Was brauchen trauernde Kinder?
Wenn du ein trauerndes Kind begleitest, dann fragst du dich sicherlich, wie du es am besten und altersgerecht in seiner Trauer unterstützen kannst. Tatsächlich ist das gar keine einfache Frage, denn Kinder trauern anders als Erwachsene – und viele Erwachsene sind unsicher, ob und wie genau sie Kinder an das Thema Tod heranführen sollen. Hier erfährst du, wie die Trauerbewältigung bei Kindern abläuft, wann sie den Tod überhaupt verstehen und wie du Fragen beantworten und für sie da sein kannst.
Wie zeigt sich Trauer bei Kindern?
Wenn du ein trauerndes Kind begleitest, dann merkst du sehr schnell, dass Kinder anders trauern als Erwachsene. Die Trauerforscherin Christine Fleck-Bohaumilitzky hat dies beschrieben:
“Die Trauer der Erwachsenen ist wie das Waten durch einen Fluss. Kinder stolpern in Pfützen der Trauer und springen dann wieder weiter.”
Kindliche Emotionen tauchen sehr intensiv und sprunghaft auf - gerade auch in der Trauerbewältigung. In einem Moment weint das trauernde Kind vielleicht, dann jedoch spielt es wieder ganz fröhlich, tobt durch die Gegend aber zieht sich kurze Zeit später in sein Zimmer zurück.. Und dann gibt es eventuell wieder Momente oder mehrere Tage, in denen das Kind für dich gar nicht sichtbar trauert. All das ist vollkommen normal und der fortlaufenden kindlichen Entwicklung geschuldet.
Viele Eltern berichten auch von Wutausbrüchen ihrer Kinder, die unvorhersehbar hervor platzen und jeden und alles treffen können, auch (oder vor allem) wichtige Bezugspersonen. Dies ist eine vollkommen normale kindliche Reaktion auf die emotionale Überforderung, die mit dem Verlust einhergeht.
So schwer das ist: Es ist wichtig, dass du als Elternteil oder Vertrauensperson auch der Wut und Aggression deines trauernden Kindes den nötigen Platz einräumst. Zeige deinem Kind, dass es bei dir mit all seinen Gefühlen willkommen ist und du auch Wut und Aggression aushältst. Je mehr ein Kind seine Gefühle erleben und zeigen darf, desto besser lernt es auch mit ihnen umzugehen.
Wie rede ich mit trauernden Kindern?
Kinder sind neugierig, wissbegierig und haben längst nicht so eine Scheu vor “schwierigen “ Themen wie wir Erwachsene. Die beste Strategie, mit Kindern über Trauer zu sprechen, ist einfach offen und ehrlich zu sein. Bedenke dabei, dass Kinder viel unbefangener mit Themen wie etwa dem Tod umgehen und darin auch kein Tabu sehen, solange ihnen dies von Erwachsenen auch nicht vorgelebt wird.
Kinder haben oft viele Fragen über den Tod – oder stellen dir dutzende Male die gleiche Frage. Bei diesen Fragen geht es gar nicht so sehr darum, dass Fakten oder eine wissenschaftliche Abhandlung erwünscht sind. Vielmehr drückt dies einen Wunsch nach Absicherung und Klärung von Unsicherheiten durch eine vertraute, sichere Person aus. Natürlich kannst du den kindlichen Fragen zum Thema Tod auch durch sensible Gegenfragen begegnen. Dabei geht es nicht darum, die Fragen des Kindes zu vermeiden. Vielmehr kannst du so ganz behutsam die innere Welt, das Erleben und das Vorwissen des Kindes erkunden. Diese Fragen können in etwa so klingen:
- Was hast du schon über den Tod gehört?
- Was glaubst du, wo der Opa jetzt ist?
- Was möchtest du von mir wissen?
Nachdem du eine Frage beantwortet hast, kannst du das Kind fragen, ob ihm die Antwort so ausreicht. Deine Geduld und Offenheit sind dabei viel wichtiger als eine lange, faktenreiche Ausführung..
Soll ich ehrlich sein oder ein Kind lieber schonen?
Sei bitte unbedingt ehrlich mit einem trauernden Kind. Ehrlich sein bedeutet nicht, dass du alles sagen musst, was wahr ist. Aber alles, was du sagst. sollte wahr sein. Natürlich ist der Impuls, ein Kind vor schwierigen und schmerzhaften Dingen beschützen zu wollen, absolut nachvollziehbar. Nur schont man ein Kind nicht dadurch, dass man etwa Dinge sagt wie “der Opa ist eingeschlafen” oder “die Tante ist weggegangen”. Kinder haben sehr feine Antennen; sie spüren die Trauer und Verunsicherung in ihrer Umgebung und merken grundsätzlich sehr schnell, wenn man sie vertröstet, ihre Fragen abtut, nicht ernst nimmt oder wenig schlüssige Antworten gibt. All das kann das Vertrauensverhältnis zwischen euch belasten und das Kind tatsächlich noch mehr verunsichern. Und apropos Vertrauensverhältnis: Genau darin besteht der Schlüssel, ein Kind in seiner Trauer zu begleiten. Du hilfst dadurch, dass du einen sicheren Raum für alle Gefühle und Fragen bietest, achtsam zuhörst, geduldig bleibst und offen und ehrlich antwortest.
