Trauern um Haustiere: Wie wir mit dem Verlust umgehen

Ob flauschig, geschuppt oder gefiedert. Der Verlust eines geliebten Haustieres kann dich schnell aus der Bahn werfen. In diesem Artikel erkunden wir die tiefe Bindung zwischen Menschen und Tieren. Zudem geht es um Hilfestellungen, den Trauerprozess zu überwinden, und darum, wie du Trauernden helfen kannst.

Darum geht's:


Die besondere Bindung zwischen Menschen und Haustieren

Nach einer Umfrage von Nienke Endenburg, Professorin für Mensch-Tier-Beziehungen an der Universität Utrecht, sehen acht von zehn Haustierbesitzerinnen und -besitzern ihre Haustiere als vollwertige Familienmitglieder. Ob Hunde, Katzen, Vögel, Fische, mitunter auch Reptilien, Amphibien oder größere Tiere, wie Ziegen, Schafe, Pferde, Esel, Schweine oder Kühe: Sie sind für viele Menschen wertvolle Wegbegleiter. Sehr oft entsteht zwischen Mensch und Tier eine tiefe emotionale Bindung. In manchen Fällen ist diese Verbindung sogar stärker und vertrauter als zu einem anderen Menschen. Haustiere sind auch für Kinder und Jugendliche oft wie ein bester Freund oder eine beste Freundin. Sie schenken dir bedingungslose Liebe und Aufmerksamkeit. Sie sind immer für dich da. Sie freuen sich, wenn du nach Hause oder in den Stall kommst, und sie spenden dir Trost in schlechten Zeiten, wenn du traurig, einsam oder gar depressiv bist.

Weil es unserem Wohlbefinden guttut, verbringen wir gern viel gemeinsame Zeit mit unseren Haustieren, was die Bindung weiter vertieft und stärkt. Ein Grund dafür ist die konstante Präsenz im Alltag, nicht zuletzt durch die Versorgung und Pflege des Tieres, was auch eine große Verantwortung mit sich bringt.

Wissenschaftliche Studien belegen, dass Haustiere Stress mindern und grundsätzlich unser Wohlbefinden steigern. Die Forscher begründen das mit der Ausschüttung des Hormons Oxytocin, das Umgangssprachlich auch als das Kuschel- oder Liebeshormon bekannt ist. Dieses Hormon wird vermehrt ausgeschüttet, wenn wir mit einem Haustier zusammenleben oder Zeit verbringen. Der typische Hundeblick beispielsweise kurbelt die Oxytocin-Produktion enorm an. Die Katze, die sich auf dem Sofa an uns kuschelt, wirkt mit ihrem Schnurren beruhigend, fast einschläfernd. Haustiere, ob klein oder groß, machen uns glücklicher und haben auch einen hohen therapeutischen Wert. Das zeigen auch die Bilder und Geschichten unserer Hunde in der Rettungsstaffel oder im Besuchsdienst. Vielleicht eignet sich auch dein Hund für ein gemeinsames Ehrenamt? Haustiere bereichern unseren Alltag und berühren uns auf vielfältige Weise. Sie bereiten uns viel Freude, aber auch große Sorgen, wenn es ihnen mal schlecht geht oder sogar der Abschied naht. Ein vertrautes und geliebtes Wesen gehen zu lassen, fällt nie leicht.

Tiereuthanasie: Ein schwerer Schritt

Das Einschläfern ist eine der schwersten Entscheidungen im Leben mit einem Haustier. Es erfordert Mitgefühl und Mut, das geliebte Tier gehen zu lassen und die eigenen Bedürfnisse hintanzustellen. Und es ist wichtig, die Signale rechtzeitig wahrzunehmen, um unnötiges Leiden zu vermeiden: Schmerzen, Appetitlosigkeit, mangelnde Freude an Aktivitäten können solche Signale sein. Ein Tierarzt kann helfen, die Situation richtig zu beurteilen und den besten Zeitpunkt zu finden. Auch junge Familienmitglieder sollten auf diesem letzten schwierigen Weg mitgenommen werden, zumindest informativ, damit sie verstehen und verarbeiten können, warum es Zeit ist, das liebgewonnene Haustier zu verabschieden.
Wer ein Haustier hat, weiß, dass dieser Zeitpunkt irgendwann kommen wird. Wenn wir die Entscheidung für unser Tier treffen, ist es wichtig, sich im Trauerprozess keine Vorwürfe zu machen. Im Gegensatz zu uns Menschen, leben Tiere in der Gegenwart und machen sich keine Gedanken über die Vergangenheit und die Zukunft, also auch nicht über den Tod. Alles, was für das Tier zählt, ist im Hier und Jetzt beschwerde- und schmerzfrei leben zu können, mit bester Lebensqualität, die man sich für das Tier wünscht. Doch wenn das nicht mehr möglich ist, können wir unseren tierischen Freunden Frieden schenken und sie vom Schmerz befreien.

