Neurodegenerative Erkrankungen: Wenn das Gehirn abbaut

Auch im Alter kann das Gehirn nachlassende Funktionen normalerweise ausgleichen. Bei einer neurodegenerativen Erkrankung sieht das anders aus. Dabei werden kontinuierlich Nervenzellen zerstört, bis ganze Hirnbereiche ihre Funktionen verlieren. Wir haben für Sie die wichtigsten Informationen zu Erkrankungen wie Demenz, Alzheimer und Parkinson zusammengefasst.

Was sind neurodegenerative Erkrankungen?

Gehirnzellen sind einerseits sehr robust und langlebig. Werden sie aber beschädigt, können sie sich nur schwer erholen, oft aber auch gar nicht. Dann sterben sie frühzeitig ab. Dieser Prozess heißt Neurodegeneration. Bei einer neurodegenerativen Erkrankung gehen nach und nach Nervenzellen verloren, bis schließlich ganze Bereiche des Gehirns nicht mehr funktionsfähig sind. Das führt dazu, dass Betroffene bestimmte motorische oder mentale Fähigkeiten verlieren. Dies geht mit einem frühzeitigen Tod einher, denn leider ist dieser Degenerationsprozess nicht umkehrbar. Das bedeutet: Neurodegenerative Erkrankungen gelten nach heutigem Stand als unheilbar. Je nachdem, wie und wo Nervenzellen im Gehirn zerstört werden, ergeben sich verschiedene Krankheitsbilder.

Welche neurodegenerativen Krankheiten gibt es?

Unter den Sammelbegriff fallen verschiedene Krankheiten. Zu den bekanntesten gehören: Demenz, Alzheimer, Parkinson, Chorea Huntington und die ALS-Krankheit. Alle Erkrankungen bedeuten eine massive Belastung für die Betroffenen und deren Angehörige. Im Folgenden haben wir für Sie das Wichtigste der häufigsten neurodegenerativen Erkrankungen zusammengefasst:

Demenz und Alzheimer

Expertinnen und Experten schätzen, dass heutzutage rund 1,5 Millionen Menschen in Deutschland von einer Demenz betroffen sind. Mit rund 80 Prozent machen Demenzerkrankungen den Großteil unter den neurodegenerativen Erkrankungen aus. Es gibt viele verschiedene Arten, eine davon ist die frontotemporal Demenz auch als Morbus Pick bekannt. Die Nervenzellen in Stirn- und Schläfenlappen werden zerstört, was zu Veränderungen der Persönlichkeit und Verhaltensweisen führt. Bei den meisten Menschen tritt die Erkrankung vor dem 60. Lebensjahr auf. Der US-Schauspieler Bruce Willis war 68 Jahre alt, als er Anfang 2023 seine Karriere wegen einer frontotemporal Demenz beenden musste.

Zu der häufigsten Formen der Demenz gehört die Alzheimer-Erkrankung. Sie macht ungefähr zwei Drittel aller Demenzerkrankungen aus. Die ersten Anzeichen treten üblicherweise im Alter zwischen 50 und 60 Jahren auf. Wichtige Teile der Großhirnrinde werden nach und nach zerstört. Die Folge sind Gedächtnisschwund, Sprachstörungen und motorische Störungen. Mehr über Demenz und wo Betroffene und Angehörige Hilfe bekommen, lesen Sie in diesem Artikel.

Parkinson-Krankheit

Der Schauspieler Michael J. Fox war erst 29 Jahre alt, als er die Diagnose Parkinson erhielt. Da hatte er bereits einen Tremor in der Hand. Dieses Zittern im Ruhezustand gehört zu den typischen Symptomen der Parkinson-Krankheit. Bei den meisten Menschen treten die ersten Anzeichen ab dem 50. Lebensjahr auf. Nach Alzheimer ist die Parkinson-Erkrankung die zweithäufigste der neurodegenerativen Erkrankungen. Hierbei werden Zellen zerstört, die für die Produktion von Dopamin verantwortlich sind. In der Folge kommt es zu einem akuten Dopaminmangel, der sich vor allem auf die Motorik auswirkt. Die Bewegungen verlangsamen sich, die Extremitäten werden steif und die Muskeln zittern im Ruhezustand vor allem in den Händen. Hinter dem nachfolgenden Link haben wir die wichtigsten Infos zum Thema Parkinson für Sie zusammengefasst.

Chorea Huntington

Die Huntington-Erkrankung geht auf einen Gendefekt zurück und ist damit ausschließlich erblich bedingt. Wie bei Parkinson sind ebenfalls jene Nervenzellen betroffen, die an der Steuerung von Bewegungsabläufen beteiligt sind. Die Betroffenen zeigen ausladende Bewegungen, die wie ein Tanz wirken können. Da viele Hirnbereiche an mehr als nur einer Aufgabe beteiligt sind, verändert sich bei der Huntington-Krankheit oft auch das Sozialverhalten der Betroffenen.

