Guten Abend,
es ist Samstag, der 2.April 20:00 Uhr japanischer Zeit. Zurückblicken darf ich auf zwei gefüllte und erfüllte Tage. Gestern war das Wetter richtig frühlingshaft, so dass wir nach der morgendlichen Konferenz mit Kindern und Jugendlichen die Reservematten und Wolldecken sowie Kissen u.a. nach draußen gehängt und ausgelegt haben.
Dabei fiel mir das Krokusbeet ins Auge - es steht nun in voller Blüte. Am Sonntag nach dem Erdbeben, den 13.3.2011, blühte ein leuchtendorangener Krokus - ein Frühlingsbote und gleichzeitig ein Hoffnungsschimmer in unserer Situation.
Am Nachmittag waren wir, Kinder und Mitarbeiter, mit dem Auspacken von Nahrungsmittelpaketen beschäftigt. Unter den Nahrungsmitteln findet sich am häufigsten Reis, das Grundnahrungsmittel wohl überhaupt. Können Sie sich vorstellen, wieviel Reis die Küche in einer Woche bei 60 Kindern und 30 Mitarbeitern verbraucht? 70kg in einer Woche! Dass wir wieder genügend zu essen haben, ist auch für die Kinder nicht mehr selbstverständlich.
Heute morgen steht in der Zeitung, dass eine Untersuchung des Jugendamtes (25.3 - 31.3.2011) ergeben hat, dass ca. 50 Kinder in unserer Iwate-Präfektur durch das Erdbeben bzw. den Tsunami ihre Eltern verloren haben und nun bei Verwandten in Obhut sind. In diesem Monat soll dann nochmals eine Untersuchung stattfinden, ob nicht doch noch mehr Kinder ohne Eltern sind. Vor allem in der Stadt Ofunato und die Gegend um Kamaishi wurden viele Vollwaisen verzeichnet? Sollten wir aufgefordert werden, diese Kinder aufzunehmen sind wir jederzeit dazu bereit ihnen hier eine neue Bleibe zu geben.
Heute abend in den Nachrichten wurde uns mitgeteilt, dass tatsächlich radioaktives Wasser ins Meer gesickert ist. Täglich werden wir mit neuen Enthüllungen überrascht und die Sorge hier wächst. Doch weder über die Stadt noch über die Präfektur gibt es definitive Weisungen. Es hilft nichts als abzuwarten!
Herzliche Grüße
Schwester Maria Caelina