Kriegswinter in der Ukraine: Für die Menschen lebensbedrohlich
Die Temperaturen fallen unter den Gefrierpunkt, die Bombardements gehen weiter: Die Not der Menschen in der Ukraine ist groß. Sie leiden unter Hunger, Kälte, Krankheiten. Woran es jetzt mangelt und wie du helfen kannst, erfährst du hier.
Darum geht's:
- Wie ist die aktuelle Lage in der Ukraine?
- Ukraine im Winter – ein verwüstetes Land
- Wie geht es den Menschen in den befreiten Gebieten?
- Ukraine-Winter: Was droht den Menschen jetzt?
- Wie ist die medizinische Versorgung in der Ukraine?
- Winter in der Ukraine – das Essen für die Armen wird knapp
- Wie helfen die Malteser?
Wie ist die aktuelle Lage in der Ukraine?
Seit dem 24. Februar 2022 wird die Ukraine immer wieder von Russland angegriffen. Viele Millionen Menschen im Land sind auf humanitäre Hilfe angewiesen. Ihre Lebensbedingungen haben sich zuletzt immer weiter verschlechtert, denn Russland zerstört weiterhin gezielt die Infrastruktur – auch die Energieversorgung. Gerade in den kalten Wintermonaten erleben die Menschen in der Ukraine immer wieder einen absoluten Ausnahmezustand.
Schon im ersten Kriegswinter warnte Dr. Hans Henri P. Kluge, WHO-Regionaldirektor für Europa: „Dieser Winter wird für Millionen Menschen in der Ukraine lebensbedrohlich.“ Kein Strom, kein Gas, kein Wasser und keine Heizung – das hat massive Auswirkungen auf die Gesundheit der Menschen und damit auf das gesamte Gesundheitssystem. Lisa Schönmeier, Leiterin der Ukraineabteilung von Malteser International, weiß um die schlimmen Bedingungen, unter denen die Menschen im Winter in der Ukraine leben, und dass Hilfe im Winter daher zwingend notwendig ist: „Wichtig ist es zu Beginn des Winters, die Menschen im Hinblick auf die weiter sinkenden Temperaturen zu unterstützen. […] Für die mehr als 80.000 Menschen, die wir vor allem in den östlichen Gebieten, wie in Sumy und Charkiv, erreichen, und wo die Angriffe derzeit weiter zunehmen, ist die Unterstützung auch psychologisch wichtig. Die Betroffenen sehen, dass wir sie nicht allein lassen, sondern weiterhin an ihrer Seite sind“
Die Lieferung von Hilfsgütern läuft seit Jahren auf Hochtouren. Die Malteser verteilen in jedem Winter Tausende Lebensmittelpakete und Winterpakete mit Schlafsäcken, Decken, Isomatten, Lampen und weiteren Dingen, die die Menschen durch die kalte Jahreszeit bringen sollen. 9.500 vom Krieg betroffenen Menschen konnte so allein bis Dezember 2025 geholfen werden.
Die Ukraine – ein verwüstetes Land
Der landesweite Angriffskrieg hat nicht nur Zehntausende Menschenleben gekostet, er hat aus der Ukraine auch ein verwüstetes Land gemacht. Russland versucht, mit massiven Angriffen auf die Energieversorgung, das Leben in den Städten unerträglich zu machen. So wurden bereits 2022 mehr als 30 Prozent der ukrainischen Kraftwerke zerstört. Es besteht das Risiko, dass die Stromversorgung in weiten Teilen des Landes ausfällt. „Die verheerende Energiekrise, die sich verschärfende psychische Notlage, Einschränkungen beim humanitären Zugang und das Risiko von Virusinfektionen werden diesen Winter zu einem gewaltigen Test für das ukrainische Gesundheitssystem und das ukrainische Volk, aber auch für die Welt und ihr Engagement zur Unterstützung der Ukraine machen“, so Hans Kluge 2022. Und das gilt leider seither für jeden Winter, den das kriegsgebeutelte Land überstehen muss.
