5 Dos und Don’ts im Umgang mit trauernden Menschen
Was soll man eigentlich zu Trauernden sagen – und was auf keinen Fall? Wie kannst du dein Mitgefühl mit einer trauernden Person richtig ausdrücken?
- Nichts sagen oder aktiv den Kontakt suchen
- Ratschläge geben oder konkrete Unterstützung
- Ungeduldig werden oder der Trauer Zeit einräumen
- Positivität erzwingen oder Schmerz aushalten
- Die eigene Verlustgeschichte erzählen oder dem Trauernden Raum geben
Don’t: Gar nichts sagen
Wenn jemand in deinem Umfeld trauert – ganz gleich, ob dies deine Arbeitskollegin, dein bester Freund oder eine Verwandte ist – kann es ganz schön schwer sein, zu wissen, wie man reagieren und was man eigentlich sagen soll. Groß ist die Angst, dass man es eventuell noch schlimmer macht oder einfach voll daneben greift. Viele Menschen spüren daher eine richtige Blockade hinsichtlich der Kommunikation mit Trauernden. Auch, wenn sie eigentlich etwas sagen, gute Wünsche übermitteln, ihr Mitgefühl ausdrücken oder sich einfach mal wieder melden wollten: Die richtigen Worte zu finden ist kein leichtes Unterfangen.
Natürlich sind diese Schwierigkeiten absolut verständlich: Wir reden in unserer Gesellschaft kaum über Trauer und darüber, wie man richtig mit vermeintlich negativen Gefühlen umgeht. Da ist es kein Wunder, dass du dich vielleicht hilflos im Umgang mit Trauernden fühlst und schlichtweg nicht weißt, wie du tröstende oder mitfühlende Worte formulierst. Andererseits berichten viele Trauernde darüber, dass sie sich unglaublich einsam fühlen – einsam, da zu dem schmerzlichen Verlust noch dazu kommt, dass sich die Menschen um sie herum zurückziehen und aus eigener Hilflosigkeit einfach gar nichts sagen.
Do: Aktiv den Kontakt suchen
Wenn du nicht weißt, was du sagen sollst, dann ist es vollkommen okay, das auch so auszudrücken! Du musst keine Antworten oder Lösungen haben. Viel wichtiger ist, dass du einfach da bist und das immer wieder zeigst. Trauer ist wirklich eine Ausnahmesituation, auf die die meisten von uns nicht gut vorbereitet sind: Nicht nur die Trauernden selbst, sondern ebenso für die Menschen in ihrem Umfeld. Ein guter Anfang ist daher generell, erst einmal den Verlust anzuerkennen und auszudrücken, dass dies eine wirklich unglaublich schwierige und schmerzhafte Situation ist – und du dich trotzdem nicht von dem trauernden Menschen abwendest. Das kann in etwa so klingen:
,,Ich weiß gar nicht, was ich sagen soll. Das ist so ein schlimmer Verlust."
Gerade in der ersten Zeit (aber nicht unbedingt nur dann) fühlen sich viele Trauernde vielleicht überfordert. Nimm es daher nicht persönlich, wenn du eine liebe Nachricht geschrieben hast, aber keine direkte Antwort bekommst. Das heißt nicht, dass du nicht die richtigen Worte gefunden hast, sondern zeugt wahrscheinlich einfach davon, dass der Trauernde all seine Kraft braucht zum überleben, funktionieren, weitermachen. Viele Trauernde wissen es aber durchaus zu schätzen, wenn man auch mehrmals ganz ohne Druck nachhakt, denn schließlich dauert Trauer eine ganze Weile:
,,Ich wollte mich einfach nochmal melden und fragen, wie es dir heute geht. Keine Sorge, wenn gerade alles zu viel ist und du mir jetzt nicht antworten kannst.”
Ganz wichtig: Mit einem Angebot wie “ruf mich jederzeit an” tun sich viele Trauernde schwer, oder haben Sorge anderen zur Last zu fallen. Eine bessere Alternative ist, selbst immer wieder aktiv auf den Trauernden zuzugehen. Kurzum: Ruf lieber direkt an, als auf den Anruf zu warten.