Erste Begegnung mit Tod und Trauer: Wie Kinder den Verlust erleben

Wenn ein Haustier stirbt, kommen Kinder und Jugendliche oft das erste Mal mit Tod und Trauer in Berührung. Der Verlust ist für die gesamte Familie schwer, aber besonders für junge Heranwachsende kann er zu einer emotionalen Ohnmacht führen. Diese Phase der ersten Trauer bietet jungen Menschen die Möglichkeit, erstmals über den Tod nachzudenken und das Leben zu reflektieren. Solche Erfahrungen wiegen schwer, sie sind jedoch auch wichtige Lektionen, um mit Empathie und Mitgefühl für sich und andere zu lernen, mit dem Verlust umzugehen.

Der Verlust eines geliebten Haustieres stellt junge Menschen vor großen Herausforderungen. Ihre Trauer kann sich in Verwirrung, Traurigkeit, Wut oder Schuldgefühlen ausdrücken. Jeder Mensch geht anders mit Trauer um und das ist okay. Wichtig ist, die Emotionen von Kindern, Jugendlichen und auch Erwachsenen ernst zu nehmen. Erwachsene, Betreuerinnen und Betreuer sowie Freundinnen und Freunde sollten deshalb achtsam und einfühlsam reagieren und insbesondere Kinder und Jugendliche in ihrem Trauerprozess unterstützen. Mit dieser Hilfe können sie die Fähigkeiten zur Bewältigung von Trauer und Verlust entwickeln, die sie ihr ganzes Leben begleiten werden.

Rituale, wie Beerdigungen sind wichtige Strukturen, die bei der Trauerbewältigung helfen. Man nimmt gemeinsam Abschied an einem besonderen Platz, an den man zurückkommen kann, um dem verstorbenen Tier in stiller Trauer noch einmal nah zu sein. Deshalb ist es ratsam, den Platz gut auszuwählen und in Gedenken an das Tier gemeinsam zu gestalten. Das hilft bei der Trauerarbeit.

Tipp!

Gemeinsame Erinnerungen an das verstorbene Haustier zu teilen, kann für alle Trauernden hilfreich sein. Gemeinsame Anekdoten können helfen, sich an die schönen Momente zu erinnern, die uns vielleicht sogar zum Schmunzeln bringen. Es kann auch trösten, gemeinsam Erinnerungsstücke zu gestalten, wie ein Fotobuch oder eine Collage, die im Haus einen besonderen Platz bekommen.

Wenn wir uns an die schönen Dinge mit unseren Haustieren erinnern, kann das Momente in der Trauer des Verlustes schaffen, in denen wir die Schwere in unserem Herzen leichter tragen können.

Den eignen Tod, den stirbt man nur. Doch mit dem Tod der anderen muss man leben.

Mascha Kaléko

Unterschiede in der Trauer um ein Tier oder um einen Menschen

Einen nennbaren Unterschied gibt es für viele trauernden Menschen nicht, die einen geliebten Menschen oder ein geliebtes Tier verloren haben. Letztlich löst der Verlust immer eine tiefe Trauer aus, die nicht selten ähnlich schwer erlebt wird. Tiere wie Menschen nehmen in unserem Leben bedeutende Rollen ein. Der Schmerz der Trauer kann also mitunter vergleichbar intensiv sein. Trauer ist immer individuell und wird durch vielerlei Verluste ausgelöst. So ist auch das Erleben des Verlusts eines geliebten Wesens nicht an eine bestimmte Spezies gebunden.

