Alpen.Leben.Menschen: Integration durch Wanderungen?
Wenn man das Wort Alm hört, denkt man erst einmal an Kühe, die im Sonnenschein auf einer grünen Weide grasen. Und Heidi. Doch in diesem Fall steht A.L.M. für Alpen.Leben.Menschen und ist ein Integrationsprojekt des Malteser Hilfsdiensts und des Deutschen Alpenvereins. Ob das Wandern in den Alpen die Integration von Geflüchteten vorantreiben kann und wie das funktionieren soll, erfährst du hier.
Darum geht's:
Was ist A.L.M.?
Im August 2016 ist das Projekt A.L.M. im bayerischen Alpenraum angelaufen. Und seitdem werden monatlich mehrere Veranstaltungen angeboten, die sowohl Flüchtlinge als auch Einheimische wahrnehmen können. Im Vordergrund stehen dabei das Erleben der Natur und das Kennenlernen der neuen Heimat.
„Jeder Tag in der Natur ist Umweltbildung“, sagt Eric, er ist Referent für Soziales Ehrenamt und Flüchtlingsarbeit beim Malteser Hilfsdienst und hat schon einige Touren miterlebt. Und daher wird bei A.L.M. statt trockener Theorie aktives Miteinander geboten. Durch ein buntes Programm an Wandertouren soll ein Verständnis für den Umweltschutz geschaffen werden.
Was sich im ersten Moment eher wie verpflichtende Klassenfahrt anhört, kann zum echten Action-Abenteuer werden. Zum Programm gehören nämlich auch Skikurse, gemeinsames Rodeln oder Bouldern und Klettern in Hallen an verschiedenen Standorten. So können Geflüchtete in ungezwungener Atmosphäre neue Freundschaften schließen.
Integration durch Wanderungen: Funktioniert das?
Das vielseitige Freizeitprogramm lässt uns kurz vergessen, worum es hier eigentlich geht: Was hat das alles mit Integration zu tun? Anja ist eine der ehrenamtlichen Tourenbegleiter. Sie findet, die Integration steht gar nicht so im Mittelpunkt. Es passiert nebenbei. „Das Tolle an dem Projekt ist, dass sich alle Teilnehmer auf Augenhöhe begegnen. Man übt gemeinsam ein Hobby aus“, sagt sie. Der kulturelle Austausch komme dann ganz von allein.
Und so entstehen auf ungezwungene Weise immer wieder intime Momente, in denen sich die Teilnehmer einander öffnen. Es wird gelacht, diskutiert, zugehört und reflektiert. Auch Tourenbegleiter Martin aus München hatte schon mal ein solches Erlebnis. „Ein Teilnehmer hat mir im Vier-Augen-Gespräch von seiner Flucht erzählt. Was er erlebt hat, mit welchen Herausforderungen und Problemen er und die anderen Flüchtlinge konfrontiert sind, ist unvorstellbar. Das war ein sehr bewegender Moment.“
Die teilnehmenden Flüchtlinge sind zum größten Teil Männer im Alter zwischen 18 und 47 Jahren. Das Programm kommt gut an. Einige nehmen immer wieder an den Aktionen teil. Das Feedback, das die ehrenamtlichen Mitarbeiter bekommen, ist durchgehend positiv.
„Sie sind einfach froh, mal aus der Unterkunft rauszukommen und an einer Freizeitaktivität teilnehmen zu können“, erzählt Anja. Inzwischen haben sich schon richtige Kerngruppen gebildet, die immer mit dabei sind. Und auch außerhalb des A.L.M.-Programms verabreden sich die Teilnehmer zu Wanderungen. A.L.M. wirkt, könnte man sagen.
Nicht nur für Flüchtlinge: Jeder kann mitmachen
Bei der Gruppenzusammensetzung wird ein 50:50-Verhältnis angestrebt. Hälfte Einheimische, Hälfte Geflüchtete. Denn für eine erfolgreiche Integration müssen beide Parteien mitmachen. Und deswegen ist auch jeder willkommen, an den Wanderungen und Aktionen teilzunehmen.
Durch die Wanderungen mit Geflüchteten bekommt die mediale Flüchtlingsdebatte ein Gesicht für mich.
Martin Bauer
Soziales Engagement in diesem Bereich ist für Martin ein wichtiger Beitrag für die Allgemeinheit. „Die Flüchtlinge sind jetzt da, egal was man davon halten mag, wie oder warum sie hergekommen sind. Es geht jetzt einfach darum, sie in unsere Gesellschaft aufzunehmen. Das ist nicht nur für die Flüchtlinge gut, sondern auch für unsere Gesellschaft.“ Für ihn selbst ist es ein guter Weg, Erfahrungen zu sammeln und diese mit in die Diskussion rund um das Thema einzubringen. „Es sind dann nicht mehr nur irgendwelche Flüchtlinge in den Medien, es sind Menschen, denen ich begegne.“
Mitmachen
Willst du auch mal mitwandern? Hier findest du alle wichtigen Informationen.
Lust auf Engagement? Werde Teil von A.L.M.
Ein Tipp für deinen nächsten Wanderurlaub in den bayerischen Voralpen: Wenn du mehr als nur Teilnehmer sein möchtest, kannst du dich als ehrenamtlicher Mitarbeiter engagieren. Dafür bietet A.L.M. Schulungen im Bereich Flüchtlingsarbeit, Bergsport und Umweltbildung an. Unterstützung kann das Projekt immer gut gebrauchen. Denn ohne die ehrenamtlichen Helfer wäre die Umsetzung gar nicht möglich.
Wandern ist nicht dein Ding? Bewegungsfaule können das Projekt auch als Fahrer unterstützen. Da es mit den Busverbindungen eher mau aussieht auf dem Land, freuen sich die A.L.M.-Organisatoren über jeden ehrenamtlichen Fahrer, der die Teilnehmer zum Treffpunkt bringt.
Wie geht es weiter? A.L.M 2.0
Das Projekt ist bis mindestens bis Ende 2018 geplant. Bei der aktuellen Nachfrage sieht es aber so aus, als würde es auch längerfristig noch weitergehen. Für dieses Jahr sind Programmerweiterungen wie Geocaching oder auch besondere Wanderungen für regelmäßige Teilnehmer geplant.
Zusätzlich soll ein Fokus auf das Thema Arbeitsintegration gesetzt werden, Stichwort Jobvermittlung. Eine Idee ist es, die Hüttenwirte, die in den Sommermonaten Unterstützung auf ihren Almhütten brauchen, mit A.L.M.-Teilnehmern zusammenzubringen. Langzeitteilnehmer werden in Zukunft in das Jobmentoren-Programm der Malteser eingebunden, oder sie werden die Möglichkeit bekommen, an niederschwelligen EDV- Kursen teilnehmen zu können. Auf diese Weise sollen für sie Vorteile auf dem Arbeitsmarkt geschaffen werden.
Gepaart mit dem Veranstaltungsprogramm stellt A.L.M. damit die Weichen für eine bessere Integration sowohl im Privat- als auch im Berufsleben. Kurz gesagt: Integration in den Alpen funktioniert.