Mehrgenerationenhaus: Miteinander über Generationen hinweg

Die Anonymität eintauschen gegen die Geborgenheit einer Gemeinschaft. Mehrgenerationenhäuser bieten diese Möglichkeit als Begegnungsstätte, in der Menschen aus unterschiedlichen Generationen und Kulturen zusammenkommen, um füreinander da zu sein und die Gemeinschaft zu stärken.

Was ist ein Mehrgenerationenhaus?

Deutschlandweit gibt es rund 540 Mehrgenerationenhäuser, die vom Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ) gefördert werden (Stand Mai 2020). Das Bundesprogramm Mehrgenerationenhaus. Miteinander – Füreinander wird oft mit dem sogenannten Mehrgenerationenwohnen verwechselt, wobei mehrere Generationen als soziale Wohngemeinschaft unter einem Dach leben. Die vom Bund geförderten Häuser sind vielmehr als offene Treffpunkte für alle Menschen in der Nachbarschaft konzipiert, unabhängig von Alter oder Herkunft. Diese Begegnungsstätten fördern das Miteinander und tragen so auch zur Attraktivität einer Region bei. Das davon abzugrenzende „Mehrgenerationenwohnen“ stellen wir weiter unten noch einmal gesondert vor.

Über 40.000 Menschen (Hauptamtliche und Freiwillige), die sich in den Mehrgenerationenhäusern engagieren, tragen dazu bei, dass die Treffpunkte das gesellschaftliche Leben im regionalen Umfeld stärken – generationsübergreifend und kulturell. Je nach Lage und den Bedürfnissen sind die Angebote vielseitig, sie umfassen beispielsweise:

  • Betreuungs- und Unterstützungsangebote für Pflegebedürftige
  • Krabbelgruppen für Kleinkinder
  • Tauschbörsen
  • Hausaufgabenhilfen für Schulkinder
  • Sprachkurse
  • Integrationsangebote für Menschen mit Migrations- und Fluchtgeschichte
  • Gemeinsame Mittagessen


Zudem gibt es seit 2021 eine Kooperationsvereinbarung für den Sonderschwerpunkt „Förderung der Lese-, Schreib- und Rechenkompetenzen“. Dafür können die einzelnen Mehrgenerationenhäuser einen Sonderzuschuss von 5.000 bis maximal 15.000 Euro beantragen.

Wenn Sie sich in diesem Bereich ehrenamtlich engagieren möchten, informieren Sie sich in einem Mehrgenerationenhaus in Ihrer Nähe, wie Sie sich einbringen können.

Für wen sind die Angebote geeignet?

Das Konzept der Häuser sieht vor, dass alle aus der Nachbarschaft willkommen sind, unabhängig von Alter, Religion, Herkunft und Kultur. Hier können sich alle engagieren, neue Kontakte knüpfen und sich gegenseitig helfen. So unterstützen die Jüngeren vielleicht die Älteren bei Besorgungen oder technischen Fragen und profitieren gleichzeitig von deren Lebenserfahrung beziehungsweise erhalten Unterstützung bei Kinderbetreuung, Jobfragen, Erziehung und Haushalt. Alle Interessierten bringen ihre individuellen Erfahrungen und Fähigkeiten mit. Unabhängig davon, ob die Einrichtung eher in städtischer oder ländlicher Region verortet ist, fördert sie das Miteinander, wie es früher in Großfamilien praktiziert wurde, die unter einem Dach lebten. Mehrgenerationenhäuser beugen Einsamkeit vor und stärken den Zusammenhalt der Nachbarschaft. Von diesem Gemeinschaftsgefühl profitieren alle, die das Angebot annehmen.

Ziel des Bundesprogramms Mehrgenerationenhäuser

Mit der Förderung und dem Engagement für die Häuser verfolgt der Bund vier Ziele, die von allen Seiten berücksichtigt werden:

  • Generationenübergreifende Arbeit
  • Gesellschaftliche Teilhabe
  • Freiwilliges Engagement
  • Sozialraumorientierung


Seit 2021 wird der Blick zudem auf die Stärkung des sozialen Zusammenhalts und der Demokratie, die Förderung digitaler Kompetenzen und des Engagements sowie auf das Thema ökologische Nachhaltigkeit gerichtet.


