

Interessanterweise gibt einen Satz, der als Zitat oder Lehrsatz in allen großen Religionen und vielen Kulturen unserer Welt vorkommt, wobei die Texte teilweise zeitlich parallel entstanden sind und nicht auf eine gemeinsame Quelle zurückzuführen sind. Im Deutschen haben wir für diese „Goldene Regel“ das Sprichwort „Was Du nicht willst, dass man dir tu, das füg auch keinem anderen zu“ – in der Bibel ist es positiv ausgedrückt: „Alles, was ihr also von anderen erwartet, das tut auch ihnen!“ (Lk 7,12) Aber: Nur weil der Satz sich so einfach anhört und spontan einleuchtet, ist seine Aussage nicht leicht zu leben. Die Goldene Regel zu polieren, d.h. sich zu erinnern und bewusst daran festzuhalten, ist daher zwischendurch immer mal wieder wichtig.

Lösungs- und Zielorientierung

Für den gemeinsamen Weg ist es hilfreich, ein gemeinsames Ziel zu haben. Können Sie darüber Einigkeit herstellen? Anstatt immer wieder über Alltagsdinge zu reden, die natürlich auch wichtig ,aber eben auch mühsam und oft unerfreulich sind, können Sie miteinander auch mal diese Themen ansprechen: Was ist unser Ziel? Was liegt uns für den Patienten am Herzen? Wie erscheinen wir in der Öffentlichkeit? Es ist viel Wert, wenn Sie über Ihre Ziele miteinander ins Gespräch kommen, dann fällt es leichter, den Weg dorthin zu gestalten.

Beten für die Kollegen

Hört sich vielleicht für viele komisch an. Aber wenn wir wirklich glauben, dass wir gemeinsam vor Gott stehen, Verantwortung füreinander haben und füreinander sorgen sollen, dann kann das auch heißen, füreinander bei Gott zu bitten und unsere Anliegen zu Gott zu bringen. Es gibt die alte Tradition der Stoßgebete. „Jetzt Du“ können Sie beten, wenn Ihnen einfach die Worte fehlen. „Steh ihm bei“, wenn Sie merken, dass Ihr Chef einen schlechten Tag hat. „Zeig ihm den Weg“, wenn Sie das Gefühl haben, dass der Kollege nicht mehr weiter weiß.

Es ist immer wieder eine Herausforderung, mit den Menschen um uns herum gut auszukommen. Dass Sie eine gute und tragfähige Beziehung zu Ihren Kolleginnen und Kollegen haben können, das wünschen wir Ihnen von Herzen!


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