ALS-Krankheit

ALS steht für amyotrophe Lateralsklerose. Betroffen sind Nervenzellen, die Gehirn und Muskulatur miteinander verbinden. Sterben diese Zellen, kann das Gehirn die Muskulatur nicht mehr ansteuern. Das führt zu Lähmungen, die im fortgeschrittenen Stadium auch die Atemmuskulatur betreffen können und zum Tode führen. ALS tritt üblicherweise zwischen dem 50. und 70. Lebensjahr auf.

Daten, Zahlen, Fakten zum Gehirn

Das menschliche Gehirn besteht aus etwa 100 Milliarden Nervenzellen. Jede Gehirnzelle hat schätzungsweise 1.000 bis 10.000 Verbindung zu anderen Zellen. Das sind rund 100 Billionen Kontaktpunkte, die dafür sorgen, dass höchst komplexe Vorgänge gleichzeitig stattfinden. Damit ist unser Gehirn leistungsfähiger als jeder Super-Computer. Nervenzellen sind sehr robust, können sich aber nur schwer bis gar nicht regenerieren, wenn sie verletzt werden.

Wie werden diese Krankheiten erkannt?

So unterschiedlich die Krankheitsbilder sind, so unterschiedlich ist auch die Diagnose. Was neurodegenerative Erkrankungen gemeinsam haben, ist der Verlust von Nervenzellen vorwiegend in einem abgegrenzten Bereich des Gehirns. Da unterschiedlichen Bereiche des Gehirns für unterschiedliche Prozesse im Gehirn und Körper zuständig sind, können die Ausfallerscheinungen sowohl körperlich als auch mental sein. Bei der frontotemporalen Demenz treten schon im frühen Stadium Persönlichkeits- und Verhaltensänderungen auf. Bei Alzheimer sind vor allem das Gedächtnis und die Orientierung gestört. Bei Parkinson, Chorea Huntington und ALS ist vor allem die Motorik betroffen.

Spezialisierte Ärztinnen und Ärzte können anhand der Symptome erkennen, um welches neurodegenerative Störungsbild es sich handeln könnte. In allen Fällen sind weitere Tests nötig. Bildgebende Verfahren wie ein MRT des Gehirns können schon in früheren Phasen anzeigen, in welchen Bereichen die Nervenzellen verloren gehen. Bei Parkinson beginnt der Verfall der Nervenzellen im Mittelhirn. Bei Alzheimer ist der Hippocampus betroffen. Zusätzlich kommen bei den unterschiedlichen Formen der Demenz psychologischen Tests, neurologischen Untersuchungen und Bluttests zum Einsatz.

Wer ist betroffen?

Mit der allseits steigenden Lebenserwartung steigt auch das Risiko für neurodegenerative Erkrankungen im Alter. Das gilt vor allem für die am häufigsten verbreitete Alzheimer-Demenz. Bis zum Alter von 65 Jahren liegt das Krankheitsrisiko bei nur einem Prozent. Ab 65 Jahren steigt es auf fünf bis 10 Prozent und ab 80 Jahren liegt das Risiko für Alzheimer bei 30 Prozent. Frauen sind häufiger betroffen als Männer. Von Parkinson und ALS sind dagegen etwas häufiger Männer betroffen. Die Diagnose Parkinson wird am häufigsten im Alter zwischen 50 und 60 Jahren gestellt und ALS zwischen 60 und 70 Jahren. Neben dem Alter ist eine genetische Veranlagung ein weiterer Risikofaktor. Personen mit neurodegenerativen Erkrankungen in der Familie haben ein erhöhtes Risiko, selbst zu erkranken.

Da es sich bei Chorea Huntington ausschließlich um eine erblich bedingte Krankheit handelt, können die Symptome schon weitaus früher auftreten. Einige Menschen erkranken schon in der Jugend zwischen dem 13. und 20. Lebensjahr, andere sind zwischen 30 und 60 Jahren. Die Krankheit tritt bei keinem der Geschlechter häufiger auf als bei dem anderen.

Wie sehen Therapien aus?

Bisher ist keine Heilung für neurodegenerative Erkrankungen möglich. Eine Therapie kann die Ursache also nicht beheben. Es ist aber möglich, den Verlauf der meisten Erkrankung zu verlangsamen oder die Symptome zu lindern, um die Lebensqualität der Betroffenen zu verbessern. So wird beispielsweise bei Parkinson eine Form von Dopamin als Medikament verabreicht, um den Dopaminverlust auszugleichen. Auch bei Alzheimer lindern Medikament die Symptome. Darüber hinaus hilft den Betroffenen unter anderem eine Psychotherapie für einen besseren Umgang mit der Erkrankung sowie Physiotherapie für eine bessere Mobilität. Das Deutsche Zentrum für Neurodegenerative Erkrankungen (DZNE) und viele weitere Einrichtungen in Deutschland und weltweit forschen an den Ursachen, um irgendwann vielleicht eine Möglichkeit zu finden, neurodegenerative Krankheiten zu heilen.


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