Ehrenamtliche Hilfe für Suchtkranke: Das kannst du tun

Sucht hat viele Gesichter. Die meisten Betroffenen eint, dass sie allein nicht aus ihr herausfinden. Spezielle Kontakt- und Beratungsstellen sowie Streetworker und Wohnprojekte unterstützen Suchtkranke auf ihrem Weg in ein neues Leben. Auch Ehrenamtliche können sich in diesem Bereich engagieren.

Darum geht’s


Es gibt verschiedene Formen der Suchtkrankenhilfe

Ob Alkohol, Medikamente oder harte Drogen: Eine Suchterkrankung hat Betroffene in der Regel so fest im Griff, dass sie sich allein irgendwann nicht mehr zu helfen wissen. Deshalb gibt es in Deutschland viele unterstützende und begleitende Hilfsangebote. Unterschieden wird dabei zwischen niedrigschwelligen und höherschwelligen Angeboten. Letztere, zu denen zum Beispiel bestimmte Ärztinnen und Ärzte oder Beratungsstellen gehören, bereiten Betroffene auf eine Therapie vor und unterstützen sie auch danach. Diese höherschwelligen Angebote richten sich insbesondere an Suchtkranke, die noch weitestgehend in ihrem Leben stehen und freiwillig kommen, um sich Hilfe zu holen und etwa um einen Therapieplatz zu bemühen. Von den vielen Suchterkrankten, die im Drogenmilieu oder auf der Straße leben, werden diese Angebote in der Regel nicht genutzt.

Niedrigschwellige Hilfsangebote sind besonders wichtig

„Den meisten Betroffenen aus dem Milieu fällt es sehr schwer, Hilfe anzunehmen“, erklärt Suchtexpertin Waltraut Campen vom Malteser Nordlicht. „Viele haben Angst, zu einer Beratung zu gehen, weil sie fürchten, direkt in einen klinischen Entzug gesteckt zu werden. Deshalb sind für sie niedrigschwellige Hilfsangebote total wichtig. Sie ermöglichen einen unkomplizierten Erstkontakt zur Suchthilfe und einen leichten Einstieg in eine Beratung.“ Zu solchen niedrigschwelligen Angeboten gehören etwa spezielle Kontakt- und Anlaufstellen, die es in so gut wie jeder größeren Stadt gibt. Oft sind diese nicht nur Suchtberatungsstelle, sondern haben auch ein Café, Duschräume oder einen sogenannten Druckraum, in dem Süchtige unter Aufsicht und bei hygienischen Bedingungen ihre Drogen konsumieren können. „Betroffene können einfach vorbeikommen – in der Regel liegen die Einrichtungen szenenah, die Hemmschwelle für die Kontaktaufnahme ist also sehr gering“, sagt Campen. Daneben sprechen ausgebildete Streetworker, die auf den Straßen unterwegs sind, Betroffene an und motivieren sie, zu einer Beratung zu gehen.

In Wohnprojekten erlernen Suchtkranke wieder für sich zu sorgen

Auch spezielle Wohnprojekte für Suchterkrankte gehören zum niedrigschwelligen Angebot in der Suchtkrankenhilfe. Sie bieten Beratung und Begleitung auf dem Weg in einen neuen Alltag. Auch hier geht es darum, die Hemmschwelle gering zu halten. „Es muss Betroffenen so leicht wie möglich gemacht werden, sich an ein Wohnprojekt zu wenden und einen Platz zu bekommen“, sagt Waltraut Campen. „Wohnprojekte wie das Malteser Nordlicht verzichten deshalb auf komplizierte Kostenanträge und langwierige Behördenbewilligungen. Die Aufnahme geht ganz schnell.“ Vor Ort kümmern sich ausgebildete Fachkräfte um die Bewohner und Bewohnerinnen, unterstützt werden sie von ehrenamtlich Helfenden.

