Erste Hilfe bei Knochenbrüchen: Frakturen richtig behandeln

Knochenbrüche gehören zu den häufigsten Krankheitsfällen in Deutschland – etwa 700.000 Menschen ziehen sich jedes Jahr eine schmerzhafte Fraktur zu. Dies geschieht meist durch starke mechanische Einwirkungen wie Unfälle oder Stürze. Bei einem Knochenbruch ist es wichtig, schnell und gezielt zu helfen, um die Schmerzen zu lindern und spätere Komplikationen zu vermeiden.

Darum geht's


Was ist ein Knochenbruch?

Ein Bruch, medizinisch Fraktur genannt, ist eine Unterbrechung eines Knochens. Eine Fraktur entsteht in der Regel durch äußere Kräfte, also direkte oder indirekte Gewalteinwirkungen, die auf den Knochen einwirken – etwa durch einen Sturz, einen Schlag oder Stoß. Auch Überlastung oder Krankheiten wie Osteoporose können Frakturen verursachen. Der Knochen kann einreißen, sich verbiegen, zersplittern, teils oder komplett brechen. Es gibt geschlossene und offene Brüche (dabei durchbrechen Knochenteile die Haut), einfache und mehrfache Brüche. Ab einer Zahl von sechs Knochenfragmenten spricht man von einem Trümmerbruch. In jedem Alter kannst du dir die Knochen brechen, aber: Kinder und ältere Menschen über 60 Jahren sind am häufigsten betroffen. Kinder verletzen sich öfter beim Spielen, bei älteren Menschen ist die Sturzgefahr größer und ihr Knochengewebe kann instabiler sein.

Welche Knochenbrüche sind am häufigsten?

Ein erwachsener Mensch hat 206 Knochen – Babys sogar noch an die 150 mehr, die erst im Laufe der Entwicklung zusammenwachsen. Natürlich kann jeder dieser Knochen brechen, doch manche sind deutlich mehr gefährdet als andere. Das sind die häufigsten Brüche:

  • Handgelenksnahe Brüche des Unterarms (distale Radiusfrakturen) zählen zur häufigsten Form von Knochenbrüchen. Sie werden oft durch einen Sturz auf die ausgestreckte Hand ausgelöst.
     
  • Einen großen Anteil an allen Frakturen haben auch Schenkelhals-Brüche in der Nähe des Hüftgelenks (Oberschenkelhalsbruch). Sie treten häufig bei älteren Menschen als Folge von Stürzen auf und zählen zu den schwerwiegendsten Brüchen.
     
  • Auch Schlüsselbeinbrüche gehören zu den häufigen Frakturen, sie treten insbesondere als Folge von Sportunfällen auf; Kinder im Wachstum sind oft betroffen.
     
  • Weitere häufig diagnostizierte Formen von Knochenbrüchen sind: Wirbelkörperfrakturen (Ursachen sind meist Stürze oder Osteoporose), Rippenbrüche, Oberarmkopf-Brüche durch Stürze auf den ausgestreckten Arm und Sprunggelenksfrakturen aufgrund von Fehltritten oder dem Umknicken des Fußes.

Was ist der Unterschied zwischen offenen und geschlossenen Brüchen?

Grundsätzlich wird zwischen geschlossenen und offenen Brüchen unterschieden. Bei einer geschlossenen Fraktur sind keine äußerlichen Verletzungen erkennbar. Das heißt aber nicht, dass die betroffene Stelle nicht stark angeschwollen sein kann. Bei einer offenen Fraktur ist auch das Weichteilgewebe verletzt, es gibt eine Wunde, aus der Knochenteile ragen können. Diese Brüche sind deutlich komplizierter, weil es durch die Verletzung der Haut das Infektionsrisiko deutlich erhöht ist. Beide Frakturformen lassen sich anhand ihres Schweregrades in verschiedene Kategorien einteilen.

Zwischen welchen Schweregraden wird unterschieden?

Bei geschlossenen Brüchen gibt es folgende Abstufungen:

  • Grad 0: einfache Brüche – keine oder nur geringfügige Verletzungen von Weichteilen
     
  • Grad I: einfache bis mittelschwere Frakturen mit oberflächlichen Hautverletzungen wie etwa Schürfwunden
     
  • Grad II: mittelschwere bis schwere Frakturen mit tieferen, verschmutzten Hautverletzungen. Dabei kann auch ein Kompartmentsyndrom drohen – aufgrund erhöhten Gewebedrucks kommt es zu mangelnder Durchblutung, Gewebe-, Muskel- oder Organschäden drohen
     
  • Grad III: schwere Frakturformen, ausgedehnte Prellungen, akutes Kompartmentsyndrom


Bei offenen Brüchen wird zwischen folgenden Schweregraden unterschieden:

  • Grad I: Bruch mit einer sauberen Wunde, kleinere Durchbohrungen der Haut
     
  • Grad II: Bruch mit einer verschmutzten Wunde (bis zehn Zentimeter) und Prellungen
     
  • Grad III: Fraktur mit stark kontaminierter Wunde, oft Gefäß- und Nervenverletzung, Knochenzertrümmerung
     
  • Grad IV: vollständige oder teilweise Amputationsverletzung, also Abtrennung eines Körperteils und Durchtrennung von wichtigen Nerven und Blutgefäßen.

Woran erkenne ich einen Knochenbruch?

