Der Malteser Schulbegleitdienst

Alle Kinder und Jugendlichen haben ein Recht auf Bildung. Mit der Unterzeichnung der UN-Behindertenrechtskonvention (UN-BRK) hat sich Deutschland im Jahr 2007 verpflichtet, ein inklusives Bildungssystem zu schaffen. Für den schulischen Bereich bedeutet dies, dass Schülerinnen und Schülern mit (drohender) Behinderung die gleichen Möglichkeiten an qualitativ hochwertiger Bildung und der Entwicklung ihrer Potentiale offenstehen müssen wie allen anderen Schülerinnen und Schülern auch. Als eine Leistung der Eingliederungshilfe unterstützt die Schulbegleitung diese Kinder und Jugendlichen bei der Bewältigung des Schulalltags.

Darum geht’s:


Was ist der Schulbegleitdienst der Malteser?

Der Schulbegleitdienst der Malteser ist ein inklusives Förderangebot für Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene, die einen besonderen Förderbedarf haben – etwa durch eine (drohende) körperliche, geistige oder seelische Behinderung. Betreut werden zum Beispiel Kinder, die im Rollstuhl sitzen und sich nicht allein in der Schule fortbewegen können, Kinder mit ADHS und Autismus oder Kinder mit Migrationshintergrund, die noch Sprachbarrieren haben. Die Betroffenen können ihren Alltag in der Kita, Schule, Berufsschule oder an der Universität nicht allein meistern. Um ihnen trotzdem den Zugang zu Bildung zu ermöglichen, werden sie von Schulbegleiterinnen und Schulbegleitern in die Kita, Schule oder Uni begleitet und dort im Alltag unterstützt. „Der Schulbegleitdienst steht unter dem großen Dach der Inklusion“, sagt Katja Hammecke, die auf Bundesebene Ansprechpartnerin für den Schulbegleitdienst der Malteser ist. „Das Ziel ist, die Selbstständigkeit und Integration der Kinder in der Gruppe oder Klasse zu fördern. Bestenfalls kommen die Kinder dann sogar irgendwann ohne Begleitung zurecht.“

Ein Job – viele Bezeichnungen

Schulbegleiterinnen und -begleiter werden auch Integrationshelferinnen und -helfer oder Schulassistentinnen und -assistenten genannt. Allein für die Malteser sind derzeit deutschlandweit mehr als 2.400 Schulbegleiterinnen und -begleiter im Einsatz.

Was sind die Aufgaben der Schulbegleiterinnen und Schulbegleiter?

Die Aufgaben im Schulbegleitdienst können ganz unterschiedlich sein, denn sie richten sich individuell nach den Bedürfnissen des betreuten Kindes. Manche Kinder brauchen Hilfe beim Wechsel zwischen Räumen und Gebäuden, beim Toilettenbesuch, in der Pause oder beim Essen. Andere benötigen Unterstützung während des Unterrichts – zum Beispiel bei der Strukturierung des Schulalltags. Schulbegleiterinnen und Schulbegleiter unterstützen auch beim Aufgabenverständnis und dem Vermeiden von Überforderungssituationen oder helfen bei der Kommunikation mit Mitschülerinnen und Mitschülern sowie Lehrkräften. Die Begleitung findet im Unterricht, während der Pausen und manchmal auch auf dem Schulweg statt. Wichtig ist: Der pädagogische Auftrag liegt weiter bei der Schule oder der Kita. „Schulbegleiterinnen und Schulbegleiter sind keine Nachhilfelehrer“, betont auch Katja Hammecke. „Sie fördern und unterstützen das gemeinsame Lernen, helfen bei der Organisation und Bewältigung des Schulalltags, halten sich im Unterricht jedoch eher im Hintergrund.“

Warum ist der Schulbegleitdienst so wichtig?

Da die Schule noch auf dem Weg zu einem inklusiven Bildungsort ist, ist der Schulbegleitdienst besonders wichtig. Ohne den Begleitdienst bekämen viele Kinder nicht die Schulbildung, die für sie möglich ist. Im Fokus stehen dabei die Kompetenzen und individuellen Bedürfnisse der Schülerinnen und Schüler. Die Schulbegleitung verhilft Kindern, Jugendlichen und jungen Erwachsenen zu mehr Selbstbewusstsein und damit auch zum Lernerfolg. So wie im Fall des autistischen Stefan*, den Elvira von den Maltesern in den Unterricht in einem Berufskolleg in Nordrhein-Westfalen begleitet. Der 18-Jährige wird bald Abitur machen – dabei ist es noch nicht lange her, dass ihm der Wechsel in eine Art Behindertenwerkstatt empfohlen wurde. „Die Lehrer haben ihm damals keinen höheren Schulabschluss zugetraut“, erinnert sich Elvira. „Dabei war er einfach unterfordert, das hat nur niemand erkannt.“ Heute ist Stefan einer der Klassenbesten. Seine Erfolge berühren Elvira sehr. „Es ist unglaublich, was man mit dem Begleitdienst erreichen kann“, sagt sie. Auch Carmen hat im Schulbegleitdienst der Malteser in Nordrhein-Westfalen ihre Berufung gefunden und schon viele Kinder unterstützt. „Das Schönste am Job ist, dass man unglaublich schnell Fortschritte bei Kindern sieht, die von der Schule und Gesellschaft schon abgeschrieben waren“, sagt sie.