Gerade in strukturschwachen Gegenden können die Mehrgenerationenhäuser wichtige Arbeit leisten: Mütter und Väter mit kleinen Kindern, die Job und Familie unter einen Hut bringen müssen, können sich auf Unterstützung ebenso verlassen wie Ältere, die etwa einen Arzttermin im nächsten Ort organisieren müssen. Neben praktischer Hilfe stehen auch gemeinsame Unternehmungen im Vordergrund. Häufig gibt es in den Häusern Caféstuben, einen Erzählsalon oder ein Spielzimmer – eben Treffpunkte der Generationen, in denen man Gespräche führt, Zeit miteinander verbringt und Spaß zusammen hat. Das Herzstück der Häuser ist der „Offene Treff“ für Besucherinnen und Besucher unterschiedlicher Altersgruppen und verschiedener Herkunft.

Bitte beachten Sie: Sobald Sie sich das Video ansehen, werden Informationen darüber an Youtube/Google übermittelt. Weitere Informationen dazu finden Sie unter Google Datenschutzerklärung.

Was sind die Vorteile von Mehrgenerationenhäusern?

Prof. Dr. Andreas Kruse, Direktor des Instituts für Gerontologie der Universität Heidelberg sagte in Bezug auf Mehrgenerationenhäuser: „Jüngere Menschen schätzen an älteren Menschen – wenn diese offen sind für neue Erfahrungen und Erkenntnisse, und dies ist ja bei vielen älteren Menschen der Fall – deren Wissenssysteme, deren reflektierte Erfahrungen, das fehlende Konkurrenzdenken. Ältere Menschen übernehmen häufig Mitverantwortung für nachfolgende Generationen. Dieses Generativitätsmotiv kann in seiner Bedeutung für die Lebenszufriedenheit im Alter nicht hoch genug geschätzt werden. Nur eine Attitüde darf sich nicht einschleichen: Dass die eine Generation die lehrende und die andere die lernende sei. Nein: Beide sind Lehrende und Lernende.“ Mehrgenerationenhäuser sind insbesondere für ältere Menschen, die sich einsam fühlen, eine gute Möglichkeit, mit anderen Menschen wieder in Kontakt zu treten. Denn Einsamkeit kann weitreichende negative gesundheitliche Folgen haben. Und wer beispielsweise an Demenz erkrankt ist, sollte Isolation tunlichst vermeiden.

Was ist das Mehrgenerationenwohnen?

Mehr als 40 Prozent aller Haushalte in Deutschland sind heute bereits Single-Haushalte. Zum einen werden die Menschen immer älter und sind häufig auf sich alleine gestellt – das betrifft oft Frauen, die durchschnittlich ein höheres Alter erreichen als Männer. Und zum anderen nimmt auch der Prozentsatz der alleinlebenden Jüngeren stetig zu. Gleichzeitig sind viele Alleinerziehende und junge Familien mit der Kinderbetreuung überfordert. Deshalb schließen sich immer mehr Betroffene in gemeinsamen Wohnprojekten zusammen. Wer mit seinen Kindern, Enkeln oder auch anderen Menschen aus mehreren Generationen unter einem Dach wohnt, lebt natürlich auch in einem Mehrgenerationenhaus – und praktizieren das „Mehrgenerationenwohnen“. Beide Konzepte sind darauf ausgelegt, das generationsübergreifende Miteinander zu fördern. Jedoch tun sie dies auf verschiedene Weise, weshalb sie gesetzlich voneinander unterschieden werden.

Jung und Alt unterstützen sich also auch beim Mehrgenerationenwohnen gegenseitig. Nur, dass sich eben alle Beteiligten einen Wohnraum teilen. Die Konzepte dabei sind ebenfalls vielfältig. Meist leben die Mitbewohnerinnen und Mitbewohner zwar in einem Haus, jede beziehungsweise jeder aber in einer eigenen Wohnung. Es gibt Gemeinschaftsräume und man ist für die oder den anderen da und ansprechbar. Durch klare Regeln kann Konflikten frühzeitig vorgebeugt werden. Und das lohnt sich. Denn die Vorteile liegen klar auf der Hand: Wenn mehrere Generationen in einem Haus leben, können eigentlich alle nur gewinnen. Ein weiteres Plus für Seniorinnen und Senioren: Die Bewohnerinnen und Bewohner bleiben weiterhin unabhängig, können selbstbestimmter im häuslichen Umfeld bleiben und sie fühlen sich durch die soziale Integration länger jung.


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