70 Jahre Malteser Hilfsdienst: Ehrenamt im Wandel


Vom Ritterorden zur Hilfsorganisation

Die Gründungsgeschichte der Malteser ist lang und beginnt mit dem Malteserorden. Das ist allerdings nur der kurze Titel. Der vollständige Name des Ordens lautet: „Souveräner Ritter- und Hospitalorden vom Heiligen Johannes von Jerusalem, von Rhodos und von Malta“. An diesem langen Namen lässt sich gut die Gründungsgeschichte ablesen. Hier der Kurzfassung:
Alles begann im 11. Jahrhundert vor sage und schreibe 1.000 Jahren in Jerusalem. Dort gründeten Kaufleute das „Hospital zum Heiligen Johannes“, um kranke Pilger zu versorgen. Daraus entwickelte sich eine sogenannte Ordensgemeinschaft, was bedeutet, dass die Menschen nach einer festgeschriebenen Ordnung leben. Diesem Orden schlossen sich schnell weitere Menschen an und einige Zeit später wurde daraus ganz offiziell ein katholischer Ritterorden.

Im Laufe der folgenden Jahrzehnte rückten immer stärker die Hilfe und Versorgung von Hilfebedürftigen in den Mittelpunkt, und zwar unabhängig von deren Glaube und Herkunft. Alle sollten Hilfe bekommen! Aufgrund von Kriegen und Vertreibung zog der Orden immer wieder um: zuerst von Jerusalem auf die griechische Insel Rhodos und schließlich wurde im 16. Jahrhundert der Sitz des Ordens nach Malta verlegt. So kam der Malteserorden zu seinem heutigen Namen.
Jetzt überspringen wir ein paar Jahrhunderte bis zum Jahr 1953, als der Maltersorden und der Caritasverband in Münster beschlossen: Lasst uns einen Verein gründen, um Menschen in Erster Hilfe auszubilden! Das war die Geburtsstunde des Malteser Hilfsdienstes als eingetragener Verein. Das ist nun 70 Jahre her. Damals wie heute haben sich die Malteser der Aufgabe verschrieben, Bedürftigen zu helfen und sie zu unterstützen und das im Sinne des christlichen Glaubens. Das Ehrenamt spielt dabei eine sehr große Rolle. Werfen wir mal einen Blick ganz konkret auf die Geschichte der Malteser Hilfsorganisation und damit auch auf die Geschichte des Ehrenamtes.

1950er-Jahre: Erste Hilfe und erster Auslandseinsatz

Der II. Weltkrieg ist beendet und die Gesellschaft in Deutschland muss sich neu ordnen. Als 1949 das Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland verabschiedet wird, findet in Artikel 9 auch das gesellschaftliche Engagement einen festen Platz. Auf diese Weise sollen Hilfsorganisationen und Vereine ein Gegengewicht zur Politik bilden. Einige Organisationen hatten direkt nach Kriegsende ihre Arbeit aufgenommen, als der damalige Bundeskanzler Konrad Adenauer bemerkt: Es gibt ja gar keine katholische Hilfsorganisation in Deutschland. Und so gründet der Malteserorden gemeinsam mit dem Caritasverband den Malteser Hilfsdienst. Damals war der Hauptsitz in Münster. Ehrenamtliche geben an den Wochenenden Erste-Hilfe-Kurse für Bürgerinnen und Bürger im Rahmen der staatlichen Zivilschutzmaßnahmen. Mit ihren Kenntnissen soll die Bevölkerung im Ernstfall Erste Hilfe leisten können. Parallel zu den Kursen wird ein Rettungsdienst aufgebaut, um geschulte Helferinnen und Helfer schnell dorthin zu bringen, wo Hilfe benötigt wird. 1956 fahren Freiwillige an die ungarische Grenze, um Menschen versorgen, die nach dem ungarischen Volksaufstand auf der Flucht sind. Das ist die Geburtsstunde des Malteser Auslandsdienstes, der spezialisiert ist auf ehrenamtliche Hilfe und Kooperationen in anderen Ländern.

1960er & 70er-Jahre: Frauen erobern das Ehrenamt und Freiwillige helfen in Vietnam

Bis dato ist das Ehrenamt sehr männlich geprägt. Im Zivilschutz und der Ersten Hilfe gibt es kaum Frauen. Das ändert sich 1961, als die Malteser die ersten Schwesternhelferinnen ausbilden. Die überwiegend jungen Frauen unterstützen mit ihrer Pflegearbeit die Krankenhäuser. Daraus geht 1965 die Malteser Schwesternschaft hervor. Inzwischen wird auch der Rettungsdienst immer professioneller, unter anderem mit dem ersten Rettungshubschrauber der Malteser. 1966 kommt der nächste große Auslandseinsatz auf die Malteser zu. Die Bundesregierung bittet um Hilfe im Vietnam-Krieg. Hunderte freiwillige Malteser melden sich für den Erste-Hilfe-Dienst. Doch die Malteser tun weitaus mehr und bauen unter anderem mehrere Krankenhäuser in Vietnam. Zehn Jahre lang leisten die Freiwilligen humanitäre Hilfe in diesem furchtbaren Krieg. 1979 wird in Deutschland die Jugendarbeit ausgeweitet und die Malteser Jugend gegründet.