Den Unterschied macht allerdings die Gesellschaft in der Art und Weise, wie sie die Trauer um Menschen und Tiere unterschiedlich wahrnimmt und verarbeitet. Gedenkfeiern und Beerdigungen für verstorbene Menschen sind fest in der Kultur verankert und bieten Trauernden einen anerkannten Weg der Bewältigung – bei Tieren ist das weniger der Fall. Trotz dieser Unterschiede der gesellschaftlichen Wahrnehmung, ist es wichtig, den Menschen in seiner Trauer immer ernst zu nehmen, ob es sich bei dem Verlust um einen Menschen oder um ein Tier handelt. Der Schmerz ist real und verdient immer Achtung und Mitgefühl.

Das Aufgabenmodell der Trauer: Herausforderungen der aktiven Trauerbewältigung

Vielleicht kennt ihr auch die sogenannten 5 Phasen der Trauer: Leugnen, Zorn, Verhandeln, Depression, Akzeptanz. Dieses Modell war lange Zeit vorherrschend, wenn man einen typischen Trauerprozess verstehen wollte. Durch intensivere Forschungen in diesem Bereich ist mittlerweile jedoch klar geworden, dass es keinen „typischen Trauerprozess“ gibt und Trauer nicht in aufeinander aufbauenden Phasen abläuft. Trauer verläuft eher in Wellen – dabei gibt es kein „richtig“ oder „falsch“.

Das Aufgabenmodell der Trauer nach William Worden bietet Orientierung und schafft einen Überblick über die verschiedenen Herausforderungen, mit denen Menschen auch nach dem Tod eines Tieres konfrontiert werden. Dabei wird davon ausgegangen, dass der Mensch sich selbst aktiv mit seinem Verlust auseinandersetzt. Die einzelnen Aufgaben, die für bestimmte Herausforderungen stehen, können dabei nicht starr der Reihe nach abgearbeitet werden. Vielmehr sind diese eng miteinander verbunden.

1. Aufgabe: Den Verlust als Realität akzeptieren

Anfangs ist es schwer zu verstehen, dass das geliebte Tier verstorben ist. Deshalb ist es völlig normal den Verlust zu Beginn der Trauerverarbeitung zu verleugnen oder innerlich zu hoffen, dass das Tier wieder zurückkommen könnte. Es braucht Zeit, um zu begreifen, was passiert ist und was dieser Verlust für die Zukunft bedeutet. Eine Verabschiedung vom verstorbenen Tier, bei der es noch einmal berührt und gestreichelt wird, kann hilfreich sein. Auch kann es förderlich sein, wenn die Trauernde oder der Trauernde vom Verlust erzählen darf.

2. Aufgabe: Den Schmerz verarbeiten

Wenn ein Tier verstorben ist, können viele verschiedene Reaktionen auftreten. Traurigkeit, Wut und Verzweiflung können sich ebenso zeigen wie Sehnsucht, Erleichterung und Liebe. Diese Gefühle sind teils sehr anstrengend und können in Wellen kommen. An manchen Tagen überwiegt vielleicht die Traurigkeit, wohingegen an anderen Tagen die Dankbarkeit für die gemeinsame Zeit im Mittelpunkt steht. Aber auch der Körper reagiert auf den Tod des Tieres. Appetitlosigkeit, innere Unruhe, Schlafprobleme oder andere Symptome können auftreten. Einige Menschen lenken sich mit Beschäftigungen ab, andere ziehen sich zurück oder suchen aktiv Kontakt zu Menschen, die selbst ein Tier verloren haben. All diese und andere Aktivitäten helfen dabei, den Schmerz zu verarbeiten. Manches Verhalten kann von Außen unvernünftig erscheinen, ist aber hilfreich für die Trauernde oder den Trauernden. Dabei ist es wichtig, sich im eigenen Tempo mit der Trauer auseinanderzusetzen und ihr Raum zu geben. Jeder Mensch erlebt die Trauer um sein verstorbenes Tier auf eine andere Art und Weise und geht mit dem Verlust anders um – und das ist völlig in Ordnung.

