Pflegemangel in Deutschland: Arbeitsalltag einer Pflegekraft
40.000 Pflegestellen in Deutschland sind unbesetzt. Doch woran liegt das? Ist das Berufsbild Pflegekraft heute wirklich so unattraktiv? Während die einen den Kontakt zu den Menschen und die Verantwortung lieben, beklagen andere mangelnde Wertschätzung und zu geringe Gehälter. Anja (29) Pflegekraft und Stationsleitung der Geriatrie des Waldkrankenhauses St. Marien in Erlangen gibt Einblick in das Leben einer qualifizierten Pflegekraft.
Darum geht's:
Wie sieht ein normaler Arbeitstag aus?
In der Geriatrie im Waldkrankenhaus St. Marien in Erlangen, wo Menschen höheren und höchsten Lebensalters behandelt werden, beginnt der Frühdienst morgens um 6 Uhr. Zuerst wird mit der Nachtschicht eine Übergabe gemacht. Wie war die Nacht? Gab es bestimmte Vorkommnisse? Brauchen einzelne Patientinnen oder Patienten besondere Betreuung? Dann beginnt der Alltag im Krankenhaus: Die Pflegekräfte helfen den Patienten beim Frühstück, bei der Körperpflege und fördern mit abgestimmten Übungen die Bewegungsfähigkeit. Sie begleiten die Visite der Ärzte,werten sie aus, organisieren therapeutische Maßnahmen und dokumentieren alle Leistungen und Pflegeverrichtungen „Gerade die älteren Patienten in der Geriatrie brauchen viel Hilfe“, sagt Anja. So vergeht der Vormittag bis zum Mittagessen. Im Anschluss daran, gegen 13.30 Uhr, beginnt die nächste Schicht, der Spätdienst – wieder mit einer halbstündigen Übergabe. Danach übernimmt erneut der Nachtdienst.
Berufsbild Pflegekraft im Schnellcheck
- Für wen die Ausbildung geeignet ist: Für all jene, die gerne mit Menschen zu tun haben und im sozialen Bereich tätig werden möchten.
- Ausbildungsdauer: 3 Jahre.
- Art der Ausbildung: An einer staatlich anerkannten Berufsfachschule mit Anbindung an ein Krankenhaus.
- Voraussetzung: Realschulabschluss oder sonstige 10-jährige Schulausbildung oder Hauptschulabschluss plus eine bereits abgeschlossene Berufsausbildung oder eine mindestens einjährige Ausbildung als Pflegehelferin oder Pflegehelfer.
Änderung in der Pflegeausbildung ab 2020: Seit einigen Jahres gibt es die generalistische Pflegeausbildung. Was es darüber zu wissen gibt, erfährst du hier.
In welchen Abteilungen werden Pflegekräfte eingesetzt?
Die Arbeit als Pflegekraft ist sehr vielseitig, die Einsatzmöglichkeiten sind groß. Zum einen gibt es die normalen Stationen, in denen die Patienten in der Regel nach bestimmten Organleiden aufgenommen werden – wie etwa die Kardiologie oder die Urologie. Zum anderen gibt es Stationen wie die Geriatrie, in der ältere Patienten behandelt werden,dieoft mehreren Krankheiten zugleich betroffen sind. In der Notaufnahme werden akute Fälle versorgt. Sobald die Patienten als stabil eingestuft wurden, werden sie auf normale Stationen verlegt – oder im Falle einer Lebensbedrohung auf die Intensivstation.In Funktionsbereichen wie OP, Anästhesie, Herzkatheterlabor, Endoskopiebereich und vielen weiteren mehr sind ebenfalls Pflegekräfte eingesetzt.
Weitere Einsatzgebiete finden sich in der Rehabilitation oder in der Psychiatrie, in der die Pflegekräfte die pflegerische Betreuung übernehmen und die gesundheitliche Entwicklung der Patienten überwachen.
Im Hospiz werden Sterbende ebenfalls von Pflegekräften begleitet.

Was macht die Arbeit aus?
