Inkontinenz im Alter: Wege zu mehr Lebensqualität

Mindestens zehn Millionen Deutsche sind davon betroffen und gleichzeitig gilt sie als eines der größten medizinischen Tabuthemen: Inkontinenz. Viele denken, dass Inkontinenz zum Älterwerden nun einmal dazugehöre und nicht behandelbar sei. Das ist falsch. Es gibt Behandlungsmethoden, die helfen.

Welche Formen von Inkontinenz gibt es?

Inkontinenz wird definiert als die fehlende oder unzureichende Fähigkeit des Körpers, Urin oder Stuhl zu halten und kontrolliert abzugeben. Grundsätzlich unterschieden wird zwischen Harn- und Stuhlinkontinenz.

Bei Harninkontinenz wird zwischen folgende Formen differenziert:
 

  • Belastungs- oder Stressinkontinenz – hier kommt es bei körperlicher Belastung wie Husten oder Niesen zu unkontrolliertem Urinverlust.
  • Dranginkontinenz dagegen ist starker und plötzlicher Harndrang, der schwer zu kontrollieren ist.
  • Von Mischinkontinenz spricht man bei einer Kombination aus beiden Varianten.
  • Darüber hinaus treten auch Überlaufinkontinenz (unkontrollierter Urinverlust wegen einer überfüllten Blase),
  • Reflexionsinkontinenz (infolge einer Schädigung des Nervensystems)
  • und extraurethrale Inkontinenz (infolge einer Schädigung der Harnröhre) auf.

Wie viele Menschen sind von Inkontinenz betroffen?

Laut Deutscher Kontinenz Gesellschaft e. V. sind zehn Millionen Deutsche von Harninkontinenz betroffen – und die Dunkelziffer ist vermutlich noch höher. Denn Inkontinenz wird häufig als schambehaftetes Tabuthema betrachtet und vor dem Freundeskreis oder der Familie so weit wie möglich verheimlicht. Statt zu einem Arzt oder einer Ärztin zu gehen, behelfen sich Betroffene nicht selten mit Notfallprodukten wie Einlagen oder Windeln für Erwachsene.

Noch mehr Infos und Unterstützung

Die Deutsche Kontinenz Gesellschaft e.V. bietet auf ihrer Homepage viel Infomaterial zum Thema an – unter anderem auch ein sogenanntes Miktionstagebuch zum Download. Es kann der Ärztin oder dem Arzt helfen, die genaue Form der Inkontinenz zu diagnostizieren und damit eine zielgerichtete Behandlung einzuleiten.

„Harninkontinenz – das große Tabuthema“

Die europäischen Studie „Breaking the silence“ zeigt, wie sehr das Leiden die Betroffenen beeinflusst:

  • 74 Prozent der Befragten gaben an, die Harninkontinenz schränke ihr tägliches Leben allgemein ein.
  • Fast die Hälfte der Frauen und Männer fühlten sich durch das Leiden „alt“.
  • Ein Drittel sah sich in seinem Selbstbewusstsein beeinträchtigt.
  • 39 Prozent der Betroffenen haben noch nicht einmal mit ihrer Partnerin oder ihrem Partner darüber gesprochen.
  • Sieben von zehn Befragten wünschen sich mehr Aufklärung.

Wie kann Inkontinenz im Alter behandelt werden?

Die gute Nachricht vorweg: Harninkontinenz ist eine behandelbare Erkrankung. Es gibt viele Möglichkeiten, die Lebensqualität wieder zu verbessern. Je nach Ursache kann eine Ärztin oder ein Arzt die richtige Methode ermitteln. Grundsätzlich gibt es diese Möglichkeiten, eine Inkontinenz positiv zu beeinflussen:

 

  • Beckenbodentraining: Mit gezielten Übungen kann die Muskulatur, die für die Kontrolle der Blase wichtig ist, wieder gestärkt werden. Das Training kann zu Hause oder mit Physiotherapeuten durchgeführt werden.
  • Richtiger Sport: Yoga und Schwimmen können den Beckenboden stärken, Joggen, Ballsportarten und Trampolinspringen sollten dringend vermieden werden.
  • Kälte meiden: Bei Kälte zieht sich die Muskulatur zusammen; das kann tröpfchenweise zu einer Entleerung der Blase führen. Also im Winter lieber etwas wärmer anziehen – gerade auch an den Füßen.
  • Gewichtsreduktion: Übergewicht kann den Druck auf die Blase erhöhen und zu einer Inkontinenz beitragen. Eine Gewichtsabnahme kann daher die Beschwerden lindern oder beseitigen.
  • Anpassung des Lebensstils: Harntreibende Getränke (Kaffee, Alkohol) sollten gemieden, Stress reduziert (etwa durch Yoga, Atemübungen) und harninkontinenzbegünstigenden Umstände wie chronischer Husten medizinisch behandelt werden.
  • Hormone: Bei Frauen in oder nach der Menopause kann eine Östrogentherapie helfen.
  • Medizinische Hilfsmittel: Windeln für Erwachsene oder Einlagen können im Alltag unterstützen – es gibt auch spezielle Tampons oder Pessare.
  • Elektrische Stimulation: Hierbei werden die Nerven angeregt, die die Blasen- und Beckenbodenmuskulatur kontrollieren.
  • Medikamente: Je nach Inkontinenz gibt es Arzneimittel, die helfen können. Die Medikamente müssen von einer Ärztin oder einem Arzt verschrieben werden.
  • Operative Maßnahmen: Es gibt unterschiedliche chirurgische Eingriffe, die vorgenommen werden können, wenn andere Behandlungen nicht helfen.

 

Wichtig: Über die richtige Behandlungsmethode sollte eine Allgemeinmedizinerin oder ein Allgemeinmediziner oder eine Fachärztin oder ein Facharztarzt aus den Bereichen Urologie oder Gynäkologie entscheiden.