Don’t: Ratschläge geben
Es ist sehr schwer, direkt mit dem Schmerz und dem Leid eines anderen Menschen konfrontiert zu sein. Natürlich möchten wir vor allem eines: Helfen. Viele von uns verspüren dann fast automatisch den Impuls, Hilfe in Form von Ratschlägen anzubieten – als wenn Trauer ein Problem wäre, das gelöst werden muss. Diese vermeintlichen Lösungen und Ratschläge basieren zudem oft darauf, was wir glauben, das “richtig” oder “falsch” im Trauerprozess ist. Das kann in etwa so klingen:
,,Du musst loslassen”
,,Du solltest mal wieder unter Leute gehen”
,,Du musst dich ablenken”
,,Du musst weinen”
Egal, wie gut das gemeint ist: Trauernden hilft man damit nur wenig bis gar nicht. Trauer ist schließlich auch kein Problem, das gelöst werden muss, sondern ein normaler und wichtiger Prozess, den jeder anders und ganz individuell durchlebt. In diesem Prozess gibt es kein richtig oder falsch und definitiv kein “muss”! Vielmehr fühlen sich Trauernde von derartigen Ratschlägen bewertet, unter Druck gesetzt oder einfach nicht gesehen.
Do: Fragen stellen, konkrete Unterstützung anbieten
Dass du helfen möchtest, ist toll und beweist dein Mitgefühl. Am besten tust du dies jedoch, indem du der Person dort begegnest, wo sie heute steht. Das klingt kompliziert? Keine Sorge, du musst keine Gedanken lesen. Der Königsweg ist hier sogar ganz einfach: Nachfragen! Wenn du dann noch der Person mit Offenheit und ehrlichem Interesse an ihrem Erleben und ihrer Situation begegnest, ihren Antworten vor allem zuhörst und ohne Bewertung mit-fühlst, dann bist du mit Sicherheit auf der richtigen Seite. Vor allem geht es nämlich darum, dem Trauerprozess und dem Menschen Raum zu geben. Mögliche Fragen sind etwa:
,,Wie fühlst du dich heute?”
,,Wie darf ich dich unterstützen?”
,,Was brauchst du heute?”
,,Was hat sich seit unserem letzten Gespräch verändert?”
Da zu sein ohne Ratschläge zu geben, heißt natürlich nicht, dass du keine konkreten Hilfsangebote machen kannst. Das ist sogar eine schöne Idee, denn viele Trauernde finden allein die Bewältigung des Alltags sehr herausfordernd. Was die Person benötigt oder womit du ihr hilfst, hängt natürlich ganz von ihren Bedürfnissen ab. Je konkreter dein Angebot ist, desto leichter ist es für einen überforderten Trauernden, es auch anzunehmen. Hier sind einige Vorschläge:
,,Soll ich dir diese Wochenende einen Topf Suppe vorbeibringen?”
,,Wollen wir uns nächste Woche Dienstag gemeinsam den Papierkram anschauen?”
,,Soll ich morgen zwei Stunden mit den Kindern auf den Spielplatz gehen?”
,,Darf ich dich Sonntag zu einem Spaziergang abholen?”
Don’t: Ungeduldig werden
Ganz hartnäckig hält sich der Mythos, dass Trauer eine bestimmte Zeit anhält und dann vorbei ist. Immer wieder hören wir in der Trauerbegleitung Sätze wie “Trauer dauert ein Jahr” oder “nach X Jahren muss man damit abgeschlossen/losgelassen haben”. Dazu können wir direkt sagen: Das ist Quatsch.
Wenn du dich ein bisschen mit dem Thema Trauer beschäftigt hast, dann hast du vielleicht auch schon davon gehört, dass einige Psychologen Modelle von “Trauerphasen” entwickelt haben. (Es gibt verschiedene.) Wenn du vor dem Hintergrund dieser Modelle das Gefühl hast, ein Trauernder kommt im Trauerprozess nicht schnell voran oder steckt in einer bestimmten Phase fest, möchten wir dich bitten, Folgendes zu bedenken: Trauernde durchlaufen die verschiedenen Phasen der Trauer nicht unbedingt nacheinander und auch nicht in einem festgelegten Zeitraum. Es ist eben auch nur ein Modell – ein Schema, das das Erleben einiger, aber eben nicht aller Menschen abbildet. Ungeduld hingegen hilft niemandem weiter, vor allem auch nicht dem Trauernden.
Do: Der Trauer Zeit einräumen
Trauer dauert nicht nur mitunter sehr lange, sondern geht im Grunde auch nie ganz vorbei. Vielmehr lernen Menschen, mit einem Verlust und seinen Konsequenzen weiterzuleben. Der Prozess des Trauerns, in dem man zu grundsätzlicher Akzeptanz gelangt, kann durchaus zwei bis fünf Jahre dauern. Aber auch lange danach, viele Jahre später, kann immer wieder eine neue Welle der Trauer den Trauernden überfluten. Das ist vollkommen normal.
Wenn du für einen Trauernden da sein willst, dann ihm die Möglichkeit, mit seiner Trauer Raum einzunehmen. Dies kann viel länger dauern, als du erwartet hattest, aber das heißt nicht, dass etwas falsch an der Art ist, wie die Person trauert oder dass sie die Trauerphasen zu langsam durchläuft. Trauer ist einfach ein individueller und teils sehr zeitintensiver Prozess, den du als Außenstehender am besten durch Geduld und Da-sein begleitest.