Was sind die größten Herausforderungen?

Wie jeder Beruf bringt auch der Schulbegleitdienst Herausforderungen mit sich. „Der Dienst ist noch keine Selbstverständlichkeit im Rahmen der Inklusion und sowohl die Akzeptanz als auch die Zusammenarbeit mit den Lehrkräften ist deshalb noch sehr unterschiedlich“, weiß Katja Hammecke. Das haben auch Elvira und Carmen erlebt. „Einige Lehrkräfte fühlen sich beobachtet, wenn da plötzlich noch jemand mit im Raum ist“, sagt Carmen. „Wenn sie dann aber merken, dass ich nur dem Kind helfen will und ihnen nicht in ihren Unterricht reinrede, klappt die Zusammenarbeit in der Regel sehr gut. Die meisten empfinden den Schulbegleitdienst dann als echte Entlastung.“

Das ist er auch, denn die Schulbegleiterinnen und Schulbegleiter können sofort reagieren, wenn es sein muss. Elvira bleibt zum Beispiel immer in Stefans Nähe, um ihm Sicherheit zu vermitteln. „Wenn sich unerwartet und unangekündigt etwas an den gewohnten Strukturen und Abläufen ändert, ist das schwer für Autisten“, erklärt sie. „Etwa, wenn der Unterricht plötzlich in einem anderen Raum stattfindet. Dann kann es sein, dass sie überfordert sind.“ Stefan etwa tobt dann und wird laut, das stört die ganze Klasse. „Also gehe ich kurz mit ihm raus, lenke ihn ab, bis er sich beruhigt. Das könnte die Lehrkraft in dieser Form gar nicht leisten“, sagt Elvira. Carmen spielt in den Pausen gern mit dem Kind, das sie betreut, oft auch in kleinen Gruppen mit anderen Kindern aus der Klasse. „Ich versuche, gute Erlebnisse zu schaffen – dafür sind gemeinsame Spiele ideal. Damit die betreuten Kinder für die anderen eben nicht immer nur die sind, die laut sind und nerven, sondern als Freunde wahrgenommen werden.“

Wer kann im Schulbegleitdienst arbeiten?

Schulbegleiterinnen und Schulbegleiter gibt es in jedem Alter. Grundsätzlich ist der Schulbegleitdienst etwas für alle, die gern mit Menschen arbeiten, einfühlsam sind und eine wertschätzende Aufgabe suchen, die Sinn stiftet. Wegen der Arbeitszeiten am Vormittag ist es ein schöner Beruf für Eltern mit kleinen Kindern. „Der Schulbegleitdienst ist aber auch toll für junge Leute geeignet, die sich in einer Orientierungsphase nach der Schule befinden und in den pädagogischen Bereich reinschnuppern möchten“, sagt Katja Hammecke.

FSJ oder BFD im Schulbegleitdienst

Auch im Rahmen eines Freiwilligen Sozialen Jahres (FSJ) oder eines Bundesfreiwilligendienstes (BFD) kannst du Schulbegleiterin oder Schulbegleiter werden. Informiere dich hier über Stellenangebote der Malteser in deiner Nähe.

Braucht man eine besondere Ausbildung?

Einen konkreten Anforderungskatalog für den Schulbegleitdienst gibt es nicht. Auch ist die Schulbegleitung (noch) kein Ausbildungsberuf (Stand: November 2021). Was man für den Schulbegleitdienst mitbringen muss, richtet sich individuell nach den Bedürfnissen der Schülerin oder des Schülers. So sind von Quereinsteigerinnen und -einsteigern bis hin zu studierten Fachkräften Menschen mit unterschiedlichen beruflichen Backgrounds im Schulbegleitdienst aktiv. Bei den Maltesern werden alle Schulbegleiterinnen und Schulbegleiter in Einarbeitungstagen, in denen die wichtigsten Basics rund um den Schulbegleitdienst vermittelt werden, auf ihre neue Aufgabe vorbereitet. An jedem Standort helfen außerdem Koordinationskräfte bei Problemen und Fragen im Alltag und es gibt Supervisionsangebote, die genutzt werden können. Katja Hammecke rät allen, die interessiert sind, mit den Verantwortlichen vor Ort ins Gespräch zu kommen. „Die individuelle Schulbegleitung ist ein durchaus herausfordernder Job, jedoch sehr wertschätzend und sinnstiftend. Die Beobachtung der gemeinsamen Erfolge und erreichten Ziele ist sehr motivierend. Schulbegleiterinnen und Schulbegleiter sorgen für gelebte Inklusion – besser geht es doch gar nicht!“

Engagiere dich im Schulbegleitdienst!

Du möchtest auch als Schulbegleiterin oder Schulbegleiter aktiv werden? Mehr Infos und aktuelle Stellenanzeigen findest du hier: malteser.de/karriere/schulbegleitung

* Name geändert


#Inklusion

#Jugendhilfe

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