Insbesondere in den hart umkämpften Regionen ist die Situation der Zivilbevölkerung katastrophal. Die russische Armee hinterließ eine Schneise der Verwüstung, Zivilisten wurden verschleppt, vergewaltigt, gefoltert und ermordet. Der Grad der Zerstörung in den umkämpften Gebieten etwa um Kharkiv im Nordosten der Ukraine beträgt nach Angaben der lokalen Behörden zwischen 50 und 100 Prozent.
Wie geht es den Menschen in den befreiten Gebieten?
Die Menschen hier haben kaum vorstellbares Leid erfahren – und viele von ihnen trotzdem nicht ihren Glauben an die Zukunft verloren. Das Schicksal einer hochaltrigen Frau steht stellvertretend für den Lebensmut vieler ihrer Landsleute. „Oma Nina“, wie sie in ihrem Dorf Korobochkino genannt wird, schlief, als ihr Haus nachts von Raketen völlig zerstört wurde. Die religiöse Frau überlebte wie durch ein Wunder und ist sicher: „Gott hat mich gerettet.“ Sie weigerte sich, ihr Dorf zu verlassen und zog stattdessen in ihre Scheune.
Freiwillige Helferinnen und Helfer der Malteser Ukraine unterstützten sie dabei, das Gebäude zu isolieren und halbwegs winterfest zu machen. Bekannte schenkten ihr einen alten Ofen und eine Gaskartusche. Hier lebt die 82-Jährige nun mit ihren vier Hunden, acht Hühnern und einer Ziege und kümmert sich um ihren Gemüsegarten, in dem ein Bombenkrater klafft. Sie sagt, sie habe ihr ganzes Leben hart gearbeitet. Und: „Ich habe auch jetzt noch genug Enthusiasmus und Energie.“
Nadiya und ihre Familie verbrachten 44 Tage in einem Keller in Kharkiv, als der Krieg über die Stadt hereinbrach. Als die Bombardements aufhörten und sie mit ihren Kindern zum ersten Mal wieder in Tageslicht traten, hielt ihre kleine Tochter sich 20 Minuten lang die Augen zu – weil die Sonne viel zu hell war. „Wir haben erlebt, wie Wohnhäuser von Raketen getroffen wurden, wie Erwachsene und Kinder zerrissen wurden. Ich wünsche niemandem, das zu sehen, was meine Töchter gesehen haben.“ Inzwischen lebt die Familie in Flüchtlingsunterkünften in der westukrainischen Stadt Lviv, die von den Maltesern bereitgestellt wurden. Nadiyas Mann hat Arbeit gefunden und die sie selbst sagt: „Wir können uns das Notwendigste leisten.“
Ukraine-Winter: Was droht den Menschen jetzt?
Doch viele andere harren unter widrigsten Umständen in ihren Heimatregionen aus. In der Ukraine wird es im Winter häufig extrem kalt. Und, wie Dr. Hans Henri P. Kluge konstatiert: „Kaltes Wetter kann tödlich sein.“ Ohne Heizung steige bei Minustemperaturen das Risiko für Lungenentzündungen, Herzinfarkte und Gehirnschläge. Viele, so die Befürchtung, müssten wieder mit Kohle und Holz heizen, das könne die Gesundheit gerade von Kindern, Älteren und Vorerkrankten weiter gefährden.
Wie ist die medizinische Versorgung in der Ukraine?
Verschärft wird die ohnehin schon kritische Lage noch durch russische Angriffe auf das ukrainische Gesundheitssystem. Allein bis September 2023 wurden 1223 medizinische Einrichtungen wie Krankenhäuser, Arztpraxen und Ambulanzen beschädigt oder zerstört. Der Schaden lag bei 2,9 Milliarden Dollar. Die Folge: Hunderte Einrichtungen sind nicht mehr einsatzfähig, es fehlen neben Strom vor allem Medikamente, Geräte und Personal. Regionaldirektor Kluge verurteilte das Vorgehen als klare Verletzung des Völkerrechts. Nach Schätzungen der Weltgesundheits-organisation hat der Krieg die mentale Gesundheit von zehn Millionen Menschen in der Ukraine geschädigt. Die Kinder, Frauen und Männer litten unter extremem Stress und traumatischen Erlebnissen.