Vielleicht fragst du dich auch, wie ehrlich du mit deiner eigenen Trauer vor deinem Kind sein sollst. Wenn du traurig bist, dir der Verlust sehr nahe geht und du weinen möchtest, dann zeig’ das ruhig vor deinem Kind. So demonstrierst du auch, dass es gut ist, seine Gefühle zuzulassen. Gleichzeitig ist es aber natürlich wichtig, dass du auch in deiner eigenen Trauer auf die kindlichen Bedürfnisse Rücksicht nimmst und z.B. Sorge dafür trägst, dass Routinen so weit wie möglich aufrecht erhalten werden. Uns ist bewusst, dass dies sehr herausfordernd sein kann, wenn du selbst enorm unter einem Verlust leidest. In diesem Fall möchten wir dich ermutigen, dir all die notwendige Unterstützung zu suchen, die ihr jetzt braucht – im privaten Kreis, durch die Online-Beratung oder vielleicht sogar in Form einer professionellen Trauertherapie.
Ab wann begreifen Kinder überhaupt den Tod?
Etwas, das dir dabei helfen kann, ein Kind bei der Trauerbewältigung zu begleiten, ist, dir ein genaueres Bild davon zu machen, was der Tod in den verschiedenen Phasen der Kindheit überhaupt bedeuten kann.
Genauso wie sich dein Kind jeden Tag weiterentwickelt und gefühlt um zwei Kleidergrößen pro Monat wächst, unterliegt auch die kindliche Vorstellung vom Tod einem fortlaufenden Reifungsprozess. Dies lässt sich natürlich grob kategorisieren, jedoch solltest du bedenken, das Kinder gleichen Alters nicht zwangsläufig auf dem gleichen Entwicklungsstand sind.
Babys und Kleinkinder
Babys und Kleinkinder haben in der Regel noch keinerlei Verständnis vom Tod, reagieren aber sehr wohl auf die Trennung von ihren Bezugspersonen und registrieren ebenso, wenn in ihrem Umfeld emotionale Belastungen (etwa durch Trauer) herrschen.
Vorschulkinder (3 bis 6
Jahre)
Vorschulkinder (3 bis 6 Jahre) kennen bereits das Wort “tot” und assoziieren damit u.a. Dinge wie Dunkelheit, Schlaf, eine Reise, aber begreifen nicht vollends, dass es sich dabei um etwas tatsächlich Endgültiges handelt.
Grundschulkinder (6 bis 9
Jahre)
Grundschulkinder (6 bis 9 Jahre) entwickeln langsam ein komplexeres und konkreteres Verständnis davon, was der Tod ist, was mit Toten passiert und dass auch sie und die Menschen um sie herum sterben können. (Dies kann mit Ängsten verbunden sein.)
Schulkinder (9 bis 12
Jahren)
Im Alter von 9 -12 Jahren haben Kinder oft schon eine erstaunlich klare Vorstellung davon, was auf körperlicher Ebene passiert, wenn ein Mensch stirbt und erkennen, dass der Tod unausweichlich ist.
Jugendliche
Jugendliche sind hinsichtlich ihres Verständnis vom Tod – und den entstehenden Ängsten und Sorgen – sehr nah bei dem von Erwachsenen.
Wir hoffen, wir konnten dir mit diesen Informationen und Anregungen zur Trauerbewältigung von Kindern weiterhelfen. Eigentlich ist die Essenz ganz einfach. Zeig einem trauernden Kind, dass es mit all seinen Fragen, Ängsten und Gefühlen bei dir willkommen ist – ganz egal, ob es zum zehnten Mal die gleiche Frage stellt oder dich in einem Wutausbruch anschreit. Durch deine Bereitschaft, ein trauerndes Kind ernst zu nehmen und dort abzuholen, wo es gerade steht, gibst du ihm das, was es jetzt braucht: Vertrauen, Wertschätzung, Sicherheit. Wenn du selber auf diesem Weg Unterstützung brauchst, dann gibt es für dich verschiedene Angebote, die dir weiterhelfen können. Schau in unserer Online-Trauerberatung vorbei oder informiere dich über professionelle Hilfsangebote für Trauernde