Katastrophenschutzübung: Wie das EMT den Ernstfall übte 

Im September wurde das österreichische Steyregg zum Katastrophengebiet: Das Emergency Medical Team, kurz EMT, von Malteser International probte den Ernstfall, in dem beschaulichen Ort ein schweres Erdbeben mit vielen Verletzten simuliert wurde. Teilnehmerin Anna berichtet von der spektakulären Großübung.

Darum geht's


Üben für den Ernstfall: Schweres Erdbeben erschüttert Vallettonien

Als der Notfallalarm auf Annas Handy ertönt, muss alles ganz schnell gehen. Die Einsatzkleidung der Rettungsassistentin und Medizinstudentin liegt sowieso immer griffbereit zu Hause, aber sie muss ihre Chefs informieren, private Termine für die nächsten Tage absagen. Anna ist Teil des Emergency Medical Teams (EMT) von Malteser International. Internationale Krisenteams wie diese werden zu Katastropheneinsätzen auf der ganzen Welt gerufen, um vor Ort medizinische Hilfe zu leisten. Im September 2019 kommt der Notruf aus Vallettonien. Das Land wurde von einem schweren Erdbeben getroffen, die Regierung hat um internationale Hilfe ersucht. Über die Weltgesundheitsorganisation (WHO) werden auch medizinische Teams in das Katastrophengebiet entsandt. Anna und ihr Team werden innerhalb von 72 Stunden vor Ort sein, ihre Zelte aufbauen und Verletzte versorgen. Vallettonien gibt es nicht wirklich. Der fiktive Staat ist Teil einer spektakulären Großübung, mit der das EMT in Österreich den Ernstfall probt. Mehr als 40 Rollenspieler und sieben Tonnen Material sorgen dafür, dass sich das Szenario für alle Beteiligten absolut echt anfühlt. In unserem Video bekommst du einen Eindruck der aufwendig inszenierten Katastrophenschutzübung.

Bitte beachten Sie: Sobald Sie sich das Video ansehen, werden Informationen darüber an Youtube/Google übermittelt. Weitere Informationen dazu finden Sie unter Google Datenschutzerklärung.

Was ist ein EMT?

„EMT“ steht für „Emergency Medical Team“. Tritt irgendwo in der Welt eine Katastrophe ein, zum Beispiel ein Erdbeben oder eine Epidemie, kann das betroffene Land über die Weltgesundheitsorganisation (WHO) medizinische Hilfe anfordern. Über die WHO entsendet die internationale Gemeinschaft ein oder mehrere EMTs mit Ärzten, Sanitätern, Krankenschwestern und Logistikern in das Katastrophengebiet. Höchstens 72 Stunden sollen vergehen, bis die Freiwilligen vor Ort sind. Das Besondere: Die EMTs operieren vollkommen autark. Lebensmittel, Medizin, Wasser, Abfallentdorgung – sie bringen alles mit und können so mindestens 14 Tage vor Ort leben und verletzte und erkrankte Menschen behandeln, ohne Ressourcen des Krisengebietes nutzen zu müssen. Mehr Infos zum EMT der Malteser International findest du hier.

Ein Einsatz wie im echten Leben

„Alles war wahnsinnig aufwendig inszeniert“, erinnert sich Anna. „Es sollte sich eben genauso anfühlen, als wären wir auf dem Weg zu einem echten Einsatz.“ Das EMT bekam Infos zum Land, in das es reisen würde: spezielle Safety- und Security-Hinweise, Infos zur Religion, zur Regierung, zu möglichen Gefahren. Mit dem Flugzeug ging es nach Vallettonien. Im Gepäck: Reisepässe und originalgetreue Fake-Visa. „Vor Ort warteten bei der Passkontrolle ziemlich unfreundliche Grenzbeamten auf uns“, erzählt Anna. „Es gab Visa-Probleme, einige Kollegen hatten nicht alle Schutzimpfungen, mussten nachgeimpft werden. Die Schauspieler haben einen tollen Job gemacht, wir haben direkt vergessen, dass es sich um eine Übung handelt. Alles fühlte sich unglaublich realistisch an.“

