Erste Hilfe für verletzte Wildtiere: Wie du helfen kannst

Ein Vogel bricht sich den Flügel, ein schwacher Igel irrt im Garten umher, ein Reh liegt am Straßenrand: Was ist zu tun, wenn du ein verletztes Wildtier findest? Wir erklären es dir Schritt für Schritt!

Darum geht's:


Wildtier gefunden: Das solltest du beachten

Alle Wildtiere in Deutschland stehen unter Naturschutz. Laut Bundesnaturschutzgesetz (BNatSchG) beziehungsweise Bundesjagdgesetz dürfen wildlebende Tiere grundsätzlich nicht eingefangen und mit nach Hause genommen werden. Wer das trotzdem tut, macht sich der Wilderei schuldig. Wenn das Tier verletzt ist, ist das Eingreifen und Helfen ausnahmsweise erlaubt. So verhältst du dich bei einem Wildtiernotfall richtig:

  1. Ruhig bleiben
    Dein Stress überträgt sich sonst auf das ohnehin schon verängstigte Tier. Beobachte das Tier zunächst aus sicherer Entfernung. Nur verwaiste Jungtiere, verletzte oder kranke Tiere sind wirklich hilfsbedürftig. Findest du ein Jungtier, das sich nicht in unmittelbarer Gefahr befindet, warte zunächst ab und beobachte, ob die Mutter vielleicht doch in der Nähe ist und zurückkehrt.
  2. Eine Wildtierstation kontaktieren
    Lass dich von Profis beraten und rufe bei einer Wildtierstation an. Wildtierpfleger und -pflegerinnen können die Situation in der Regel gut am Telefon einschätzen und dir sagen, was zu tun ist. Nicht immer ist es nötig, einzuschreiten und das Tier zu bergen. Viele Adressen von Wildtierstationen in ganz Deutschland findest du auf den Seiten vom Naturschutzbund Deutschland (NABU) und bei Ein Herz für Tiere. Auch der örtliche Tierschutzverein gibt Auskunft, wo du das Tier abgeben kannst.
  3. Das Tier sichern und gegebenenfalls wärmen
    Wenn du ein kleineres verletztes Wildtier bergen musst, erspare ihm Stress und sichere das Tier möglichst ruhig und dunkel. Ideal ist zum Beispiel ein mit einem Handtuch ausgelegter Karton mit Luftlöchern oder eine Tiertransportbox. Gerade junge Wildtiere sind oft unterkühlt. Lege dann unter das Handtuch noch eine Wärmequelle, z.B. eine Wärmflasche (max. 38 °C), eine mit warmem Wasser gefüllte PET-Flasche oder ein Kirschkernkissen.
  4. Schütze dich selbst
    Bei der Versorgung von Wildtieren ist Eigenschutz und Hygiene besonders wichtig. Deutschland gilt als tollwutfrei – dennoch können wilde Tiere an Krankheiten leiden, die auf den Menschen übertragbar sind, durch Kratzen oder Beißen. Fasse ein verletztes Wildtier deshalb nicht mit bloßen Händen an, sondern nutze zum Schutz Handschuhe, einen Schal, eine Jacke oder eine Decke.
  5. Dem Tier nichts zu essen oder zu trinken geben
    Gefährlicher, als einem Wildtier nichts zu essen oder zu trinken zu geben, ist, ihm das Falsche zu geben. So dürfen Igel zum Beispiel auf keinen Fall Milch trinken, weil sie von Natur aus laktoseintolerant sind. Die Wildtierstationen beraten dich individuell am Telefon, ob du dem Tier etwas füttern oder zu trinken geben solltest.

Wildtierfund melden

Der Fund streng geschützter Wildtiere (Schutzstatus prüfbar auf https://www.wisia.de/) muss der Naturschutzbehörde gemeldet werden. Wer ein verletztes oder verlassenes Tier findet, das dem Jagdrecht unterliegt (zum Beispiel Wildschwein, Fuchs, Hase, Reh) muss das der Jagdbehörde oder dem zuständigen Jagdpächter melden. Alle Fragen dazu beantwortet dir auch jede Wildtierstation.

Darf ich verletzte Wildtiere zu Hause gesund pflegen?

Einige kranke oder verletzte Wildtiere darfst du theoretisch vorübergehend mit nach Hause nehmen und dort gesund pflegen. Dazu gehören Igel, Eichhörnchen und Vögel. Aber Achtung: Die Pflege ist teilweise sehr aufwendig. Lass dich unbedingt von einer Wildtierstation beraten, wenn du das Tier nicht dort abgeben möchtest. Die Tiere müssen zudem sofort wieder in die Freiheit entlassen werden, wenn sie gesund sind. Um ein krankes Wildtier aufnehmen zu können, das dem Jagdrecht unterliegt (Feldhasen, Kaninchen, Rehwild etc.), brauchst du erst die Zustimmung eines oder einer Jagdausübungsberechtigten.

Verletzter Vogel gefunden: Was tun?

