Neustart mit 50 plus: Als Quereinsteigerin und Quereinsteiger in sozialen Berufen
Soziale Berufe: Quereinstieg mit 50
Von wegen Karriereende! In vielen Jobs ist Erfahrung gefragt – und viele ältere Kolleginnen und Kollegen starten mit 50+ noch einmal richtig durch. Mit Ende 50 als Quereinsteiger in einen sozialen Beruf: Konstantin Prause (62) ist seit 5 Jahren bei den Maltesern und hat dort gerade eine Umschulung zum Erste-Hilfe-Ausbilder absolviert. Im Interview erzählt er von seiner zweiten Karriere bei den Maltesern.
Überblick:
- Sie sind Erste-Hilfe-Ausbilder bei den Maltesern. Wie war Ihr beruflicher Werdegang?
- Dann kam es zu einer Zäsur …
- Sie wurden zum Quereinsteiger in einem sozialen Beruf. Aber wie genau kamen Sie zu den Maltesern?
- Jobs für Quereinsteiger: Wie war das Bewerbungsprocedere?
- Wie wurden Sie als Quereinsteiger eingearbeitet?
- Quereinsteiger mit 50: Hatten Sie mit Vorurteilen zu kämpfen?
- Sie arbeiten inzwischen in einer anderen Position bei den Maltesern, nämlich als Erste-Hilfe-Ausbilder. Warum haben Sie gewechselt und wurden quasi wieder zum Quereinsteiger?
- Wie ist Ihr Austausch mit den jüngeren Kollegen?
Sie sind heute Erste-Hilfe-Ausbilder. Wie war Ihr beruflicher Werdegang bis zum Quereinstieg bei den Maltesern?
Ich bin ein klassischer Quereinsteiger in einen sozialen Beruf. Denn eigentlich bin ich Volkswirt und habe schon so einige Jobs, auch in Führungspositionen, hinter mir. Meine berufliche Karriere begann bei einer amerikanischen Fluggesellschaft. Ich hatte mehrere Jobs bei der Airline, vom Operation Agent bis zum stellvertretenden Stationsleiter der Dependance in Hamburg und Referent für Marketing in Maryland. Immer ging es um das internationale Business. Das änderte sich auch nicht, als ich als Marketing-Analyst bei einem großen amerikanischen Touristikunternehmen in Frankfurt anheuerte.
Dann kam es zu einer Zäsur …
Ja, meine Eltern wurden krank. Sie lebten in Ratingen bei Düsseldorf und ich besuchte sie öfter am Wochenende. Mit der Zeit verschlimmerten sich ihre Erkrankungen, sie litten an Demenz und Alzheimer. Sie baten mich um Hilfe, wünschten, dass ich sie betreue. Also gab ich meinen Job auf, zog zu meinen Eltern und übernahm für elf Jahre ihre Pflege.
Gearbeitet habe ich in dieser Zeit nur sporadisch, als Freelancer bei Werbeagenturen. In dieser Zeit lernte ich meine jetzige Frau Ursula kennen. Nach dem Tod meiner Eltern entschieden wir uns, zusammen zu ziehen – Mit meiner Frau habe ich auch eine ganze Familie mit zwei Kindern dazugewonnen. Alles passte und ich wollte auch beruflich einen Neuanfang.
Sie wurden zum Quereinsteiger in einem sozialen Beruf. Aber wie genau kamen Sie zu den Maltesern?
Ich habe eine Jobanzeige gesehen – für den Malteser Hausnotruf. Ich erinnerte mich, dass ich als Jugendlicher auch schon bei einer christlichen Hilfsorganisation engagiert war und hatte diese Zeit in so positiver Erinnerung, dass ich mich direkt als Quereinsteiger beworben habe.
Jobs für Quereinsteiger: Wie war das Bewerbungsprocedere?
Wir führten zwei Gespräche und die liefen sehr professionell, entspannt und freundlich ab. Alles stimmte einfach. Ich hatte Raum für Veränderungen und fühlte mich von Anfang an gut aufgehoben. Meinen Wehrersatzdienst hatte ich in der Diakonie absolviert, insofern hatte ich keine Berührungsängste. Und meine Erfahrungen sowohl in Führungspositionen als auch mit der Pflege meiner Eltern waren ebenfalls von Vorteil. Somit stand einer Umschulung und meinem Quereinstieg mit über 50 Jahren nichts im Wege.
