Irak: Neue Flüchtlinge aus Mossul erwartet

Eine junge irakische Mutter trägt ihren Sohn vor einem Spielplatz in Dohuk auf dem Arm.
In Dohuk haben die Malteser einen Spielplatz für die Kinder gebaut. (Fotografin: Isaure Faivre d’Arcier/MI)

Fatima hat im Camp wieder Hoffnung geschöpft

Noch halten sich laut Vereinter Nationen rund 750.000 Zivilisten im Westen der Stadt auf. 70 Kilometer entfernt, in der Region um Dohuk und Erbil, sorgen die Malteser seit Jahren für die Gesundheitsversorgung der Menschen, die hierhin vor der Gewalt geflüchtet sind. Nun werden aus Mossul neue Flüchtlinge erwartet.

Seit August 2014 kümmern sich die Malteser vorwiegend um die medizinische Versorgung der Vertriebenen in den Camps und durch sogenannte „mobile Kliniken“ in den Dörfern. Alleine im vergangenen Jahr haben insgesamt 23.500 Vertriebene Hygiene-Kits bekommen und 161.440 Verletze und Kranke medizinische Behandlung erhalten.

Im Camp Bersevi II nahe Dohuk leben Fatima und ihre Familie. Ihre Familie, das sind ihr Mann und ihr sechs Jahre alter Sohn. Die meisten anderen Familienmitglieder leben nicht mehr. Ermordet von ISIS. Die 25-jährige Fatima hat nur knapp überlebt. Zehn Monate lang lebte sie als Sklavin, ohne Rechte und Freiheiten. Es war im August 2014, als sie, zusammen mit ihrem damals dreijährigen Sohn, aus dem Dorf Tell Samat in den Sinjar Bergen im Irak von ISIS entführt wurde. Die Terrorgruppe kam in das Dorf und rief alle Einwohner zusammen. Die Männer wurden von den Frauen, Kindern und älteren Menschen getrennt. „Wir waren im Haus, als sie kamen. Sie brachten alle Männer in eine Grube und dann erschossen sie sie. Danach brachten sie uns Frauen und die Kinder nach Syrien“, berichtet Fatima mit leiser Stimme. Ihr Mann war an diesem Tag glücklicherweise nicht bei ihr. Das rettete ihm das Leben.

Fünf Mal wurde Fatima in den kommenden zehn Monaten verkauft und nach Raqqa, in die syrische ISIS-Hochburg gebracht. Dort musste sie monatelang eingesperrt in einem Zimmer bleiben. Ihr einziger Trost: Ihr Sohn war immer bei ihr. Doch er wird schwer verletzt. Tiefe Narben zeichnen das kleine Gesicht des Fünfjährigen noch heute. Mit Kabeln wurde er geschlagen, weil er den Koran nicht auswendig konnte. Nach etwa zehn Monaten Gefangenschaft wurde Fatima für 1.000 Dollar freigekauft. Wie durch ein Wunder fand sie in Kurdistan ihren Mann wieder. Im Camp leben sie nun zusammen und in Sicherheit.

Fatima ist eine von etwa 3.800 Frauen die in den Flüchtlingslagern am sogenannten „Cash for Work“ Programm der Malteser teilgenommen hat. „Die Menschen haben schreckliche Dinge erlebt, die sie kaum verarbeiten können. Wir versuchen sie zum einen psychisch zu stabilisieren und zum anderen auch zu beschäftigen, damit sie sich nicht isolieren. Sie müssen raus aus ihren engen Zelten und unter Menschen. Sie müssen sich austauschen und über das Erlebte reden. Und wenn wir dies auch noch damit verbinden können, dass die Menschen etwas lernen und Geld verdienen können, umso besser“, sagt Stefanie Heil, Länderkoordinatorin von Malteser International. Eine Woche lang wurde Fatima in Themen wie Gesundheit, Hygiene und gesunde Ernährung geschult. Mit dem neu erworbenen Wissen hat sie ihre Familie und Nachbarn geschult und somit die Lebensbedingungen in den Camps wesentlich verbessert. „Es war schön, neue Aspekte zu lernen, in einer anderen Atmosphäre zu sein. Ich konnte vergessen, was Schreckliches passiert ist“, erzählt Fatima. Auch wenn das Leben in dem Camp für Fatimas Familie nun sicher ist, fühlt es sich dort nicht wie ein Zuhause an. Ihr größter Wunsch: zurückzukehren und ihre Heimat neu aufbauen.

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