Der Nebenjob ist wie eine Auszeit

Vor knapp einem Jahr stand Simone das erste Mal vor einer fremden Haustür und war sehr aufgeregt. Es war ihr erster Einsatz als Fundraiserin. Bei diesem Ferienjob geht sie von Haustür zu Haustür und wirbt um Förderer, die regelmäßig für die Malteser spenden. Ihr Nebenjob ist gleichzeitig eine besondere Auszeit für Simone, denn während dieser Zeit wohnt sie in einer Wohngemeinschaft mit fünf bis acht anderen Fundraisern. Sie alle verdienen sich in den Ferien etwas dazu. Die meisten sind Studierende. Simone gehört mit ihren 18 Jahren zu den Jüngsten. Ihr Arbeitgeber ist das Unternehmen Kober GmbH, das in Deutschland und Österreich für Hilfsorganisationen wie die Malteser die Fördererwerbung übernimmt. Neben der Firma Kober sind noch weitere Firmen für die Fördererwerbung der Malteser in Deutschland unterwegs. Im Interview erzählt Simone, wie sie zu diesem Job kam, was das Besondere daran ist und warum sie trotz des schlechten Rufs von Fundraisern hochmotiviert ist.

Warum wohnst du während des Jobs in einer WG?

Die Einsatzgebiete sind meistens etwas weiter weg von zu Hause. Das ist aber schön, weil man von dem Alltag weg ist und neue Leute kennenlernt. Man verbindet sich richtig eng mit den anderen. Es ist ein bisschen wie ein zweites Leben.

Was ist deine Aufgabe als Fundraiserin?

Wir sind nicht die Leute mit Ständen in der Innenstadt, sondern wir gehen von Tür zu Tür und informieren die Leute darüber, wer die Malteser sind. In manchen Regionen gibt es Leute, die zum ersten Mal von den Maltesern hören. Also stellen wir uns vor, sagen, worum es geht und versuchen, nach Möglichkeit die Leute zu einer Spende zu animieren.

Wie bist du zu diesem Nebenjob gekommen?

Grundsätzlich hatte ich einen Job für die Ferien gesucht, aber es war mir auch wichtig, etwas zu machen, wo ich einen Sinn dahinter sehe. Ich möchte die Gewissheit haben, dass es wichtig ist, was ich mache. Dann bin ich durch Instagram auf das Jobangebot gestoßen und habe mich gemeldet.

Es ist kein leichter Job, Menschen an der Haustür um Spenden zu bitten. Wo liegen die Herausforderungen?

Für mich persönlich ist es die Ablehnung, mit der man umgehen können muss. Es ist ja klar, dass nicht jeder an der Tür sofort hundert Euro spendet. Manche Leute reagieren aber sofort sehr unfreundlich und im Extremfall beleidigen manche einen auch. Das wegzustecken, ist teilweise schwierig und dann an der nächsten Haustür wieder zu lächeln, als wäre nichts passiert. Man muss sich immer bewusst sein, dass es nicht persönlich gemeint ist, sondern dass es einfach die Launen der Leute sind oder die Situation ist.

Welche Tricks hast du, um schnell wieder ins Lächeln zu kommen, wenn jemand unfreundlich zu dir war?

Ich mache mir dann immer bewusst, wie wichtig es ist, was ich mache.

Ohne die Spenden würden die Malteser viele wichtige Projekte nicht auf die Beine stellen können. Es hängt viel davon ab, ob wir die Leute zum Spenden bewegen können oder nicht. Deswegen sollte man immer sein Bestes geben und das motiviert mich, an der nächsten Tür trotzdem zu lächeln und freundlich zu sein.

Wie läuft ein Arbeitstag in der Werbung von Förderinnen und Förderern ab?

Es sind sehr lange Arbeitstage. Eine Schicht dauert im Durchschnitt zehn Stunden. Im Sommer fahren die meisten Teams um zehn Uhr los und um acht Uhr abends werden alle wieder eingesammelt. Morgens frühstücken wir gemeinsam und dann werden wir abgeholt und in das Gebiet gebracht, in dem wir tagsüber unterwegs sind. Dort laufen wir von Tür zu Tür. Wir sind allein oder zu zweit unterwegs; das hängt immer davon ab, wie der oder die Teamchefin uns einteilt. Manchmal wird man von Leuten eingeladen zu Kaffee und Kuchen. Dann kann man mit ihnen Mittagspause machen. Das ist immer cool. Abends werden alle wieder eingesammelt. Wir kochen dann zusammen in der WG und tauschen uns aus, was wir tagsüber erlebt haben.

