Tod, Sterben und Trauer – (k)ein Thema für junge Menschen?

Repräsentative Umfrage unter 16- bis 30-Jährigen in Deutschland

02.12.2020

Wie setzen sich junge Menschen in Deutschland mit Fragen rund um Sterben, Tod und Trauer auseinander? Erkenntnisse dazu liefert eine Umfrage, die das Meinungsforschungsinstitut YouGov Deutschland im Auftrag der Malteser in Kooperation mit dem Deutschen Hospiz- und PalliativVerband und der Universität Graz durchgeführt hat. Die Ergebnisse der vom Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend geförderten Studie, an der 1007 16- bis 30-Jährige zwischen dem 27. Oktober und dem 2. November 2020 teilnahmen, wurden gewichtet und sind repräsentativ für die deutsche Bevölkerung. 

Die Ergebnisse zeigen: Die Auseinandersetzung mit Sterben, Tod und Trauer ist für junge Menschen ein wichtiges Thema. Obwohl die Angebote der ehrenamtlichen Hospiz- und Trauerarbeit längst nicht allen jungen Menschen bekannt sind, kann sich jeder Zweite grundsätzlich vorstellen, sich ehrenamtlich in der Begleitung von sterbenden und trauernden Menschen zu engagieren.

Sterben, Tod und Trauer – (k)ein Thema für junge Menschen?

Junge Menschen sind schon durch die eigene Biografie mit Sterben, Tod und Trauer konfrontiert. 64% der Befragten haben schon einen oder mehrere in ihrem Leben wichtige Menschen verloren – nur 27% haben keinen solchen Verlust erfahren.

In der Gesellschaft wird nach Ansicht von 41% der Befragten eher zu wenig über Sterben, Tod und Trauer gesprochen. Jeder Dritte (34,7%) hält die öffentliche Auseinandersetzung für gerade passend. Nur etwa 7% glauben, dass sich die Gesellschaft zu viel mit dem Thema beschäftigt.

Persönlich setzen sich viele junge Leute mit diesen Fragen auseinander. Mehr als jeder Dritte (37%) gibt an, selbst sehr viel oder eher viel über Sterben, Tod und Trauer nachzudenken. Das gilt insbesondere für junge Frauen – von ihnen sind es sogar 44%. Hingegen sagen zwei Drittel der jungen Männer, eher wenig oder nur sehr wenig darüber nachzudenken.

Wer bereits den Tod eines oder mehrerer wichtiger Menschen erlebt hat, macht sich eher Gedanken über das Thema. 41,2% der Befragten mit Verlusterfahrung sagen, dass sie sehr oder eher viel über diese Fragen nachdenken – in der Gruppe derjenigen ohne Verlusterfahrung sind es rund 30%.

Mit wem teilen junge Leute ihre Gedanken und Gefühle zu Sterben, Tod und Trauer?

Junge Menschen finden im engsten Kreis Vertrauenspersonen, mit denen sie über Sterben, Tod und Trauer sprechen können. Am ehesten Bescheid darüber, was sie dazu denken und fühlen, wissen die eigene Familie (35,4%) und enge Freunde (32%). Mit anderen Personen reden junge Menschen deutlich seltener (13%). Jeder Dritte teilt seine Gedanken und Gefühle zu diesem Thema mit niemandem. Diese Zurückhaltung ist von jedem Vierten (26%) frei gewählt. Mit 7% der Befragten gibt es aber auch eine nicht zu vernachlässigende Gruppe, die gerne mit jemanden reden würde, aber niemanden hat. 

Bei der Frage, mit wem sich junge Menschen am ehesten über Sterben, Tod und Trauer austauschen wollen würden, werden Freunde (52%) sogar noch häufiger genannt als die Familie (47%). Fast jeder Vierte (23%) würde gerne mit Anderen sprechen, sofern diese Erfahrungen mit Tod und Trauer haben. Jeder Fünfte würde mit Gleichaltrigen außerhalb des Familien- und Freundeskreises sprechen wollen (20%). 

Was beschäftigt junge Menschen, wenn sie an ihr eigenes Lebensende denken?