Wenn du dir wirklich Sorgen um einen Trauernden machst, der zum Beispiel gar nicht mehr aus seiner Verzweiflung hinauskommt, dann kannst du ihm natürlich auch ganz einfühlsam das Angebot unterbreiten, ihn bei der Suche nach einem passenden Hilfsangebot zu unterstützen und die notwendigen Schritte mitzugehen. Welche professionellen Hilfsangebote es gibt und wie man zum Beispiel eine Trauertherapie beginnt, haben wir im letzten Modul aufgeführt.
Don’t: Positivität erzwingen & Trauernde vertrösten
Wir alle kennen die gut gemeinten Sätze, die den Blick vom Schmerz der Gegenwart auf eine positive Zukunft lenken wollen:
,,Die Zeit heilt alle Wunden”
,,Es gibt für alles einen Grund”
,,Das Leben geht weiter”
,,Das wird schon wieder”
Oder etwa nach einer Fehlgeburt auch gerne: ,,Du bist doch noch jung, beim nächsten Mal klappt’s bestimmt”
Sagen wir ganz direkt wie es ist: Das ist Vertrösten, aber definitiv kein Trost.
Für einen Trauernden gibt es nämlich keinen Silberstreif am Horizont, egal wie sehr du darauf pochst und der Person auch ehrlich wünschst, dass bald alles wieder gut ist. Leider erreichst du damit meistens eher das Gegenteil: Trauernde fühlen sich von vermeintlich positiven Sätzen nicht wahrgenommen, nicht verstanden und noch einsamer in ihrem Leid.
Do: Schmerz aushalten & Trost spenden
Eigentlich kann man Trauernde nicht wirklich trösten. Ganz platt gesagt: Es wird ja nicht wieder gut davon, dass wir einen oder mehrere Kuchen backen oder die richtigen Worte finden. Der Verlust ist nach wie vor da. Wenn wir diese Realität mit ihrem Schrecken anerkennen und nicht reflexmäßig in Zuckerwatte hüllen, stürzt dies den Trauerenden nicht etwa in noch größere Verzweiflung, sondern hilft eher dabei, dass er sich verstanden und so etwas weniger einsam in seiner Trauer fühlt.
An dieser Stelle es ist wichtig, dass wir unsere eigene Hilflosigkeit aushalten und den Schmerz der anderen Person “aushalten”, ohne Lösungen zu finden oder auf eine rosige Zukunft hinzuweisen. Oftmals ist die beste Unterstützung, die wir bieten können, unser offenes Ohr, unsere Anwesenheit, unser Mitgefühl und unser Eingehen auf individuelle Bedürfnisse.
Wie kann das aussehen? Ermutige die Person zum Beispiel, in sich hineinzuspüren, was sie gerade braucht. Vielleicht möchte der Trauernde an einem Tag weinen, über den Verlust sprechen und gemeinsam eine Kerze mit dir anzünden, wünscht sich aber ein paar Wochen später einen “trauerfreien Moment”, in dem ihr etwas Schönes unternehmt. (Oder andersrum!) Am besten spenden wir Trost und drücken unser Mitgefühl aus, indem wir einfach für die Person da sind, ihren Schmerz aushalten und ihr helfen, ihr heutiges Bedürfnis wahrzunehmen – egal, in welche Richtung es geht und ganz ohne Bewertung.
Don’t: Die eigene Verlustgeschichte erzählen
In der Konfrontation mit Trauernden haben viele Menschen den Impuls, ihre eigene Verlustgeschichte im Detail zu erzählen und so ihr Mitgefühl auszudrücken. Natürlich ist die Intention dahinter eine wirklich liebe: Wir möchten zeigen, dass wir verstehen, wie Trauer sich anfühlt.
Leider kann jemand, der gerade einen schlimmen Verlust erlitten hat und noch mitten im Schock und in der Verzweiflung steckt, selten etwas mit so einer Geschichte anfangen. Dies ist einfach nicht der richtige Moment: Der Mensch ist zu aufgerieben und hat in sich keinen Platz für die Geschichte von anderen.
Do: Dem Trauernden Raum geben
Jetzt geht es erst einmal ganz um den Trauernden, nicht um dich. Wenn eine Person trauert, dann gib’ ihr Raum in dieser Ausnahmesituation. Höre ihr zu, frag’ sie nach ihren Bedürfnissen, worüber sie sprechen möchte und was sie braucht. Zeig der Person, dass sie ihre Trauer “mitbringen” darf und so willkommen ist, wie sie sich fühlt und nicht noch emotionale Arbeit an deiner Trauergeschichte leisten muss.