Sturzprophylaxe: Für mehr Sicherheit im Alter

Ob im Alltag oder bei sportlichen Aktivitäten: Nur ein kurzer Moment der Unaufmerksamkeit kann zu einem Sturz führen. Schmerzhafte Prellungen, Wunden und Knochenbrüche sind oft die Folge. Mit zunehmendem Alter steigt das Sturzrisiko. Aber: Es gibt Maßnahmen und Übungen, um das Risiko zu minimieren.

Stürzen im Alter und die Folgen

In der Geriatrie (Altersmedizin) sehen Ärztinnen und Ärzte den Sturz im Alter als gesondertes medizinisches Problem, weil etwa ein Drittel der Menschen ab 65 Jahren mindestens einmal im Jahr stürzt.

Wenn wir älter werden, kommen wir schneller aus dem Gleichgewicht und damit wächst auch das Sturzrisiko. Als Kind rappeln wir uns nach einem Sturz schnell wieder auf und kommen meistens mit einem kleinen Schrecken davon. Im Erwachsenenalter merken wir bereits, dass das Fallen nicht mehr so leicht abzufedern ist, dann kommt es schneller zu Prellungen und Knochenbrüchen. Im Herbst des Lebens wächst jedoch die Sturzgefahr zunehmend und die Verletzungen können schwerwiegend sein: schmerzhafte Verstauchungen, schwerste Prellungen und Knochenbrüche wie ein Oberschenkelhalsbruch sind oft die Folge.

Auch der Heilungsprozess solcher Verletzungen macht uns im Alter mehr zu schaffen, weil die Knochen beispielsweise nicht mehr so schnell zusammenwachsen. Menschen, die sich zuvor noch selbst versorgt und selbstbestimmt gelebt haben, könnten nach einem unglücklichen Sturz ihre Eigenständigkeit verlieren, weil sie fortan auf Hilfe angewiesen sind. Hinzu kommen psychische Belastungen, die der Angst entspringen, erneut zu fallen. Ein Teufelskreis: Wer Angst hat zu fallen, wird unter Umständen übervorsichtig und vermeidet die Bewegung. Regelmäßige Bewegung jedoch hält uns fit und ist ein wichtiger Teil in der Arbeit der Sturzprophylaxe.

Ursachen-Analyse: Warum stürzen wir im Alter schneller?

Mit zunehmendem Alter werden wir steifer, unsere Sehkraft schwindet und wir können auch nicht mehr so gut hören. Das beeinträchtigt unser Raumgefühl und führt zu Unsicherheiten in der Motorik. Auch das Gleichgewichtsorgan wird empfindlicher und kann schnell aus dem Lot geraten. Schwindelgefühle können plötzlich und heftig auftreten, wie zum Beispiel durch sogenannten Lagerungsschwindel. Die Krankheit an sich ist harmlos und therapierbar, doch die Symptome sind beängstigend. All das bringt Menschen im hohen Alter aus dem Gleichgewicht und kann zu schlimmen Stürzen führen.

Folgende Ursachen können ebenso eine Erklärung für Stürze sein:

  • Herzrhythmusstörungen (mit der Folge von Blutarmut im Zentralnervensystem)
  • Blutdruckschwankungen
  • Falschmedikationen
  • Fehldosierungen oder Nebenwirkungen von Medikamenten
  • Muskelschwäche der Beine oder der Wirbelsäule
  • Polyneuropathie
  • Angst vor Stürzen, Stresstoleranz und Depressionen
  • Spontanfrakturen, durch Osteoporose, Knochenzysten oder Tumormetastasen
  • Unebene Böden, Teppichkanten oder vereiste Gehwege oder ähnliches
  • Sturz aus dem Bett


Wichtig: Lassen Sie sich von den Fakten der Ursachen nicht beängstigen, sondern eher motivieren: Sie können etwas gegen das Sturzrisiko im Alter tun: Bleiben Sie fit!