In der Auseinandersetzung mit dem Lebensende geht es den jungen Menschen vielfach um den Sinn im Leben und Tod. Aber auch Sorgen und Ängste spielen eine große Rolle. Die beiden Aussagen, denen junge Menschen häufig zustimmen, wenn Sie ihre Auseinandersetzung mit dem eigenen Lebensende beschreiben, sind „Ich möchte mein Leben bewusst gelebt haben.“ (40%) und „Ich frage mich, was wohl nach dem Tod kommt“ (38%). 

Bei den Sorgen und Ängsten haben mehr als vier von zehn Befragten (42,6%) Angst vor Schmerzen bzw. davor, mit Schmerzen zu sterben. 36% geben an, keinem zur Last fallen zu wollen. Sorgen um die eigenen Angehörigen (32%) spielen bei jedem Dritten eine Rolle. Jeder Vierte (26%) möchte nicht allein oder unbegleitet sterben und gut jeder Fünfte hat Angst vor Hilflosigkeit (23%) oder davor, plötzlich zu sterben (22%). Während es 16% unangenehm ist, über Sterben und Tod nachzudenken, geben 15% der Befragten an, sich im Umgang mit Sterben, Tod und Trauer gelassen zu fühlen.  9% der Befragten wünschen sich allgemein mehr Informationen über das Sterben.

Die Mehrheit (57% der Befragten) hat bislang noch keine Vorkehrungen für den eigenen Sterbefall getroffen. Die pragmatischen Vorkehrungen für diesen Fall beschränken sich wesentlich auf den Organspendeausweis, den mehr als jede(r) Fünfte bereits hat. Mit weiterführenden Regelungen (z.B. Verfügungen) beschäftigt sich nur ein sehr kleiner Teil der Befragten. Es zeigt sich, dass Testament, Bestattungswünsche und Patientenverfügung/Vorsorgevollmacht mit zunehmendem Alter häufiger genannt werden. 

Ambulante Hospizarbeit – nicht allen bekannt, für viele interessant

In der ambulanten Hospizarbeit begleiten (meist) Ehrenamtliche Schwerkranke und sterbende Menschen und stehen Trauernden in der häuslichen Umgebung zur Seite. Angesichts des Grades der persönlichen Auseinandersetzung mit Sterben, Tod und Trauer ist das Wissen der meisten jungen Menschen über die Hospiz- und Trauerbegleitung noch eher gering. 40% der Befragten haben noch nicht davon gehört. 33% haben zwar davon gehört, ohne deren Begleitungsangebote zu kennen. Nur knapp jeder Fünfte (18%) gibt an, tatsächlich auch inhaltliche Angebote der Hospizarbeit zu kennen.

Das Wissen der 183 Befragten, die auch Angebote der Hospizarbeit kennen, basiert häufig auf einem persönlichen (oder persönlich vermittelten) Bezug. 14% wurden selbst in ihrer Trauer begleitet oder es wurden Menschen aus dem nahen Umfeld dieser Befragten beim Sterben (19%) oder in der Trauerarbeit (15%) begleitet. Aber auch von diesen informierten Befragten hat die Mehrheit (54%) noch keine direkten Berührungspunkte mit der Hospiz- und Trauerarbeit.

Junge Menschen verbinden nicht nur Negatives mit der Hospizarbeit – und die Allerwenigsten denken, dass die Hospizarbeit nichts für junge Menschen ist. Fragt man 511 Befragtem, die angeben, zumindest schon von der Hospizarbeit gehört zu haben, nach bis zu drei Aspekten, die sie besonders mit dem Begriff „Hospizarbeit“ verbinden, werden wesentliche Aspekte der hospizlichen Begleitung am häufigsten genannt. Dass die Hospizarbeit ein würdevolles Sterben ermöglicht (51%) und das gesamte Familiensystem unterstützt (40%) ist ihnen bekannt.

