Angststörung: Wenn die Angst das Leben bestimmt

Angst gehört zum Leben dazu. Doch bei manchen nimmt sie überhand. Eine Angststörung kann den Alltag extrem einschränken. Welche Arten von Angststörungen gibt es? Was sind die Symptome und wie kann man sie behandeln? Wir beantworten die wichtigsten Fragen.

Darum geht's:


Was ist eine Angststörung?

Angst gehört zum Leben dazu. Sie ist eine natürliche Reaktion unseres Körpers auf Gefahrensituationen. Kein Mensch ist komplett frei von Angst und sie ist auch nicht immer etwas Schlechtes. Angst sorgt zum Beispiel dafür, dass wir in bestimmten Momenten vorsichtig sind. Sie macht uns handlungsfähig (zum Beispiel, wenn wir aus einer gefährlichen Situation flüchten oder Abwehrmaßnahmen ergreifen müssen) und kann uns sogar das Leben retten, weil wir aus Angst bestimmte Risiken gar nicht erst eingehen.

Aber Angst kann auch lähmen und unser Leben stark einschränken. Bei Menschen, die unter einer Angsterkrankung leiden, nimmt die Angst überhand und schützt nicht mehr, sondern belastet. Von einer Angststörung spricht man in der Regel dann, wenn die Angst

  • in vollkommen unangebrachten Momenten und zu häufig auftritt,
  • in keinem angemessenen Verhältnis zur tatsächlichen Bedrohung steht,
  • so intensiv ist und so lange anhält, dass sie normale Aktivitäten und den Alltag einer Person beeinträchtigt.


Es geht bei einer Angststörung also normalerweise nicht mehr um die Angst vor einer realen Bedrohung. Betroffene haben Angst vor Dingen oder Situationen, die die meisten Menschen normal finden. Sie denken einen Großteil des Tages über ihre Angst nach und sind in ihrer Lebensqualität und Bewegungsfreiheit häufig stark eingeschränkt. Ausschalten oder kontrollieren können sie die Angst nicht. Die Folgen einer Angststörung können gravierend sein und von sozialem Rückzug über Depressionen, Alkohol- oder Tablettensucht bis hin zu Selbstmordgedanken reichen. Wenn du selbst oder jemand in deinem Umfeld akute Selbstmordgedanken äußert, kannst du dich auch an die Polizei (110) oder den Rettungsdienst (112) wenden, wo man dir schnell weiterhilft.

Weit verbreitete psychische Erkrankung

Neben Depressionen gehören Angststörungen in Deutschland zu den häufigsten psychischen Erkrankungen. Laut Stiftung Gesundheitswesen sind etwa 9 von 100 Männern und 21 von 100 Frauen im Alter von 18 bis 79 Jahren innerhalb eines Jahres von einer Angststörung betroffen. Die Dunkelziffer liegt vermutlich deutlich höher. Denn die Symptome einer Angststörung sind oft unspezifisch. Viele Angsterkrankungen werden daher nicht diagnostiziert.

Was sind die Ursachen für eine Angststörung?

Die Entstehung von Angststörungen kann verschiedene Gründe haben. Die genauen Ursachen sind noch nicht vollständig geklärt. Mitunter ist es auch eine Kombination verschiedener Faktoren, die eine Angststörung auslöst. Mögliche Entstehungsfaktoren für eine Angststörung können sein:

  • Stress
  • traumatische oder belastende persönliche Erlebnisse
  • genetische Faktoren
  • psychische Veranlagung
  • körperliche Erkrankungen (z.B. Diabetes, hormonelle Probleme)
  • (starker) Alkohol- oder Drogenkonsum

Welche Symptome treten bei einer Angststörung auf?

Die Symptome einer Angststörung sind vielfältig und sehr individuell. Zu den körperlichen Symptomen, die bei einer Angststörung auftreten können, gehören zum Beispiel:

  • Schwitzen
  • Schwindel
  • Herzrasen
  • Zittern
  • Atemnot
  • Engegefühl in der Brust
  • Übelkeit
  • verminderte Belastbarkeit
  • Magen-Darm-Beschwerden


Betroffene empfinden oft eine Hilflosigkeit, fühlen sich der Angst ausgeliefert und nehmen die Symptome als gefährlicher oder bedrohlicher wahr als sie sind. Vor allem dann, wenn die Angststörung nicht diagnostiziert ist. Das kann zur Panik oder sogar Todesangst führen. Zum Beispiel, wenn Herzrasen als Herzinfarkt fehlinterpretiert wird.

Welche Angststörungen gibt es?

Grundsätzlich wird zwischen zwei Formen der Angststörungen unterschieden. Angststörungen mit einem konkreten Auslöser (sogenannte Phobien) und Angststörungen, die keinen konkreten Auslöser haben. Dazu gehören zum Beispiel Panikstörungen.