Wenn du einen flugunfähigen Singvogel findest, warte erst einmal kurz ab. Ein Vogel, der gegen eine Scheibe geflogen ist, erholt sich oft schnell von ganz allein wieder. Du kannst ihn derweil in einen Karton mit Luftlöchern setzen – das entspannt das Tier. Findest du einen Jungvogel, kann es sein, dass er gerade das Fliegen übt und auch am Boden von den Eltern versorgt wird. Junge Amseln verlassen das Nest ebenfalls, bevor sie richtig fliegen können: Sie reduzieren so das Risiko, dass eine Katze oder ähnliches die gesamte Brut auf einmal im Nest erwischt. Durch Piepen sind sie in ständigem Kontakt mit den Elterntieren und werden von ihnen versorgt. Findest du einen Jungvogel in der Nähe einer Straße oder ist eine Katze in Sicht, setze ihn einige Meter weg. Noch nackte Jungvögel kannst du ins Nest zurücksetzen. Schwerer verletzte Tiere, die sich etwa den Flügel gebrochen haben oder von einem Hund oder einer Katze verletzt wurden, sollten in einer Vogelauffangstation versorgt werden. Eine Übersicht über Vogelauffangstationen in ganz Deutschland findest du auf der Website der Wildvogelhilfe.

Verletzter Igel gefunden: Was tun?

Ob ein Igel Hilfe benötigt, erkennst du mit einem Test: Nähere dich dem Tier langsam und berühre den Igel vorsichtig an der Seite oder am Rücken. Ist der Igel gesund, rollt er sich bei der kleinsten Berührung zusammen. Funktioniert dieser Schutzmechanismus nicht, braucht der Igel Hilfe. Kranke und verletzte Igel sollten tierärztlich behandelt werden. Sichere den Igel, indem du ihn vorsichtig in einen hohen Eimer setzt. Du kannst dann eine (Wild-)Tierärztin oder einen (Wild-)Tierarzt oder den tierärztlichen Notdienst anrufen oder den Igel in einer Igelstation abgeben, wovon es zahlreiche in ganz Deutschland gibt. Adressen findest du zum Beispiel auf der Seite igel.haus. Die Igelstationen beraten dich auch, wenn du überlegst, den Igel bei dir zu Hause aufzunehmen und dort aufzupäppeln.

Verletztes Eichhörnchen gefunden: Was tun?

Verletzte oder geschwächte Eichhörnchen suchen oft aktiv nach Hilfe und krabbeln zum Beispiel am Hosenbein hoch. Sichere so ein Eichhörnchen vorsichtig in einem Karton und wärme vor allem unterkühlte Jungtiere sachte auf. Wichtig bei Jungtieren: Schaue unbedingt, ob in der Nähe des Fundorts noch weitere Geschwister sind, die ebenfalls Hilfe benötigen. Denn unter Umständen ist die Mutter gestorben oder das Nest (der sogenannte Kobel) zerstört worden. Kontaktiere dann eine Wildtierstation in deiner Nähe. Nummern aus ganz Deutschland findest du auf www.eichhörnchen-in-not.de.

Verletzter Hase oder Rehkitz gefunden: Was tun?

Nicht jeder kleine Hase, der allein ist, ist in Not und braucht Hilfe. Junge Feldhasen sitzen etwa immer allein im Bau. Die Mutter kommt ein- bis zweimal pro Tag zum Säugen. Gleiches gilt für Rehkitze: Auch sie liegen oft allein im Gras und werden regelmäßig von ihrer Mutter gefüttert. Ist ein Hase oder Reh aber offensichtlich verletzt oder krank, solltest du etwas tun. Sichere das Tier vorsichtig in einem Karton und kontaktiere eine Wildtierstation oder einen wildtierkundigen Tierarzt beziehungsweise Tierärztin.

Hasen und Rehkitze nicht anfassen

Junge Hasen und Rehkitze solltest du niemals mit bloßen Händen anfassen. Die Muttertiere stören sich am menschlichen Geruch und würden ihre Jungen verstoßen.

Wildunfall mit dem Auto: So verhältst du dich richtig

Wenn du ein angefahrenes, lebendes Wildtier wie ein Reh oder ein Wildschwein am Straßenrand findest, gilt auch hier: Ruhe bewahren! Sichere die Unfallstelle ab und rufe die Polizei oder die nächstliegende Tierklinik an. Wenn du das Wildtier selbst angefahren hast, bist du dazu verpflichtet, noch vor Ort die Polizei zu informieren. Warte, bis Hilfe eintrifft. Fasse das Tier nicht an, gerade Rehe und Füchse können sehr wehrhaft sein, wenn sie verletzt sind! Auch wenn das Wild nach dem Unfall davonläuft, solltest du die Polizei informieren. Sie benachrichtigt den zuständigen Jäger oder die zuständige Jägerin, die nach dem Tier suchen, das unter Umständen verletzt im Wald liegt und leidet.

Werden Wildtiere von Scheinwerferlicht angezogen?

Wildtiere überqueren die Straße vor allem in der Dämmerung in den Abend- und frühen Morgenstunden. Von Scheinwerferlicht werden sie zwar nicht direkt angezogen – sie können die Gefahr, die von Autos ausgeht, aber nicht einschätzen und laufen deshalb oft unerwartet auf die Straße, obwohl diese befahren ist. Das Licht der Scheinwerfer blendet die Tiere dann, sie erstarren und bleiben auf der Straße stehen. In der Dunkelheit rund um den Lichtkegel können sie Fluchtwege nicht mehr richtig erkennen. Deshalb gilt: Fahre vor allem dann bremsbereit, wenn Schilder auf Wildwechsel hinweisen. Steht ein Tier am Straßenrand oder auf der Straße, bremse oder halte an, schalte das Fernlicht ab und hupe, um das Tier zu verscheuchen.


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