Es gibt eine Reihe von Indizien, die auf einen Knochenbruch hinweisen. Fehlstellungen oder Verformungen des Knochens lassen recht klar auf eine Fraktur schließen, dazu gehört auch, dass Knochen plötzlich an Stellen beweglicher sind, an denen es keine Gelenke gibt. Ein Knirschen oder Reiben bei Bewegung ist ebenfalls ein deutlicher Hinweis auf einen Bruch. Außerdem treten bei offenen Frakturen Verletzungen von Haut oder Weichteilen auf und es sind Knochenfragmente sichtbar, da der Knochen aus der Wunde heraustritt.
Aber es gibt noch eine Reihe weiterer Indizien, die nicht so eindeutig sind: Die Betroffenen haben starke Schmerzen, ihre Beweglichkeit ist eingeschränkt und es liegen oft Schwellungen oder Blutergüsse vor, eine Schonhaltung wird eingenommen.

Was muss ich als Ersthelferin oder Ersthelfer beachten?

Bei Frakturen können schnelle und richtige Maßnahmen entscheidend sein, um Folgeschäden zu vermeiden. Aber wie immer bei Erster Hilfe gilt: Bitte denk zuerst an den Eigenschutz – prüf also, ob die Umgebung oder die Situation sicher ist, bevor du mit Hilfsmaßnahmen beginnst. Verschaff dir einen schnellen Überblick über die Situation und ruf dann telefonisch den Rettungsdienst, möglichst auch mit Angaben über den Zustand der oder des Verletzten. Denn: Erste-Hilfe-Maßnahmen sollten bei Frakturen nur eine vorübergehende Unterstützung bis zum Eintreffen professioneller Rettungsdienste sein.

Erste Hilfe bei Brüchen: Welche Maßnahmen sollte ich ergreifen?

Als Ersthelferin oder Ersthelfer solltest du folgende Maßnahmen beachten:

  • Ruhigstellen: Die betroffene Stelle sollte nicht bewegt werden. Sie kann mit Kleidung oder Decken abgepolstert werden. Ein gebrochener Arm beispielsweise lässt sich auch mit einem Dreieckstuch oder einer Schlaufe ruhigstellen.
     
  • Keine Eigenmaßnahmen: Versuch nicht, den Knochen selbst einzurenken oder zu schienen. Es gilt: Die Bruchstelle sollte nicht bewegt werden.
     
  • Kühlen: Bei geschlossenen Brüchen helfen kalte Umschläge, um Schmerzen und Schwellungen zu lindern. Eis sollte nicht direkt auf die Haut aufgelegt, sondern in ein Tuch eingehüllt werden.
     
  • Desinfizieren: Bei offenen Brüchen sollten die Wunden vorsichtig steril abgedeckt werden, um das Risiko von Infektionen zu reduzieren.
     
  • Beobachten: Überwache die Vitalzeichen, achte also auf die Atmung, den Puls und darauf, ob die Person bei vollem Bewusstsein ist und bleibt.
     
  • Beruhigen: Wirke beruhigend auf die verletzte Person ein und achte auf Anzeichen eines Schocks. Typische Symptome dafür sind unter anderem Zittern, kalter Schweiß und blasse Haut. Bei Hinweisen auf einen Schock sollte die verletzte Person warmgehalten werden.
     
  • Bei Bewusstlosigkeit: Die verletzte Person vorsichtig in die Seitenlage bringen.

Sonderfall Schädelbruch: Das solltest du wissen

Schädelbrüche sind besonders gefährlich, da Hirnschäden drohen können. Deswegen ist höchste Eile geboten, das heißt: Du solltest unverzüglich den Notruf wählen. Folgende Symptome können auf eine Schädelfraktur hindeuten: Blutungen aus dem Ohr oder der Nase, starke Kopfschmerzen, Schwindel, Seh- und Bewusstseinsstörungen. Übelkeit und wiederholtes Erbrechen treten ebenfalls oft auf.

Betroffene Personen sollten sich bis zum Eintreffen des Rettungsdienstes möglichst ruhig verhalten und den Kopf nicht bewegen. Wenn die oder der Betroffene bei Bewusstsein ist, gilt eine sitzende oder liegende Position als vorteilhaft. Bewusstlose sollten bis zum Eintreffen des Rettungsdienstes vorsichtig in eine stabile Seitenlage gebracht werden.

Wie kann ich mir bei einem Knochenbruch selbst helfen?

Ganz gleich, ob auf einem kurzen Spaziergang oder einer mehrtägigen Wanderung: So kannst du dir selbst Erste Hilfe leisten, wenn du allein bist und dir bei einem Unfall einen Knochenbruch zuziehst.

  • Das Wichtigste zuerst: Bleib ruhig und vermeide jede Bewegung des betroffenen Körperteils. Nutze Materialien wie Decken oder Kleidung, um die Stelle zu stabilisieren und abzupolstern. Rufe den Rettungsdienst und versuche, deinen Standort und die Art der Verletzung möglichst genau zu beschreiben.
     
  • Nimm eine Schonhaltung ein, die den verletzten Bereich möglichst entlastet und Schmerzen lindert.
     
  • Warte in dieser Position an einem sicheren Ort, bis Hilfe eintrifft.
     
  • Falls du zu Hause bist, kannst du die gebrochene Stelle vorsichtig kühlen, zum Beispiel mit einem in Eis gewickelten Tuch.
     
  • Falls du ein Erste-Hilfe-Set zur Hand hast, kannst du offene Wunden vorsichtig mit einer sterilen Wundauflage abdecken.
     
  • Bist du allein unterwegs und das Eintreffen von Hilfe dauert länger, solltest du ausreichend Wasser trinken und in der Schonhaltung warten.
     
  • Verzichte auf riskante und schmerzhafte Eigenmaßnahmen wie das Einrenken des gebrochenen Knochens und übe keinen Druck auf die Wunde aus.

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