Sturzprophylaxe: 5 Übungen für mehr Sicherheit im Alltag

„Prävention ist immer die beste Sturzprophylaxe!“, sagt Physiotherapeutin Julika Häcker. Seit 2008 ist sie im Malteser Krankenhaus St. Franziskus-Hospital in Flensburg tätig. Dort kümmert sich die Expertin stationär auch um geriatrische Patienten. Sie hilft den Menschen wieder auf die Beine und sorgt mit therapeutischem Training für mehr Sicherheit im Alltag. Sturzprophylaxe ist eines ihrer Kernthemen bei der Arbeit und eine Herzensangelegenheit, wie sie erzählt: „Mir geht es um die Förderung der Selbstständigkeit meiner Patientinnen und Patienten, dass diese wieder selbstbestimmt für sich sorgen können und ohne Ängste durch den Alltag kommen! Darüber hinaus beraten wir auch Angehörige, wenn sie Fragen haben.“

Die Expertin empfiehlt: „Warten Sie mit der Sturzprophylaxe nicht, bis sie gefallen sind, sondern fangen Sie am besten gleich an!“ Julika Häcker erklärt uns 5 Übungselemente, die Menschen im fortgeschrittenen Alter auch zuhause gut trainieren können: „All diese Übungen fördern die Konzentration, das Gleichgewicht und zugleich die Muskelkraft. Das gibt den Menschen wieder mehr Halt und ist gut für die Fitness!“

Je nachdem, wie fit Sie sind, können Sie alle Übungen frei machen oder Sie suchen sich eine Stütze. Das kann ein Stuhl sein, ein Rollator oder eine helfende Hand.

1. Fester Stand

Klassische Gleichgewichtsübungen für einen festen Stand sind zum Beispiel der Wechsel vom Fersenstand zum Zehenstand. Halten Sie den Stand auf der jeweiligen Position einen Moment aus, bevor sie in den anderen Stand wechseln und wiederholen Sie die Übung bis zu dreimal.

Eine weitere Übung ist das Stehen auf einem Bein. Heben Sie abwechselnd ein Bein leicht an und verlagern Sie Ihr Gewicht auf das tragende Bein. Wenn Sie unsicher sind, halten Sie sich dabei fest. Wiederholen Sie die Übung auf jedem Bein bis zu dreimal.

Als letzte Übung im Stehen gehen Sie mit Ihrer Aufmerksamkeit nach innen und fühlen Sie nach, wie gut Sie im Lot sind. Verlagern Sie erneut Ihr Gewicht nach eigenem Ermessen. Wenn Sie sich fit fühlen, können Sie eine dritte Übung machen: Gehen Sie abwechselnd mit einem Bein einen Schritt zur Seite, indem Sie es aus dem Lot weg spreizen und ziehen Sie das Bein wieder zurück in die Mitte. Wiederholen Sie auch diese Übung bis zu dreimal.

2. Sicher Gehen

Stabilität gewinnen Sie auch durch Gleichgewichtsübungen im Gehen. Wenn Sie sich unsicher fühlen, nutzen Sie gern einen Rollator oder lassen Sie sich von einer helfenden Hand führen.

Gehen Sie durch Ihren Raum und steuern Sie bewusst Richtungswechsel an. Versuchen Sie, auf einer Linie zu gehen, in dem Sie einen Fuß direkt vor den anderen setzen. Stellen Sie sich Hindernisse auf, um die Sie herum gehen.

Eine Steigerung dieser Übungen ist die zweigeteilte Aufmerksamkeit: Lösen Sie während der Gehübungen Matheaufgaben oder singen Sie ein Lied. Das nennt man Multitasking. Bei einem Spaziergang könnten Sie sich auch einen Ball zuspielen lassen. Eine weitere besonders gute Übung beim Spazierengehen sind im übrigen Bürgersteigkanten.

3. Sitzgymnastik

Sollten Sie nicht mehr die Möglichkeit haben, allein nach draußen zu gehen, können Sie auch Übungen zu Hause im Sitzen machen. Setzen Sie sich aufrecht auf einen Stuhl und strecken abwechselnd die Beine nach vorn. Der nächste Schritt wäre: Wenn Sie ein Bein gestreckt haben, bewegen Sie den Fuß auf und ab.

Eine zweite Übung: Marschieren Sie im Sitzen. Und, wenn Sie ihren Rhythmus gefunden haben, dann können Sie die Arme noch dazu nehmen. Das ist eine sehr gute Fitnessübung für zuhause, um die Arme und Beine in Bewegung zu halten und ins Gleichgewicht zu bringen.

4. Aufstehen und Hinsetzen

Viele Menschen haben im Alter große Probleme mit dem Hinsetzen und dem Aufstehen. Dafür gibt es eine Übung, die Sie gut in ihrem Alltag integrieren können, in dem Sie dreimal am Tag vor dem Essen üben, zu jeder Mahlzeit: morgens, mittags, abends. Setzen Sie sich vor der Mahlzeit dreimal hin und stehen Sie dreimal wieder auf. Auch bei dieser Übung sollten Sie schauen, wie fit Sie sind. Nehmen Sie zur Unterstützung gern Ihren Rollator zur Hilfe.

