Glutenunverträglichkeit: Symptome und Risiken von Zöliakie

Von Zöliakie sind in Deutschland mehr als 840.000 Menschen betroffen. Wenn sie Lebensmittel mit Gluten beziehungsweise dem Klebereiweiß zu sich nehmen, haben sie teilweise extreme Symptome. Andere Betroffene wiederum spüren kaum etwas von der Erkrankung – deshalb gehen Expertinnen und Experten von einer hohen Dunkelziffer aus. Das Problem: Unerkannt kann eine Zöliakie weitreichende, gesundheitliche Folgen haben, in schlimmen Fällen drohen etwa Osteoporose, Unfruchtbarkeit oder Krebs.

Was ist Zöliakie?

Bei Zöliakie handelt es sich um eine durch eine Glutenunverträglichkeit ausgelöste chronische Autoimmunerkrankung. Die Ursachen für die Erkrankung konnten bislang zwar nicht abschließend geklärt werden, doch es gilt als sicher, dass Vererbung eine Rolle spielt.

Betroffene dieser sogenannten Systemerkrankung reagieren auf das Klebereiweiß Gluten. Nehmen sie es zu sich, bilden sich Antikörper, im Dünndarm entstehen Entzündungen und die Schleimhaut im Darm wird angegriffen. Die Folge: Nährstoffe können nicht mehr ausreichend über den Darm aufgenommen werden, es kommt zu Mangelerscheinungen, die unterschiedliche Symptome nach sich ziehen können.

Wer erkrankt an Zöliakie?

„Grundsätzlich kann man in jedem Alter an einer Zöliakie erkranken“, erklärt Peter Wark, Pressesprecher der Deutschen Zöliakie-Gesellschaft e.V. (DZG), „wir verzeichnen aber besonders viele gesicherte Erstdiagnosen bei Kindern und 40- bis 50-Jährigen. Es erkranken mehr Frauen als Männer.“ Da Zöliakie eine genetische Disposition habe, seien besonders oft Menschen betroffen, in deren Familie es schon zu Erkrankungen kam. Weitere Risikogruppen sind Patientinnen und Patienten mit Trisomie 21, mit Diabetes mellitus, mit rheumatoider Arthritis oder autoimmunen Schilddrüsenerkrankungen. „Grundsätzlich stellen wir fest, dass die Fälle zunehmen“, sagt Peter Wark, „wir gehen davon aus, dass unsere veränderten Ernährungsgewohnheiten mit vermehrt industriell hergestellten Lebensmitteln dafür mitverantwortlich sind.“ Weltweit wird heute mehr glutenhaltiges Getreide verzehrt als noch vor einigen Jahrzehnten. Ein Grund für die steigende Zahl könnte zudem die bessere Diagnostik sein.

Wie merke ich, dass ich Zöliakie habe?

Als klassische Symptome einer Zöliakie gelten Durchfall und Bauchschmerzen. Doch die Symptome können sehr vielfältig sein. „Deshalb wird Zöliakie auch als Chamäleon der Medizin bezeichnet“, erklärt Peter Wark. Laut einer neuen italienischen Studie wüssten mindestens 60 Prozent der Betroffenen nichts von ihrer Erkrankung. So könnten bei Kindern auch stagnierendes Wachstum, Eisenmangel, Unzufriedenheit, Missmut und Weinerlichkeit Anzeichen für eine Zöliakie sein. Bei Erwachsenen reichen die Symptome von Schlaflosigkeit, Müdigkeit bis hin zu einer Depression. „Deshalb dauert es teils sehr lange, bis die Erkrankung erkannt wird“, sagt Peter Wark. Erschwerend käme hinzu, dass viele Hausärztinnen oder Hausärzte die Erkrankung nicht ausreichend in Betracht ziehen. Zuverlässig diagnostiziert wird sie in der Regel von einer Fachärztin oder einem Facharzt durch einen Bluttest und eine Dünndarmbiopsie.

Was sollte ich meiden?

Bereits geringe Spuren von Gluten können bei Betroffenen sehr starke Symptome auslösen. „Es kann schon reichen, dass ein glutenfreies Lebensmittel auf dem gleichen Brett geschnitten wurde wie vorher vielleicht ein Brot“, weiß Peter Wark, „schon kleine Krümelchen können starke Beschwerden auslösen.“ Für Betroffene bleibt nur eines: komplett auf glutenhaltige Lebensmittel zu verzichten.

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In welchen Lebensmitteln ist Gluten enthalten?