„Unsere Arbeit ist sehr individuell. Jeder Tag ist ganz anders und spannend“, findet Anja. Sie schätzt es, dass sie so viel mit Menschen zu tun hat und dementsprechend viel Verantwortung trägt. „Das ist ein sehr wichtiger Beruf. Ich kümmere mich acht Stunden um andere Menschen“, sagt sie, „aber danach auch guten Gewissens um mich.“
Was bedeutet Pflege im Einzelnen?
Zum einen gibt es die allgemeine Pflege. Die Kräfte unterstützen die Patienten bei Aktivitäten des Alltags, sei es bei Toilettengängen, beim Essen oder dabei, ihre Beweglichkeit wiederzuerlangen. Dazu kommt die spezielle Pflege im medizinischen Bereich. Auf den Stationen werden Wunden versorgt, Medikamente dosiert, Drainagen gelegt und Verbände gewechselt.Die Pflegedokumentation ist ebenfalls ein wichtiger Teil unserer Arbeit.
Außerdem haben die Pflegekräfte, soweit es ihre Zeit zulässt, ein offenes Ohr für Patienten und Angehörige. Auch die Vermittlung von Seelsorge und von Hilfen für die Zeit nach der Klinik gehört zu den Aufgaben der Pflegekräfte – so werden etwa in der Geriatrie auch Kontakte zu Demenzgruppen geknüpft. „Im Pflegebereich gibt es außerdem viele Spezialisierungen, erklärt Anja, „so gibt es beispielsweise Wundmanager, Mitarbeitende, die Pflegestandards weiterentwickeln, Praxisanleiter und viele weitere Aufgabenfelder.“
Was sind problematische Momente?
„Für mich wird die Arbeit immer dann schwierig, wenn ich merke, dass ich sie nicht so gut machen kann, wie ich das möchte“, sagt Anja. Und weist damit auf den Mangel an Pflegekräften hin, den es hierzulande schon länger gibt. Außerdem sei es traurig, wenn das ganze Team für einen Patienten gekämpft habe – und sich sein Zustand dennoch drastisch verschlechtert und absehbar ist, dass er nicht mehr selbständig nach Hause zurückkehren kann.
Was sind schöne Momente?
„Gerade in der Geriatrie haben wir oft Patienten, die einfach über einen längeren Zeitraum zu wenig getrunken haben“, berichtet Anita, „sie kommen in einem schlechten Zustand zu uns, und ihre Angehörigen befürchten das Schlimmste.“ Doch schon nach kurzer Zeit seien diese Patienten wieder fit, geistig und auch körperlich beweglicher – das seien wertvolle Momente für das ganze Team. „Wenn wir sehen können, dass wir wirklich geholfen haben.“
Pflegekräfte werden gesucht – woran liegt das?
Es herrscht ein Mangel an Fachkräften in der Pflege. Laut Bundesagentur für Arbeit waren 2018 hierzulande etwa 40.000 Pflegestellen unbesetzt. „Der Beruf ist leider gesellschaftlich nicht so hoch angesehen, wie das etwa in anderen Ländern der Fall ist“, sagt Anja. Zum einen sei die Jugend immer anspruchsvoller, zum anderen seien Arbeitszeiten plus Bezahlung in der Pflege für viele nicht so attraktiv. „Unterm Strich kann man sagen, dass die Bezahlung angesichts der Verantwortung, die wir übernehmen, nicht angemessen ist“, glaubt sie. „Von unserer Tätigkeit, unserem Engagement hängen schließlich Menschenleben ab.“
Gerade wegen dieser Verantwortung liebt sie aber auch ihren Beruf: „Ich würde mir nur wünschen, dass das Ansehen der Pflege zunimmt, wir mehr Anerkennung erfahren – vor allem auf politischer Ebenen, aber auch von Patienten und Angehörigen.“
Wenn sie Außenstehenden von ihrem Job erzählt, sei eine häufige Reaktion: „Das könnte ich aber nicht.“ Sie betont deswegen: „Das möchte ich nicht mehr so oft hören. Es ist ein sehr wichtiger Beruf, immerhin braucht jeder Mensch einmal Pflege. Und dann wünschen wir uns doch alle die bestmögliche ...“
Ausbildung zur Pflegekraft
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