Ehrenamtliche sind ein wichtiger Teil des Hilfesystems

Es gibt verschiedene Möglichkeiten, wie du dich ehrenamtlich in der Suchtkrankenhilfe engagieren kannst. „Die Beratungen führen natürlich immer ausgebildete Fachkräfte durch“, erklärt Waltraut Campen. „Aber Ehrenamtliche werden zum Beispiel in den Cafés oder in den Duschbereichen der Kontakt- und Anlaufstellen gebraucht. Auch in den Wohnprojekten kann man sich toll engagieren.“ Hier wird insbesondere Hilfe bei den verschiedenen Freizeitangeboten für die Bewohner benötigt, zum Beispiel bei der Organisation und Begleitung von Theaterbesuchen oder anderen Ausflügen.

Auch zu Behörden- und Arztgängen werden die Bewohnerinnen und Bewohner bei Bedarf von Ehrenamtlichen begleitet, zum Beispiel, wenn sie körperlich eingeschränkt sind oder sich überfordert fühlen. „Ehrenamtliche können in solchen Momenten eine große Stütze sein“, weiß Waltraut Campen. Die Einrichtungen bieten auch Alltagstrainings an, in denen die Bewohnerinnen und Bewohner Strukturen und Gewohnheiten erlernen, die sie entweder nie beigebracht bekommen oder aber im Laufe der Sucht verlernt haben. Kochen, Putzen, Körperhygiene – jeder soll irgendwann wieder richtig für sich selbst sorgen können. „Auch da können Ehrenamtliche sich einbringen und etwa bei Kochgruppen mitwirken“, sagt Waltraut Campen. So vermitteln sie den Betroffenen, dass diese nicht allein sind, dass sich jemand für sie interessiert. „Das ist wahnsinnig wertvoll. Ehrenamtliche sind ein wirklich wichtiger Teil des Hilfesystems.“

Ein herausforderndes Ehrenamt, bei dem du viel über dich lernen wirst

Wer sich im Bereich der Suchtkrankenhilfe engagieren möchte, muss vor allem offen für andere Lebenswelten sein. „Man begegnet Menschen, die anders sind als man selbst, da darf man keine Berührungsängste haben und vor allem nicht vorverurteilen. Sucht ist eine Krankheit, die Menschen tragen keine Schuld an ihrer Situation und sind auf Hilfe angewiesen“, sagt Waltraut Campen. Gleichzeitig ist es wichtig, Distanz zu wahren. „Suchtkranke neigen dazu, Menschen zu vereinnahmen. Ist das Verhältnis zu eng, wird es schwer, ihnen zu helfen. Ein ausgewogenes Nähe-Distanz-Verhältnis ist wichtig.“

Die hauptamtlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter unterstützen Ehrenamtliche dabei, geben Feedback und helfen, wenn sich jemand belastet fühlt. „Der Austausch mit anderen ist extrem wichtig“, sagt Waltraut Campen. „Ein Ehrenamt in diesem Bereich ist nicht ohne, das muss einem klar sein. Es ist erfüllend, bereichernd und kann viel Spaß machen, keine Frage. Aber es kann eben auch belastend sein.“ Wichtig ist deshalb, dass du selbstbewusst und gefestigt bist, wenn du dich in der Suchtkrankenhilfe engagieren möchtest. „Natürlich sollte man auch selbst kein Suchtproblem haben,“ ergänzt Campen. „Wer jedoch offen ist und eine Bereitschaft zur Reflexion mitbringt, wird einiges für sich herausziehen können und vor allem sehr viel über sich selbst lernen. Es ist ein tolles Ehrenamt für alle, die ihre Persönlichkeit weiterentwickeln möchten.“

So kannst du direkt helfen

Wenn du dich für ein Ehrenamt in der Suchtkrankenhilfe interessiert, wende dich am besten direkt an eine Einrichtung in deiner Stadt und frage, welche Hilfe gerade gebraucht wird. Mehr Infos zu den Suchthilfeangeboten der Malteser findest du hier. Es gibt auch die Möglichkeit zu spenden – etwa in Form einer Geldspende ; die Anlauf- und Kontaktstellen sowie die Wohnprojekte freuen sich in der Regel aber auch immer über Sachspenden wie Handtücher oder Hygieneartikel.


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