Zwar sind wir besser informiert, dennoch schützt uns dies im Zuge der Pandemie nicht vor Einsamkeit und Isolation. Was dabei leicht unter den Tisch fällt, dass ältere Menschen in den Altenhilfe- und Pflegeeinrichtungen oft von sozialer Isolation und Vereinsamung betroffen sind, und dass im Sterben liegende Menschen keinen Beistand und Besuch haben dürfen. „Social Distancing“ und Kontaktverbot ist das Gebot der Stunde und zudem wichtig, um einen schnellen Weg zurück zur Normalität zu finden und das Coronavirus zu bekämpfen. Oft ist dies mit Beschränkungen auf das häusliche Umfeld und die Familie verbunden, die einem auf einmal sehr nah auf die Pelle rückt.
Noch schneller aus dem Blick verliert man dabei junge Leute, denen immer wieder unterstellt wird, sie könnten ja am einfachsten in dieser Krise auf alles verzichten, gehören sie im Regelfall doch gar nicht zu den Risikogruppen. Viel eher werden sie sogar als „Pandemie-Treiber“ gesehen: Nicht nur in Bezug auf das Nachtleben und große Partys. Auch die Schulen geraten zunehmend unter Druck.
Es stimmt natürlich: Junge Leute, die sozial noch viel aktiver sind als ältere, tragen durch ihr typisches Verhalten für ihr Alter zur schnellen Verbreitung des Coronavirus bei, und ja, wie alle, müssen auch sie sich einschränken. Dennoch sollte bedachte werden, dass junge Menschen meistens ein noch größeres Bedürfnis danach haben, unter Leute zu gehen als Erwachsene. Und auch hier ist nicht einfach nur an das gemeinsame Feiern gemeint: Ob man eben ein Studienanfänger oder eine Studienanfängerin ist oder seine Ausbildung in einer anderen Stadt beginnt, man befindet sich dann eben an einem neuen Ort, ohne dort jemanden zu kennen. Und genau das ist gerade in der jetzigen Zeit ein erheblicher Unterschied dazu, wie wenn man in einer Partnerschaft lebt, verheiratet oder gar berufstätig ist.
Weihnachten in der Corona-Krise lässt uns auch erinnern: Gott wurde geboren vor der Stadt Betlehem und starb vor der Stadt Jerusalem. Er wählte die Außenseiterposition und erwartet auch von uns, Einsamkeit zu ertragen, um auf den Gedanken zu kommen: Wem geht es schlechter als mir? Wer hat mich und meinen Besuch nötig? Oder meinen Anruf? Vielleicht kann dieser Gedanke ja helfen, jetzt in der Adventszeit, in der man nicht mit Freunden und Bekannten auf den Weihnachtsmarkt gehen kann, sondern viel alleine sein muss und wodurch man sich so fühlt, als stünde man am Rand und nicht mehr mittendrin, sich Folgendes klar zu machen: Gott ist am Rand und draußen vor der Stadt. Weihnachten zeigt sowohl für junge als auch für ältere Menschen eben auch: Die Begegnung mit Gott gelingt ja – Gottseidank! – nicht nur durch Kirchgang und Sakramente, sondern der Herr sagt selbst: „Was ihr einem der Geringsten getan habt, das habt ihr mir getan!“ Weihnachten heißt: Gott lässt sich finden, wenn jemand von sich selbst raus geht. Raus zur Kirche, raus zum Menschen. Raus zu den Menschen, die uns nötig haben – auch wenn dies auf digitalem Wege geschehen muss. Und vielleicht kommt der eine oder andere sogar auf den Gedanken, nicht nur barmherziger Samariter oder Priester auf dem Weg zum Tempel zu sein, sondern beides: Vor oder nach der Tat des Mitleids kurz im Tempel, in der Kirche, vorbeischauen, um Gott zu begrüßen. Denn der freut sich über jeden, der vorbeischaut. Wie einst die Hirten in Betlehem.
Text: Msgr. Prof. Dr. Peter Schallenberg