Phobien

Eine Phobie ist immer spezifisch. Das heißt die Angststörung bezieht sich auf bestimmte Objekte oder Situationen. Dazu gehört etwa die Angst vor Spinnen, vor dem Fliegen oder die Angst vor Spritzen. Sonderformen sind die Soziophobie (soziale Angststörung) und die Agoraphobie, die oft deutlich einschränkender im Alltag sind. Bei einer Soziophobie haben Betroffenen Angst vor Ablehnung. Deshalb meiden sie Situationen, bei denen sie im Mittelpunkt stehen und mit anderen Menschen zu tun haben. Bei der Agoraphobie haben Betroffene Angst vor öffentlichen Plätzen und Menschenansammlungen. Dahinter steckt eine Angst vor der Angst: Sie fürchten, dass sie in der Öffentlichkeit eine Panikattacke erleiden und durch ihre körperliche Reaktion auffallen könnten. Deshalb meiden sie öffentliche Plätze und größere Menschenmengen, oft auch Bahnen und Flugzeuge. In schweren Fällen verlassen sie nicht mehr die Wohnung.

Panikstörungen

Die Panikstörung ist eine Form der Angststörung, bei der Betroffene wiederkehrend und anfallsartig plötzliche Panikattacken haben. Diese treten oft aus heiterem Himmel auf und werden meist von sehr starken körperlichen Symptomen (Herzrasen, Schweißausbrüche, Atemnot) begleitet. Ein kleines Angstgefühl oder eine Sorge lösen eine Kettenreaktion im Körper aus. Häufig kommt es bei einer Panikattacke zu Entfremdungsgefühlen: Betroffene haben das Gefühl, sich selbst fremd zu sein oder verrückt zu werden. Eine Panikattacke kann sich bis zur Todesangst steigern. Wer unter einer Panikstörung leidet, meidet oft Situationen oder Orte, an denen bereits eine Panikattacke erlebt wurde.

Generalisierte Angststörung

Bei einer generalisierten Angststörung leben Betroffene in ständiger und Angst und Sorge, dass ihnen selbst oder jemandem, der ihnen nahesteht, etwas Schlimmes passiert. So besteht etwa Angst vor einem Unfall oder einer schweren Krankheit. Auch Sorgen über den Job oder Geld können im Rahmen einer generalisierten Angststörung auftreten. Die Angst begleitet Betroffene permanent, obwohl es dafür keinen konkreten Anhaltspunkt gibt. Das kann zu Unruhe und Anspannung, zu Reizbarkeit, Muskelverspannungen, Konzentrationsschwierigkeiten und Schlafstörungen führen.

Hypochondrie

Hypochondrie ist die Angst vor Krankheiten. Betroffene fürchten bei kleinsten Symptomen, an einer schweren Krankheit zu leiden. Die Gedanken kreisen permanent um die eigene Gesundheit. Betroffene gehen in der Regel sehr oft zum Arzt. Arztbefunde werden oft angezweifelt und Ärzte gewechselt.

Wo finde ich professionelle Hilfe bei Angststörungen?

Angststörungen können in der Regel recht gut behandelt werden. Welche Behandlung sinnvoll ist, hängt von der Art der Angststörung ab. Eine Psychotherapie, Medikamente wie Antidepressiva oder auch eine Expositionstherapie, bei der sich die Betroffenen mit therapeutischer Begleitung bewusst angstauslösenden Situationen aussetzen, können hilfreich sein. Bei leichten Angststörungen bringen oft auch schon Veränderungen im Lebensstil (Meditation, Sport etc.) eine Verbesserung. Wer eine Angststörung vermutet, sollte als erstes mit seiner Hausärztin oder seinem Hausarzt sprechen. Sie können organische Ursachen ausschließen und dann gegebenenfalls eine Überweisung an eine Psychotherapeutin oder einen Psychotherapeuten ausstellen.

Tipp: Bei akuter Angst oder einer akuten Panikattacke kannst du dich jederzeit auch an die Telefonseelsorge (Telefon 0800/1110111 oder 0800/1110222 oder Online-Chat) oder den kassenärztlichen Notdienst (Telefon 116 117) oder die psychiatrische Notaufnahme in einem Krankenhaus in deiner Stadt wenden.

Gemeinsam stärker: Angstselbsthilfegruppen

In einer Selbsthilfegruppe tauschst du dich mit anderen Betroffenen aus. Das kann unglaublich hilfreich und entlastend sein. Es gibt sie auch für Angststörungen. Auf der Seite des Vereins Deutsche Angst-Hilfe e.V. findest du Angstselbsthilfegruppen in ganz Deutschland.

Apps gegen Angststörungen

Rund um das Thema Angststörung gibt es auch verschiedene Apps, die Betroffene unterstützen können. Die App „HelloBetter“ bietet einen zwölfwöchigen Onlinekurs bei Panikattacken, die Kosten können von der Krankenkasse übernommen werden. Auch die App „Velibra“ ist auf Rezept erhältlich und unterstützt dabei, Angstgefühle in den Griff zu kriegen.


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