Erste Hilfe bei Erfrierungen und Unterkühlung
So schön der Winter ist, er birgt auch Gefahren. Kälte, Wind und Nässe können zu Unterkühlungen und Erfrierungen führen. Die können im schlimmsten Fall lebensbedrohlich sein. Erste Hilfe bei Erfrierungen und Unterkühlungen: Wie es geht und worauf du als Ersthelferin oder Ersthelfer achten solltest.
Darum geht's:
Was ist eine Unterkühlung?
Bei einer Körperkerntemperatur von weniger als 35 Grad spricht man von einer Unterkühlung (Hypothermie). Dabei gibt der Körper über eine längere Zeit mehr Wärme ab als er produziert. Zum Beispiel, wenn jemand bei niedrigen Außentemperaturen zu wenig anhat, sich zu lange draußen aufhält oder in ein Gewässer einbricht. Auch im Sommer kann es zu Unterkühlungen kommen, etwa nach einem Badeunfall. Fällt die Körpertemperatur unter 34 Grad, wird sie lebensbedrohlich, es kann zu Organversagen und zum Kältetod kommen. Gut zu wissen: Unterkühlen können wir nicht nur bei Minusgraden. Ist es nass und windig ist die Gefahr besonders groß und der Körper kann auch bei Plusgraden auskühlen.
Was ist eine Erfrierung?
Eine Erfrierung (Congelatio) ist ein örtlicher Gewebeschaden und oft die Folge einer Unterkühlung. Während bei einer Unterkühlung der gesamte Körper betroffen ist, sind bei einer Erfrierung immer einzelne Körperteile betroffen – meistens die Zehen, die Finger, die Ohren oder die Nase. Denn der Körper reduziert bei anhaltender Kälte irgendwann die Durchblutung in den Extremitäten, um die inneren Organe zu schützen und besser mit Blut zu versorgen. In der Folge kommt es zu einer Mangeldurchblutung und Eiskristallbildung im Gewebe der Extremitäten. Das Gewebe nimmt Schaden und stirbt irgendwann ab.
Obdachlose sind besonders gefährdet
Menschen, die auf der Straße leben, sind besonders oft von einer Unterkühlung oder von Erfrierungen betroffen. Sei aufmerksam, wenn du im Winter durch die Stadt gehst, sprich Menschen an, leiste bei Bedarf Erste Hilfe und alarmiere den Rettungsdienst. In vielen Städten gibt es Wärmebusse, die die wohnungslosen Menschen im Winter versorgen. Diese kannst du in weniger schlimmen Fällen informieren, wenn keine Erste Hilfe nötig ist.
Wie erkennt man eine Erfrierung?
Es gibt leichte, oberflächliche Erfrierungen, die nur die oberen Hautschichten betreffen und tiefe Erfrierungen, die alle Hautschichten und auch Muskeln, Sehnen und Knochen betreffen können. Bei einer tiefen Erfrierung ist eine schnelle medizinische Versorgung besonders wichtig.
So erkennst du eine Erfrierung:
- Erfrierung 1. Grades: Die Haut an den betroffenen Stellen ist blass oder weiß-grau oder weiß-gelb verfärbt. Die Haut ist hart, kalt und gefühlslos. Bei Erwärmung rötet sich die Haut und schmerzt.
- Erfrierung 2. Grades: Auf der Haut bilden sich (blutgefüllte) Blasen. Die erfrorenen Hautstellen sind blau-rot gefärbt.
- Erfrierung 3. und 4. Grades: Bei schweren Erfrierungen verfärben sich die betroffenen Hautstellen irgendwann (oft erst später) blau-schwarz. Betroffene haben kein Gefühl mehr in den Stellen, das darunter gelegene Gewebe stirbt ab.
Erste Hilfe bei Erfrierungen: Schritt für Schritt erklärt
Wenn jemand eine Erfrierung hat, kannst du einiges tun, um zu helfen. Erste Hilfe bei Erfrierungen – diese Dinge solltest du beachten:
- Wähle den Notruf unter der Nummer 112.
- Überprüfe das Bewusstsein der Person (bei Bewusstlosigkeit und Atemstillstand: Herzdruckmassage durchführen!).
- Bringe die Person an einen trockenen, windgeschützten und warmen Ort und versuche, eine weitere Kälteeinwirkung zu vermeiden. Wichtig: Die erfrorenen Körperteile dabei nicht anfassen oder bewegen!
- Öffne enganliegende Kleidung oder Schuhe.
- Ermuntere die betroffene Person, ihre Gliedmaßen zu bewegen, aber erzwinge keine Bewegung.
- Bedecke die erfrorenen Körperteile locker mit einem keimfreien Material, etwa einem Verbandstuch. Dabei keinen Druck ausüben. Auch Blasen sollten locker keimfrei bedeckt, aber nicht geöffnet werden.
- Wenn die Körperteile noch NICHT hartgefroren sind, kannst du versuchen, sie vorsichtig durch deine eigene Körperwärme zu erwärmen, etwa in der Achselhöhle oder im Gesicht durch das vorsichtige Auflegen warmer Hände.