5. Treppensteigen

Wenn Sie noch etwas fitter sind und frei gehen können, nutzen Sie eine Treppe als Übungseinheit. Treppensteigen ist als Konditionstraining zudem auch immer eine gute Übung.

Noch ein Tipp von Julika Häcker: „Die Übungen sind noch effektiver, wenn Sie diese zu zweit oder in einer Gruppe machen, weil Sie sich dann gegenseitig motivieren. Gehen Sie, wenn möglich, viel an die frische Luft und nutzen Sie auch dort die Gegebenheiten für Übungseinheiten. Werden Sie fit für ein langes, selbstbestimmtes Leben voller Kraft.“

Vitamine D: Die Sonne aus der Kapsel senkt das Sturzrisiko im Alter

Vitamin-D-Mangel ist im hohen Alter ein großes Problem. In der Geriatrie wird beobachtet, dass etwa 60 Prozent der erkrankten Patientinnen und Patienten einen Vitamin-D-Mangel aufweisen. Mit einem Spaziergang in der Sonne ist es allerdings nicht getan, obgleich 30 Minuten Sonnenlicht pro Tag auf dem Gesicht und auf den Armen dennoch empfohlen wird. Um das Vitamin-D-Depot im Körper auf einem verlässlichen Niveau zu halten, wird eine Supplementierung empfohlen. Sprechen Sie mit Ihrer Ärztin oder Ihrem Arzt. Lassen Sie ein Blutbild machen und kümmern Sie sich um Ihren Vitamin-D-Haushalt.

Die deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE) hat medizinische Forschungen ausgewertet, die zeigen das eine gute Vitamin D-Versorgung bei älteren Menschen das Risiko für Stürze, Knochenbrüche, Kraftverlust, Mobilitäts- und Gleichgewichtseinbußen sowie vorzeitigen Tod senken kann.

Sturzprävention: Was können Sie daheim tun?

Julika Häcker hat auch ein paar gute Tipps, wie Sie Ihr Zuhause im Sinne der Sturzprävention gestalten können: „Schaffen Sie ausreichend Licht! Weil unsere Augen im Alter schlechter werden, sollten die Räume, in denen Sie sich bewegen, ausreichend beleuchtet sein. Auch Menschen mit Demenz können sich in lichtdurchfluteten Räumen besser zurechtfinden! Ebenso ist ein Nachtlicht sinnvoll, nicht zuletzt, um den Weg zur Toilette sicher auszuleuchten. Entfernen Sie jegliche Stolperfallen wie Stromkabel und Teppichkanten. Gestalten Sie alle Hauptwege im Haus und im Garten barrierefrei. Bringen Sie an Treppen und Aufgängen Handläufe an und sichern Sie die einzelnen Stufen so, dass diese rutschfest sind. Im Bad und in der Toilette können Sie Handgriffe anbringen, damit Sie sich beispielsweise in der Dusche besser festhalten können! Lassen Sie sich eine Toilettensitzerhöhung mit Armlehnen verschreiben, wenn die Toilette zu tief sitzt. Das erleichtert das Hinsetzen und Aufstehen.“ All diese Maßnahmen dienen Ihrer Sicherheit, also packen Sie es an!

Erste-Hilfe nach einem Sturz: Was ist zu tun?

Wenn Sie als Ersthelfer oder Ersthelferin vor Ort sind, nachdem eine Seniorin oder ein Senior gestürzt ist, sollten Sie unbedingt auch die Ursache des Sturzes im Blick haben. Prüfen oder fragen Sie die Betroffene oder den Betroffenen, was dem Sturz vorangegangen ist. Wenn schwere Krankheiten, wie etwa Herzinfarkt oder Schlaganfall auszuschließen sind, können Sie sich um die Verletzung selbst kümmern. Lesen Sie hier mehr zum Thema Erste Hilfe bei Seniorinnen und Senioren. 

Hilfe auf Knopfdruck mit dem Hausnotruf der Malteser

Mit dem Alter steigen auch die Sorgen von Angehörigen, dass etwas passieren könnte, wenn sie gerade selbst nicht in der Nähe sind. Ein Hausnotruf könnte die Lösung sein, den Sie am Handgelenk wie eine Uhr oder wahlweise auch als Kette am Hals tragen können. Die Malteser beraten Sie gern über die Möglichkeiten. Hier bekommen Sie zudem Einblicke in die Erfahrungen anderer Hausnotruf-Nutzerinnen und -Nutzer.


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