48% sehen die Hospizarbeit als „allerletzte Station vor dem Tod“ und nur 16% verbinden damit die Sorge um mehr Lebensqualität. Das zeigt, dass weitere für das Selbstverständnis der ehrenamtlichen Hospizhelfer wichtige Aspekte nicht als vorrangig wahrgenommen werden. Eine ehrenamtliche Begleitung, die möglichst frühzeitig und nicht erst unmittelbar vor dem Tod eingebunden werden kann, möchte die Qualität im verbleibenden Leben der Begleiteten über einen möglichst längeren Zeitraum so gut es geht erhalten. Nur die Allerwenigsten (4%) halten die Hospizarbeit für ein Feld, das „nichts für junge Menschen“ ist.

(Wann) würden junge Menschen Schwerkranke und Trauernde als ehrenamtlich Hospizhelfer begleiten?

Ein Ehrenamt in der Hospizarbeit und Trauerbegleitung ist nicht für alle passend, jedoch zeigen sich viele junge Menschen offen für ein Engagement.
In der ambulanten Hospizarbeit finden sich derzeit noch sehr wenige junge ehrenamtliche Hospizhelferinnen und Hospizhelfer. Dabei steht gut die Hälfte der 511 Befragten, die zumindest von der Hospizarbeit gehört haben, einem Ehrenamt in der Hospizarbeit grundsätzlich offen gegenüber. Während erst ein kleiner Teil (4%) sich bereits engagiert, können sich 11% „auf jeden Fall“ vorstellen, dies zu tun. Jeder Dritte kann sich ein Ehrenamt in der Hospiz- und Trauerarbeit grundsätzlich vorstellen: 16% sagen „vielleicht“, weitere 18 % sagen „zu einem späteren Zeitpunkt im Leben“. Die verbleibenden 46% schließt ein Engagement dort für sich aber aus.

Weder zwischen Männern und Frauen noch beim Alter der Befragten gibt es markante Unterschiede in der Engagementbereitschaft. Allerdings zeigt sich:

  • Wer mehr über die Hospizarbeit weiß, kann sich eher vorstellen, sich zu engagieren: Von den 183 Befragten, die auch die Angebote der Hospizarbeit kennen, bejahen dies 57%, bei denen, die nur davon gehört haben, sind es nur 44%.
  • Wer sich sehr oder eher viele Gedanken über Sterben, Tod und Trauer machen, kann sich eher vorstellen, sich zu engagieren. Hier liegt der Anteil derer, die sich ein Ehrenamt vorstellen können, bei 59%. Dasselbe sagen nur 41% von den Befragten, die wenig oder eigentlich nicht darüber nachdenken.
  • Wer den Tod einer nahestehenden Person erfahren hat, ist eher engagementbereit. Der Anteil derer, die sich kein Engagement in der Hospizarbeit vorstellen können, ist mit 44,3% gegenüber der Gruppe der Befragten ohne Verlusterfahrung (53,1%) merklich niedriger.

Welche Voraussetzungen müssen gegeben sein, damit sich junge Menschen in der Hospizarbeit engagieren?​​​​​​​

Eine gute Vorbereitung und mehr Information würde jungen Menschen am ehesten die Entscheidung für ein Engagement in der Hospizarbeit erleichtern. Eine gute Vorbereitung nennen 24% der 468 Befragten, die die Hospizarbeit zumindest kennen und noch nicht engagiert sind. 21% halten konkrete Informationen zur Tätigkeit und 16% halten die Möglichkeit, über Hospitation oder ein Praktikum vorab Einblicke zu erhalten, für förderlich. Respekt gegenüber der Aufgabe zeigt sich auch darin, dass 12% der Befragten die Möglichkeit erwarten würden, über die im Ehrenamt gemacht Erfahrungen sprechen zu können – also selbst begleitet zu werden.

Wie bei vielen anderen Ehrenämtern wird auch hier die Möglichkeit, die eingesetzte Zeit flexibel (und somit vereinbar mit dem sonstigen Leben) gestalten zu können, relativ häufig (21%) als hilfreich angesehen.

Junge Menschen wollen als Hospizhelferinnen und -helfer aber nicht unbedingt vor allem Gleichaltrige begleiten: Für nicht einmal jeden Zehnten wäre die Option, vor allem Gleichaltrige zu begleiten, ein Grund, der ihnen den Einstieg ins Ehrenamt erleichtern würde.