67 Verletzte in vier Stunden: Das EMT arbeitete mit Hochdruck

Als die Freiwilligen schließlich ins Land eingereist sind, beginnen sie damit, ihre Medical Unit in Form einer Zelt-Krankenstation aufzubauen. „Plötzlich kam ein Mann angerannt“, erzählt Anna. „Ein Landbesitzer mit seiner Ehefrau – sie war verletzt.“ Die Experten mussten schnell entscheiden: Was ist zu tun, wie können sie der Frau helfen? Am nächsten Morgen eröffnete das „Krankenhaus“ des EMTs dann offiziell. In vier Stunden versorgten Anna und ihre Kollegen 67 Verletzte, davon viele Schwerverletzte und Bewusstlose. „Das war ein ganz besonderes Arbeiten“, sagt die 27-Jährige. „Die Hierarchien sind flach, man vergisst alles um sich herum, ist hoch konzentriert, muss sehr viele Entscheidungen in kurzer Zeit treffen, unter eingeschränkten Möglichkeiten behandeln. Das schweißt zusammen. Der Zusammenhalt im Team war toll.“ Sie erinnert sich noch genau, wie plötzlich ein Mann auf die Zelte zustürmte. „Car Accident! Car Accident!!“ schrie er. Anna wurde mit zwei Krankenschwestern zur Unfallstelle geschickt. „Dort fanden wir drei bewusstlose Menschen vor. Wir mussten schnell entscheiden: Wie gehen wir vor? Wer wird zuerst versorgt? Wir haben einen nach dem anderen stabilisiert. Das war eine krasse Erfahrung, da stößt man viel Adrenalin aus“, sagt die Studentin.

EMT ist nicht gleich EMT

Das mobile Krankenhaus des EMTs von Malteser International gehört zur EMT-Kategorie 1. 100 Verletzte können dort pro Tag behandelt werden, auch unkomplizierte Geburten sind in den Zelten möglich. Trifft das EMT 72 Stunden nach dem Notruf vor Ort ein, sind in der Regel die meisten Trauma-Notfall-Patienten schon behandelt. Das EMT baut dann die hausärztliche Versorgung vor Ort wieder auf, stellt die Basisversorgung sicher und ersetzt den Hausarzt, da oft die Infrastruktur zerstört ist. EMTs der Kategorie 2 und 3 können auch Operationen durchführen. Weltweit gibt es jedoch aktuell nur zwei Teams der Kategorie 3.

Sechs Stunden Arbeit und kaum Zeit zum Essen und Trinken

Alle Freiwilligen wurden während der Übung beobachtet und bekamen Feedback. „Die Übung hat uns allen viel gebracht“, sagt Anna. „Nur, wer Dinge praktisch ausprobiert, sieht, ob er gut vorbereitet ist. Lernt, die Zelte schneller aufzubauen. Merkt, ob er genug medizinische Produkte dabei hat und erkennt, wo er vielleicht noch Wissenslücken hat, worauf er achten muss. Ich habe zum Beispiel sechs Stunden nichts gegessen und getrunken – das geht natürlich nicht. Darauf muss ich nächstes Mal mehr achten.“ Die Eindrücke der Großübung begleiteten Anna auch zu Hause noch. „Es war schon komisch, plötzlich wieder allein in einem Zimmer zu schlafen. Kein Bundeswehr-Dosenessen mehr zu essen, ein richtiges Bad zu haben. Ich habe Vallettonien und vor allem mein Team wirklich vermisst.“

Einsatz mit dem EMT: eine absolut sinnvolle Arbeit

Anna haben Auslandseinsätze schon immer gereizt. „Das EMT ist eine tolle Möglichkeit, im Ausland zu helfen“, sagt sie. „Das Besondere: Wir nehmen dem Land keine Arbeit weg, drücken ihm unsere Hilfe nicht auf, sondern werden explizit gebeten, zu kommen und zu helfen. Man wird wirklich gebraucht. Es ist eine in sich sinnvolle Arbeit.“ Ob Sanitäter, Krankenschwester, Arzt oder Rettungsingenieur: In einem EMT werden viele Spezialisten gebraucht. Anna hat über das EMT Freunde aus aller Welt gefunden. Wer dabei sein will, muss ein Teamplayer und belastbar sein, eine Ausbildung und Erfahrung im medizinischen oder logistischen Bereich haben und sehr gut Englisch sprechen. Anna kann die ehrenamtliche Arbeit nur empfehlen: „Man arbeitet ganz anders als zu Hause, viel effektiver. Man hilft anderen und bekommt unglaublich viel zurück. Bislang musste das EMT der Malteser International noch nicht zu einer echten Katastrophe ausrücken. Anna fühlt sich spätestens seit ihrem Einsatz in Vallettonien aber endgültig bereit für den Ernstfall. „Natürlich hoffe ich, dass keine Katastrophe passiert“, sagt sie. „Aber wenn es dazu kommt, dann will ich unbedingt dabei sein. Und meinen Teil dazu beitragen, dass es den Menschen vor Ort besser geht.“

Werde Teil des Emergency Medical Teams von Malteser International

Das EMT von Malteser International gibt es seit 2018. Es besteht aktuell aus zumeist Ehrenamtlichen. Ziel ist, ein Team mit 150–200 Mitgliedern aufzubauen. Die Ausschreibung ist noch aktiv: Auf der Seite von Malteser International findest du alle Infos und Voraussetzungen, die du erfüllen musst, um dich für das EMT bewerben zu können.


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