1980er-Jahre: Im Rollstuhl nach Rom und Hilfe auf Knopfdruck

Soziale Dienste spielen bei den Maltesern eine immer größere Rolle und nach und nach kommen neue ehrenamtliche Angebote dazu wie der Besuchsdienst und Krankentransporte. 1981 organisieren die Malteser die erste Romwallfahrt für Menschen mit Behinderung. Der Aufwand für die Logistik ist damals wie heute riesig. Rund 330 Helferinnen und Helfer begleiten 350 Menschen mit Behinderung sowie deren Angehörige zu einer Audienz beim Papst im Petersdom. Seitdem gibt es regelmäßige Wallfahrten. Die Umsetzung ist dank der heutigen Technik leichter als damals. Für die Malteser Jugend wird 1982 das erste Bundesjugendlager veranstaltet. Mit damals 44 Teilnehmenden ist die Veranstaltung noch sehr überschaubar.

Die Technik bringt 1983 eine neue Betreuungsmöglichkeit für Alte und Kranke mit sich: Der erste Hausnotruf der Malteser wird in Betrieb genommen. Per Knopfdruck eilen Ehrenamtliche herbei und versorgen alte und kranke Menschen. Außerdem entwickeln sich in den 1980er-Jahren sehr gute Beziehungen zu Polen, Ungarn und der Ukraine. 1989 wird in der Ukraine ein Malteser Hilfsdienst gegründet.

1990er-Jahre: Professionalisierung und Aufbruch nach Ostdeutschland

Die Dienste der Malteser werden immer professioneller und auch spezieller. Dazu gehören die Psychosoziale Notfallversorgung (PSNV) sowie weitere Besuchs- und Begleitdienste. Die Ausbildung im Rettungsdienst wird weiter professionalisiert und 1993 steigen die Malteser in die Hospizarbeit ein und eröffnen das erste stationäre Hospiz in Duisburg.

Immer mehr neue Standorte kommen im Laufe der 1990er dazu. Bis zum Mauerfall 1989 waren die Malteser nur in Westdeutschland vertreten. Im September 1990 werden mit Magdeburg und Görlitz die ersten Dienststellen im Osten Deutschlands eröffnet. Und so geht es immer weiter.

2000er & 2010er-Jahre: Großeinsätze und Flüchtlingshilfe

Die Einsätze der Malteser werden immer größer und umfangreicher. 2002 leisten sie Katastrophenhilfe beim sogenannten Jahrhunderthochwasser an der Elbe und Donau. 2004 unterstützen PSNV-Teams die Regionen am Indischen Ozean, die vom Tsunami betroffen waren. Die nächsten Einsätze sind glücklicherweise weniger dramatisch. 2005 sind rund 2.800 Ehrenamtliche beim Weltjugendtag in Köln dabei und stemmen den bis dahin größten Sanitätsdienst-Einsatz des Malteser Hilfsdienstes. Gleich im Jahr darauf wird dieser Einsatz getoppt, und zwar bei der Fußball-Weltmeisterschaft 2006 in Deutschland. An den Spielstätten sind fast 500 Ärztinnen und Ärzte und mehr als 14.000 Ehrenamtliche im Einsatz.

Als in den Jahren 2015 und 2016 rund zwei Millionen Menschen aus dem Nahen Osten in die Europäische Union flüchten, sind die Malteser schon längst in der Flüchtlingshilfe aktiv. Bereits 2014 errichten sie Unterkünfte für Geflüchtete aus Syrien und Irak. Tausende Ehrenamtliche engagieren sich in der Jugendarbeit und der Flüchtlingshilfe, helfen beim Deutschlernen, bei Behördengängen oder spielen und basteln mit geflüchteten Kindern.

2020er-Jahre: Helfende Hände in Krisenzeiten

Das neue Jahrzehnt ist noch nicht alt, aber bisher folgt eine Krise auf die nächste. Zuerst stellt die Corona-Pandemie die Welt auf den Kopf. Während der Lockdowns 2020 ist viel Kreativität vor allem bei den sozialen Diensten gefragt. So wird zum Beispiel aus dem Besuchsdienst der Telefonbesuch und der mobile Einkaufswagen wird zum Einkaufsdienst. Im Sommer 2021 ereignet sich die Flutkatastrophe im Westen Deutschlands, bei der Ehrenamtliche und Profis der Malteser unter anderem mit Katastrophenhilfe und PSNV zur Stelle sind. Kurz darauf, 2022, greift Russland die Ukraine an und auch in dieser Krise sind die Malteser zur Stelle unter anderem mit Flüchtlings- und Integrationshilfe.

Und wie geht es weiter?

Die kommende Zeit dürfte ruhig etwas weniger von Krisen geprägt sein, aber egal, was passiert, der Malteser Hilfsdienst ist auch in Zukunft mit seinen rund 55.000 Ehrenamtlichen an 700 Standorten in ganz Deutschland zur Stelle – im Sanitätsdienst, Katastrophenschutz, Rettungsdienst, mit der Erste-Hilfe-Ausbildung sowie mit zahlreichen sozialen Diensten. Vielleicht möchtest du mitmachen, falls du nicht schon dabei bist?

Sei auch du dabei!

Du hast Lust, dich ehrenamtlich zu engagieren? Eine Übersicht über ehrenamtliche Tätigkeiten bei den Maltesern findest du hier im Ehrenamtsformular.


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