Wie wurden Sie als Quereinsteiger eingearbeitet?
Die Kolleginnen und Kollegen waren äußerst hilfsbereit, ich kam in ein sehr nettes Umfeld, modern und sehr sozial. Von Anfang an hatte ich den Eindruck, dass mir auch Raum für Veränderungen gegeben wurde. Ich absolvierte einen Erste-Hilfe-Kurs und wurde von meinen Kolleginnen und Kollegen umfassend eingewiesen und angelernt. Ich habe sie von Anfang an im Dienst begleitet, alles war sehr praktisch orientiert, also „learning by doing“. Wenn ich Fragen hatte, konnte ich sie stellen. Perfekt für einen Quereinsteiger in einem sozialen Beruf wie mich. Ich fühlte mich immer wohl und respektiert.
Quereinsteiger mit 50 plus: Hatten Sie mit Vorurteilen zu kämpfen?
Im Gegenteil. Ich hatte den Eindruck, dass meine Kolleginnen und Kollegen froh waren, dass ich mitten im Leben stehe, Erfahrung habe und es auch gewohnt bin, Entscheidungen zu treffen. Denn stressige Situationen gehören im Arbeitsalltag dazu – und damit müssen die Mitarbeitenden im Hausnotruf umgehen können. Es kommt vor, dass wir Menschen mit Verletzungen antreffen. Die müssen wir dann schnell versorgen, Hilfe organisieren, Angehörige verständigen. Da heißt es Ruhe bewahren und den Überblick behalten. Durch die Pflege meiner Eltern wusste ich zudem genau, wie sich die Angehörigen fühlten. Ich fand es von Anfang an sehr befriedigend, anderen Menschen helfen zu können.
Sie arbeiten inzwischen in einer anderen Position bei den Maltesern, nämlich als Erste-Hilfe-Ausbilder. Warum wurden Sie quasi wieder zum Quereinsteiger?
Aus gesundheitlichen Gründen. Ich hatte vor etwas mehr als drei Jahren bei der Arbeit einen Herzinfarkt, danach war klar, dass Nachtschichten für mich nicht mehr in Frage kamen. Bei den Maltesern stieß ich auf viel Verständnis und wurde gefragt, was ich mir vorstellen könne. Dann kam das Angebot, ob ich mir einen Quereinstieg in die Ausbildung vorstellen kann– als Erste-Hilfe-Ausbilder. Ich fand das super. Zum einen passte es wieder gut zu meinem bisherigen Berufsweg. Zum anderen war ich wirklich beeindruckt, wieviel Zeit, Engagement und Geld die Malteser in meine Ausbildung zu stecken bereit waren – obwohl ich wieder ein Quereinsteiger war und schon fast 60. Also ich habe die Chance ergriffen, ich startete noch einmal voll durch. Ich bin wirklich dankbar dafür, dass ich mich hier so entfalten, so entwickeln konnte. In den fünf Jahren, in denen ich bei den Maltesern bin, sind sie für mich zu meiner Familie geworden.
Wie ist Ihr Austausch mit den jüngeren Kolleginnen und Kollegen?
Prächtig. Wir fragen uns gegenseitig, wenn mal etwas ist. Wir haben ein sehr offenes Verhältnis, geben auch mal eine Schwäche zu, wir alle haben schließlich immer noch etwas zu lernen. Das ist für mich mit das Beste an der Arbeit bei den Maltesern: Ich habe hier als Quereinsteiger in einen sozialen Beruf immer Unterstützung erfahren und durfte mich entwickeln. Trotz meines Alters wurde in mich und meine Umschulungen investiert. Das empfinde ich als sehr respektvoll, so sollte es überall sein. Außerdem war jeder Job, den ich bei den Maltesern hatte, sinnstiftend: Gibt es etwas Größeres, als Menschen zu helfen? Es macht mich stolz, Malteser zu sein.