Das Klebereiweiß Gluten kommt in allen Brot-, Back- und Teigwaren mit Weizen, Roggen, Dinkel oder Gerste (aber auch in älteren Getreidesorten oder etwa in Bulgur) vor. Herkömmlich hergestellte Brote, Brötchen, Kuchen, Nudeln, Pizza und Biere sind deshalb für Betroffene tabu. Das gilt auch für paniertes Fleisch, Gemüse oder panierten Fisch. Dazu kommen noch weitere Lebensmittel mit verstecktem Gluten – zum Beispiel
 

  • gebundene Saucen und Suppen,
  • Fertiggerichte,
  • Seitan und viele Fleischersatzprodukte,
  • Wurst,
  • Ketchup und Senf,
  • Gewürzmischungen,
  • Pudding,
  • Schokolade oder Eis.

 

Wichtig: Bei verpackten Lebensmitteln müssen in der Zutatenliste glutenhaltige Zutaten aufgeführt sein. Auch für lose Ware, beispielsweise aus Bäckereien, Metzgereien oder auch aus der Gastronomie, besteht seit 2014 die Pflicht der Allergenkennzeichnung.

Wie erkenne ich glutenfreie Lebensmittel?

Es gibt ein spezielles Prüfsiegel der DZG, das glutenfreie Lebensmittel kennzeichnet – es ist eine durchgestrichene Ähre. Dieses Symbol gilt europaweit. Das Siegel darf auf Lebensmittel aufgebracht werden, die nachweislich einen Glutengehalt von maximal 20 mg pro Kilogramm haben.

Von Natur aus kein Gluten enthalten unter anderem:
 

  • Hülsenfrüchte wie Linsen, Erbsen und Co.
  • Naturbelassene Milchprodukte
  • Reis
  • Kartoffeln und Süßkartoffeln
  • Alle unbehandelten Obst- und Gemüsesorten
  • Pflanzenöle, Margarine und Butter
  • Zucker, Marmelade, Konfitüre, Honig
  • Eier
  • Kaffee, Tee, Wein, Sekt, Mineralwasser
  • Salz und reine Gewürze

Kann ich noch etwas tun?

„Eine Medikation oder spezielle Behandlung der Zöliakie gibt es nicht“, sagt Peter Wark, „es bleibt bislang allein, Gluten zu meiden.“ Allerdings gäbe es eine große deutsche Medikamentenstudie, die erfolgversprechend aussieht: „Wir hoffen auf ein Medikament, das die Symptome eines sogenannten Diätunfalls mindert. Bis zur Zulassung kann es aber noch einige Jahre dauern.“

Wie stark schränkt Zöliakie Betroffene und insbesondere Ältere ein?

„Zöliakie ist in der Bevölkerung nicht richtig bekannt, das schränkt Betroffene noch mehr ein, als sie es ohnehin schon sind“, betont Peter Wark. „Wir haben Erkrankte, die nicht mehr ins Restaurant gehen. Sie müssen immer wieder nach Gluten fragen, ernten teils Unverständnis und werden dann doch immer wieder damit konfrontiert. Denn schon kleine Glutenspuren können teils sehr starke Symptome auslösen.“

Das Unwissen über Zöliakie sei darüber hinaus auch ein sehr kritisches Thema für ältere Menschen: „Sie finden teilweise keine Pflegeeinrichtung, weil die keine glutenfreie Ernährung garantieren kann.“ Auch in der häuslichen Pflege käme es immer wieder zu Problemen. Und bei geplanten Krankenhausaufenthalten rät die DZG sogar dazu, Essen in Form eines Notfallpakets mitzunehmen. Peter Wark: „Wir wünschen uns sehr, dass es mehr Bewusstsein für diese Erkrankung gibt, unter der so viele Menschen leiden.“ Die DZG bietet deshalb auch Schulungen an, etwa für Einrichtungen der Gemeinschaftsverpflegung wie Kita, Schule, Krankenhaus oder Seniorenheim.

Die Deutsche Zöliakie-Gesellschaft e.V.

Die Deutsche Zöliakie-Gesellschaft e.V. hat auf ihrer Website viele Infos zu Zöliakie gesammelt. Sie listet etwa Lebensmittel auf, gibt Einkaufstipps und bietet glutenfreie Rezepte an. Für Mitglieder gibt es Arzt- und Ernährungssprechstunden, Datenbanken mit Ärztekontakten, glutenfreien Restaurants, Senioreneinrichtungen etc. Im Downloadbereich gibt es informative Flyer – zu unterschiedlichen Themen.


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