Den Kindern eine kleine Freude bereiten
Malteser International und ein Netzwerk nationaler Partner wie die Malteser Ukraine unterstützen die Menschen in der Ukraine in speziellen Zentren, mit mobilen Teams und über Telemedizinplattformen auch psychosozial. Über 200.000 Menschen konnte so bereits geholfen werden. Gerade die Kinder in der Ukraine haben mit ganz individuellen Sorgen und Ängsten zu kämpfen. Zu Weihnachten wünschen sich viele von ihnen Frieden, ein Ende der fliegenden Raketen und dass Verwandte unversehrt nach Hause zurückkehren. Viele haben auch ihre Eltern verloren. Die Malteser in der Ukraine organisieren seit 20 Jahren jedes Jahr eine Nikolaus-Aktion, bei der Waisenkinder zu Nikolaus Geschenke wie Stofftiere, Buntstifte oder eine finanzielle Unterstützung erhalten. Gerade seit Beginn des Krieges ist diese Aktion wichtiger denn je, denn sie zaubert den Kindern im Land ein Lächeln ins Gesicht und lässt sie wenigstens für einen Moment ihre Sorgen vergessen. Über 2.500 ukrainischen Kindern aus 24 Waisenhäusern, Internaten und Rehabilitationszentren konnte im Rahmen der Aktion „Der Nikolaus geht zu den Waisenkindern“ bislang schon eine Freude bereitet werden.
Winter in der Ukraine – das Essen für die Armen wird knapp
Auch die Lebensmittelversorgung ist problematisch. Zwar haben, abgesehen von den Regionen am Frontverlauf, viele Geschäfte und Märkte in der Ukraine weiterhin ein ausreichendes Angebot an Lebensmitteln. Doch wegen der schwierigen wirtschaftlichen Lage und einer Inflationsrate von mehr als 6,5 Prozent (Stand: 2024; 2022 waren es sogar 25 Prozent) können sich viele Ukrainerinnen und Ukrainer Lebensmittel und Alltagsprodukte nur noch eingeschränkt leisten. Vor allem ältere Menschen sind betroffen, die monatliche Durchschnittsrente liegt bei gerade einmal 120 Euro. So sind immer mehr einkommensschwache Gruppen auf Hilfe von Verwandten oder von Hilfsorganisationen angewiesen.
Wie helfen die Malteser?
Mit ihrem Winterprogramm unterstützen die Malteser Ukraine insbesondere den Menschen in den Grenzregionen. Es wurden bereits
- über 6.900 Winterkits bereitgestellt,
- über 15.700 Tonnen fester Brennstoff zum Heizen für 4.800 Haushalte in der östlichen Ukraine, wo viele Häuser beschädigt und Stromausfälle an der Tagesordnung sind, zur Verfügung gestellt,
- mehrere hundert Notstrom-Generatoren an Gemeinden, Rettungskräfte und soziale Einrichtungen geliefert,
- Wärmeräume eingerichtet,
- Häuser winterfest gemacht,
- und zahllose Lebensmittel- und Hygienepakete in den befreiten Regionen verteilt.
Insgesamt haben die Malteser 183 Hilfstransporte mit 4500 Tonnen Gütern in die Ukraine organisiert, mehr als 18.500 Menschen mit psychologischer Beratung vor Ort erreicht und humanitäre Hilfe für 65 Orte im ganzen Land geleistet. Aber: Jeden Tag erreichen die Malteser weitere Anfragen von Menschen, die Hilfe suchen – und von Menschen, die helfen wollen.
Geldspenden sind der effektivste und schnellste Weg, Menschen in Not in der Ukraine zu unterstützen. Sachspenden können nicht so gezielt eingesetzt werden und sind daher lediglich dann wirklich sinnvoll, wenn ausdrücklich dazu aufgerufen wird. Die Malteser sind seit 30 Jahren in der Ukraine aktiv. Die ukrainischen Malteser kennen ihr Land und wissen, was bedürftige Menschen dort benötigen.
Wenn du den Ukrainerinnen und Ukrainern helfen möchtest, ganz gleich, ob durch Spenden oder ehrenamtliches Engagement, findest du alle wichtigen Informationen auf dieser Seite. Ansonsten kannst du auch hier direkt an die Malteser spenden.