- Führe darüber hinaus nicht aktiv Wärme zu. Also: kein Reiben, keine Massagen, keine Wärmflasche etc. Sonst kann das Gewebe weiteren Schaden nehmen.
- Gib der betroffenen Person möglichst warme, gezuckerte Getränke, aber keinen Alkohol.
- Versuche beruhigend auf die Person einzuwirken, bis der Rettungswagen eintrifft.
Erfrierungen vorbeugen
Wenn du in der Kälte unterwegs bist, ziehe am besten mehrere Schichten (Funktions-)Kleidung im Zwiebel-Look an. Den Kopf schützt eine Mütze, die Finger Handschuhe – Fausthandschuhe besser als Fingerhandschuhe. Damit die Füße gut durchblutet werden können, sollten die Schuhe nicht zu eng sein. Wichtig auch: Alkohol weitet die Gefäße, dadurch verliert der Organismus verstärkt Wärme. Gleichzeitig nimmst du unter Alkoholeinfluss Kälte nicht so wahr wie nüchtern. Trinke deshalb möglichst nicht, wenn du länger im Freien bist.
Unterkühlungen können lebensbedrohlich sein
Als Ersthelferin oder Ersthelfer ist es wichtig, die Symptome einer Unterkühlung einordnen zu können. Denn Unterkühlungen können lebensbedrohlich sein. Sie werden in verschiedene Schweregrade mit verschiedenen Symptomen eingeteilt:
- Unterkühlung Stadium 1: Die Person ist bei Bewusstsein, ist aufgeregt, zittert stark, ihre Atmung und ihr Herzschlag sind beschleunigt.
- Unterkühlung Stadium 2: Die Person ist müde, wirkt verwirrt, ist kaum ansprechbar, die Atmung verlangsamt sich, der Herzschlag ist arrhythmisch, das Schmerzempfinden nimmt ab, Muskeln und Gelenke versteifen sich.
- Unterkühlung Stadium 3–4: Lebensgefahr! Die Person ist bewusstlos, der Puls ist kaum noch spürbar. Bei einer Körpertemperatur unter 24 Grad kann es zum Atem- und Kreislaufstillstand kommen.
Immer erst die Unterkühlung versorgen!
Leidet eine Person unter einer Erfrierung und unter einer Unterkühlung, dann versorge immer erst die Unterkühlung, da diese schneller lebensgefährlich sein kann.
Erste Hilfe bei Unterkühlungen: So verhältst du dich richtig
Die Erste-Hilfe-Maßnahmen bei Unterkühlung unterscheiden sich je nach ihrem Schweregrad.
Erste Hilfe bei einer Unterkühlung Stadium 1:
- Wähle den Notruf unter der Nummer 112.
- Ist die Person ansprechbar, dann bringe sie an einen warmen Ort (bitte notfalls weitere Passanten um Hilfe!) während ihr auf den Rettungsdienst wartet.
- Ziehe der Person nasse oder sehr kalte Kleidung aus, lockere enganliegende Kleidung, öffne die Schuhe und wickle die Person in eine Decke, z.B. eine Rettungsdecke aus einem Erste Hilfe-Kasten. Solltest du keine Decke haben, nutze eine oder mehrere Jacken. Eine weitere Kälteeinwirkung sollte unbedingt vermieden werden.
- Gib der Person etwas zu trinken, ideal sind gezuckerte warme Getränke (z.B. Tee). Alkohol ist tabu!
- Versuche beruhigend auf die Person einzuwirken, bis der Rettungswagen eintrifft.
Erste Hilfe bei einer Unterkühlung ab Stadium 2:
- Wähle den Notruf unter der Nummer 112.
- Bringe die Person in die stabile Seitenlage. Vermeide einen weiteren Wärmeverlust über den Boden, indem du die Person auf eine Decke oder auf Jacken legst (bitte notfalls Passanten um Hilfe!).
- Decke die Person mit einer Decke oder mit Jacken zu.
- Wichtig: Bei einer schweren Unterkühlung, bei der die betroffene Person kaum noch bei Bewusstsein ist und nicht mehr zittert, solltest du keinerlei Aufwärmversuche unternehmen und keine aktive Wärme zuführen (also kein Reiben, keine Massagen, keine Wärmfalsche, kein heißer Tee etc.). Sonst besteht die Gefahr des Bergungstods: Dabei mischen sich kaltes und warmes Blut, was zu einem Herzstillstand führen kann.
- Versuche beruhigend auf die Person einzuwirken, bis der Rettungswagen eintrifft. Überprüfe dabei immer wieder den Bewusstseinszustand und die Atmung.
- Ist die Person bewusstlos und setzt ihre Atmung aus, mache eine Herzdruckmassage, bis der Rettungsdienst eingetroffen ist.
Erste Hilfe rettet Leben
Als Ersthelferin oder Ersthelfer kannst du Leben retten. Wichtige grundsätzliche Erste-Hilfe-Tipps findest du hier. Wenn du deine Kenntnisse in einem Erste-Hilfe-Kurs auffrischen willst, findest du hier einen Erste-Hilfe-Kurs in deiner Nähe.