3. Aufgabe: Sich an eine Welt ohne das verstorbene Tier anpassen

Das bisherige Leben verändert sich infolge des Verlustes des Tieres. Möglicherweise haben regelmäßige Spaziergänge den Tag strukturiert oder die Streicheleinheiten und Pflegemaßnahmen hatten einen festen Platz im Alltag. Der Wegfall des Gewohnten kann zum Gefühl der Leere führen. Die oder der Trauernde muss sich nun an ein Leben ohne das verstorbene Tier anpassen und den Tagesablauf neu gestalten. Die Verarbeitung des Erlebten kann viel Zeit und Geduld benötigen.

4. Aufgabe: Eine dauerhafte Verbindung zum verstorbenen Tier inmitten des Aufbruchs in ein neues Leben finden

Im Laufe der Zeit kann sich eine Art neue innere Verbundenheit zu dem verstorbenen Tier entwickeln, so dass dieses für immer ein besonderer Teil des Lebens bleiben wird und nicht in Vergessenheit gerät. Manchen Menschen helfen hierbei Erinnerungsgegenstände oder Erinnerungsplätze, andere fühlen sich an einem bestimmten Ort dem verstorbenen Tier nahe. Was stimmig ist, entscheidet die oder der Trauernde selbst.

Alle diese Reaktionen und Gefühle gehören dazu, wenn ein geliebtes Tier verstirbt. Trauer verändert sich im Laufe der Zeit. Wichtig ist es zu wissen, dass jeder Mensch auf seine Weise trauert, in ganz eigenem Tempo und das ist immer okay.

Professionelle Hilfe in der Trauerbewältigung

Wenn die Hilfestellung deiner Familie, deiner Freundinnen oder Freunde nicht ausreicht und du das Gefühl hast, immer tiefer in die Trauer abzusacken, kannst du dir auch professionelle Hilfe suchen. Besprich das Thema mit deinen Eltern oder anderen Nahestehenden, dass sie dich bei der Suche nach einem adäquaten Hilfs-Angebot unterstützen. Mit den Stichworten: „Tiertrauer“ oder „Trauerbewältigung“ und „Haustier“ bekommst du eine Vielzahl an Hilfestellungen und Tipps im Umgang mit deiner Trauer.

Dos and Don'ts im Umgang mit trauernden Menschen

Der Verlust eines geliebten Wesens, ob Mensch oder Tier, ist für die Trauernden immer mit seelischem Schmerz verbunden und hochemotional. Die Situation kann mitunter auch lähmend sein. Jede Form der Relativierung kann zu hohen Frustrationen führen und den Zustand unter Umständen verstärken. Zur Sensibilisierung haben wir ein paar Dos and Don'ts zusammengefasst, die im Umgang mit Trauernden helfen können:


Do's:

  1. Zeige Mitgefühl und Verständnis für den trauernden Menschen.
  2. Erlaube den Ausdruck von Emotionen, wenn es dem Betroffenen hilft.
  3. Biete praktische Unterstützung an und frage offen, ob und wie du helfen kannst.
  4. Respektiere die einzigartige Beziehung zum verstorbenen Haustier.
  5. Schaffe Raum für Erinnerungen an das Haustier als Trost in der Trauerbewältigung.


Don'ts:

  1. Bagatellisiere den Verlust des Tieres nicht: Für Trauernde ist der Verlust real, schmerzhaft und bedeutend.
  2. Vergleiche die Trauer um ein Tier nicht mit der Trauer um einen Menschen! Jeder Verlust ist einzigartig und sollte individuell betrachtet werden.
  3. Urteile nicht über die Intensität der Trauer: Jeder Mensch trauert anders und das ist okay.
  4. Dränge nicht zu schnellen Entscheidungen: Trauernde haben ihr eigenes Tempo in der Bewältigung ihrer Trauer.
  5. Vermeide übermäßige Ratschläge oder Lösungsvorschläge: Trauernde Menschen benötigen Rücksicht und Raum, um mit der neuen Realität klarzukommen.

Diese Dos and Don'ts sollen helfen, Trauernden mit Achtung zu begegnen, für ein besseres Verständnis und unterstützende Nächstenliebe in Zeiten der Trauer.


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