Klimaschutz ist Katastrophenschutz: Warum wir alle gefragt sind

Was hat die Arbeit im Büro mit Sandsäcken zu tun? Theresa Oesterwinter, Nachhaltigkeitsmanagerin bei den Maltesern, wirft einen Blick darauf, wie Klimaschutz eigentlich mit Katastrophenvorsorge zusammenspielt.

Darum geht's


Mehr Klimawandel, mehr Katastropheneinsätze?

Neulich bin ich auf eine Pressemitteilung des Bundesamts für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe (BBK) gestoßen, die mich nachdenklich gemacht hat. Sie enthält eine ziemlich beunruhigende Nachricht: Zivil- und Katastrophenschutz stehen wegen des Klimawandels steigenden Anforderungen gegenüber – die Anzahl an freiwilligen Helfenden bleibt aber seit 1999 konstant.

Das ist eine nüchterne Nachricht – und doch ging sie mir nicht mehr aus dem Kopf. Vielleicht, weil sie mir genau zeigt, was ich für meine Arbeit als Nachhaltigkeitsmanagerin bei den Maltesern sowieso immer vor Augen führen muss: Der Klimawandel ist keine ferne Zukunftsmusik. Er ist längst da – und bringt uns alle ins Schwitzen. Nicht nur Menschen in Dürreregionen, nicht nur die Eisbären am Nordpol. Sondern auch Ehrenamtliche in Deutschland, die Sandsäcke schleppen, Menschen retten und versorgen.


Der Klimawandel ist keine ferne Zukunftsmusik. Er ist längst da – und bringt uns alle ins Schwitzen.

Theresa Oesterwinter, Nachhaltigkeitsmanagerin bei den Maltesern


In Deutschland tragen etwa 1,7 Millionen Ehrenamtliche, also knapp drei Prozent der Wohnbevölkerung, rund 90 Prozent der Einsätze im Bevölkerungsschutz. Trotzdem sagen nur ein Drittel der Hilfsorganisationen, sie hätten genug Helferinnen und Helfer für die gestiegenen Anforderungen. Das zeigt eine klare Wahrheit: Unsere Katastropheneinsatzkräfte stoßen an ihre Grenzen – auch weil das Klima verrücktspielt.

Klimawandel und Katastrophenschutz in Deutschland

  • Rund 1,76 Millionen Ehrenamtliche tragen etwa 90% der Einsätze im Bevölkerungsschutz.
  • Die Einsatzhäufigkeit und Intensität durch Klimawandel-bedingte Extremwetterereignisse steigen.
  • Neben Katastrophenschutz sind präventive Maßnahmen wie nachhaltige Stadtplanung und Klimaanpassung wichtig.
  • Gesellschaft und Politik müssen sich enger vernetzen, um besser auf klimabedingte Risiken vorbereitet zu sein.

Die Einsätze häufen sich, die Intensität der Katastrophen nimmt zu, die Erholungsphasen dazwischen werden kürzer. Was früher ein „Jahrhundertereignis“ war, wird langsam zur Routine. Ein Beleg dafür? In den letzten fünf Jahren gab es Flutkatastrophen in Deutschland, Polen, Tschechien, Österreich und kürzlich auch in Spanien und Italien.

Helfen, bevor Hilfe nötig wird

Ich sitze nicht mit Helm im Einsatzfahrzeug, sondern im Büro. Und doch betrifft mich diese Entwicklung direkt – denn ich frage mich: Wie können wir helfen, bevor Hilfe überhaupt gebraucht wird? Die Antwort ist unbequem, aber auch hoffnungsvoll: Indem wir unsere Umwelt schützen.

Klimaschutz ist auch Katastrophenschutz. Jede Maßnahme zur Reduktion von Treibhausgasen, jede Initiative für erneuerbare Energien und jede Entscheidung zugunsten nachhaltiger Mobilität trägt dazu bei, die Häufigkeit und Schwere von Naturkatastrophen zu senken. Ein stiller, aber wirkungsvoller Schulterschluss: Wer den Planeten schützt, entlastet die, die im Ernstfall Menschenleben retten. Natürlich brauchen wir mehr Mitglieder im Katastrophenschutz, bessere Ausrüstung und politische Unterstützung. Aber vor allem brauchen wir ein neues Bewusstsein: Klimaschutz ist nicht nur Umweltsache – er ist Daseinsvorsorge.

Mich berührt die Vorstellung, dass wir durch nachhaltiges Handeln diejenigen entlasten können, die in Schutzkleidung draußen im Einsatz sind – lange bevor sie ausrücken müssen. Am Ende arbeiten wir doch alle für dasselbe Ziel: Menschen in Sicherheit zu wissen.

5 Prognosen aus dem Ergebnisbericht „Klimawandel und Klimafolgen“

von Benefacio – Arbeitsgruppe Zukunftsfähigkeit

  • Extreme Niederschläge, etwa Starkregen, werden häufiger (S. 11).
  • An deutschen Küsten steigt der Meeresspiegel schnell an, mehr Sturmfluten sind zu erwarten. Rund 150.000 Menschen wären direkt betroffen, indirekt (zum Beispiel durch Stromausfälle) bis zu sechs Millionen (S. 12-14).
  • Trockenheit, Dürre und Hitze erhöhen das Waldbrandrisiko deutlich (S. 21).
  • Dürre steigert die Gefahr von Überschwemmungen, weil ausgetrockneter Boden Regen schlechter aufnimmt. Außerdem sterben Pflanzen, was Sturm- und Bodenerosionsgefahren, also das Abtragen von Bodenmaterial durch Wasser und Wind, verstärkt (S. 41).
  • Die Erderwärmung führt zu mehr und länger anhaltenden Hitzeperioden in Deutschland. Die Temperaturen sind hier stärker gestiegen als im weltweiten Durchschnitt. Hitzeperioden können viele Tote fordern, wie zum Beispiel 2003 mit 7.000 Todesfällen in Deutschland (S. 37-38).


Das Projekt Benefacio der Notfallvorsorge der Malteser entstand nach vergangenen Krisen und soll den Bereich Notfallvorsorge stärken. Benefacio ist italienisch für „Wohltäter“; der lateinische Ursprung bedeutet „ich tue Gutes“. Es gibt 12 Arbeitsgruppen, die sich mit verschiedenen Themen der Notfallvorsorge beschäftigen.

Über die Autorin

Die Betriebswirtin Theresa Oesterwinter begeistert sich so sehr für Nachhaltigkeit, dass sie seit Februar 2023 im Nachhaltigkeitsmanagement der Malteser arbeitet. Klimaschutz und nachhaltiges Handeln liegen ihr am Herzen, weil sie einen Beitrag leisten möchte, damit unsere Lebensgrundlage und die der nachfolgenden Generationen erhalten bleibt. Sie ist von den kreativen Ansätzen begeistert, die es weltweit schon gibt, und freut sich, mit Wissen und Kreativität den Klimaschutz mitzugestalten.

Ganz persönlich setzt sie nachhaltige Ideen auch in ihrem Hobby um: Sie häkelt Taschen aus recyceltem Baumwollgarn, das als Produktionsrest bei der T-Shirt-Herstellung anfällt.


#Nachhaltigkeit

#Ehrenamt

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