Wie genau sammelst du die Spenden ein?

Wir nehmen keine Bargeldspenden an. Wir bekommen ein Tablet bereitgestellt, wo das Formular drauf ist. Das füllen wir zusammen mit den Leuten aus.

Was macht dir an dem Job besonders viel Spaß?

Das sind auf jeden Fall die Begegnungen mit den Menschen, wenn sie positiv sind. Es gibt viele tolle Menschen, die sich auf dich einlassen und mit dir ein Gespräch führen und dich nicht als nervige Person sehen, die gerade eine Spende möchte. Es ist sehr schön, wenn man richtige Dialoge hat. Die Leute haben teilweise auch viel zu erzählen, in dem Maße erwartet man das gar nicht. Positive Begegnungen sind das, was mich am meisten freut.

Wie wurdest du auf den Job vorbereitet?

Bevor man das erste Mal arbeitet, muss man ein Online-Training absolvieren. Das ist Pflicht. Da wird man informiert über die Malteser: was sie machen, welche Projekte es gibt, wie viele Mitglieder und Ehrenamtliche die Malteser haben. Das Hintergrundwissen brauchen wir, um mit den Leuten auch gescheite Gespräche darüber führen können, wem die Spende zugutekommt. Und anfangs haben wir noch ein Training in der WG. Dann üben wir mit den Teamchefs das Gespräch und bekommen Tipps, was wir besser machen können, wie man noch freundlicher wirkt oder wie man mit Ablehnung umgeht.

Welche Eigenschaften sollte ich für die Werbung von Förderinnen und Förderern mitbringen?

Auf jeden Fall brauchst du die Freude am Kontakt mit Menschen, denn dein ganzer Arbeitstag besteht ja daraus, Gespräche zu führen. Und Selbstbewusstsein ist wichtig, das kannst du dort aber auch ausbauen. Wenn es dir nicht superleicht fällt, mit Leuten zu reden, dann wirst du diese Fähigkeit bei der Arbeit dazugewinnen können. Und eine positive Einstellung gegenüber der Arbeit hilft auch. Man sollte sich gut motivieren können.

Wie hat der Job dich persönlich verändert?

Ich habe dadurch sehr viele Leute kennengelernt und Freunde fürs Leben gefunden. Das klingt jetzt vielleicht etwas „cheesy“, aber man wächst mit den Teamkolleginnen und Teamkollegen sehr zusammen. Ich bin super dankbar für jede einzelne Begegnung, die ich durch den Job gemacht habe. Und ich bin in vielen Dingen viel selbstbewusster geworden. Vorher war ich in manchen Situationen schüchtern. Als ich vor meiner allerersten Haustür stand, habe ich gezittert. Nach einer Weile war es dann gar nicht mehr schlimm und ich bin viel offener geworden und habe kein Problem mehr, mit den Leuten zu reden.

Wie gehst du mit dem negativen Bild um, das viele Menschen von Fundraiserinnen und Fundraisern haben?

Ich wünsche mir, dass das Bild von uns besser wird. Wir sind nicht da, um den Leuten das Geld aus der Tasche zu ziehen oder sie auszunutzen, sondern es geht um wichtige Projekte, die mit dem Geld finanziert werden. Da wünsche ich mir, dass die Leute dafür mehr Verständnis haben und offener werden.

Voraussetzungen für den Nebenjob im Fundraising

Wenn du auch als Mitgliederwerberin oder -werber arbeiten möchtest, musst du die folgenden Voraussetzungen erfüllen:

  • Mindestens 18 Jahre sein
  • 4-5 Wochen am Stück Zeit haben
  • Kommunikationsstärke und Teamfähigkeit
  • Verhandlungssicheres Deutsch
  • Reisebereitschaft
  • Motivation und Ehrgeiz, für eine gute Sache zu arbeiten
  • Einen Schulabschluss musst du nicht haben

#Engagement

Bewerte diesen Artikel

 
 
 
 
 
 
4
1
5
5