Auf zur Uni! Bildungsmöglichkeiten im Alter

Der Australier Allan Stewart war 97 Jahre alt, als er seinen Abschluss in Medizin machte. Der deutsche Germanist Josef Jacobs schrieb seine Doktorarbeit, als er stolze 100 Jahre alt war. Das Seniorenstudium wird immer beliebter. Wir zeigen Ihnen, welche Bildungsmöglichkeiten es für Seniorinnen und Senioren gibt.

Was bringt ein Studium mit Ü60?

Ein Leben lang zu lernen, wird überall angepriesen. Inzwischen weiß die Wissenschaft, dass dies ohne Probleme möglich ist (siehe Infokasten weiter unten). Warum also nicht auch nach dem Arbeitsleben noch studieren? Es gibt viele Gründe für ein Studium in höherem Alter – oder vielleicht gerade wegen des höheren Alters. Immerhin haben Sie ein Berufsleben hinter sich und bringen jede Menge Lebenserfahrung mit. Mit einem Studium können Sie an bereits vorhandenes Wissen anknüpfen oder ein völlig neues Thema erschließen. Vielleicht haben Sie sich schon immer für die Archäologie, Literatur oder Musik interessiert? Für so manch einen geht mit dem Studium ein lang gehegter Traum in Erfüllung. Übrigens haben Lernen und Studieren tolle Nebeneffekte: Sie halten die kleinen, grauen Zellen fit und erweitern ihre Sozialkontakte.

Für ein Universitätsstudium in Deutschland gibt es grundsätzlich keine Altersbeschränkung. Inzwischen ist ein Abitur auch nicht mehr zwingend notwendig. Stattdessen werden häufig eine abgeschlossene Berufsausbildung und Berufserfahrung für die Zulassung zum Studium anerkannt. Teilweise gibt es vorher eine Eignungsprüfung. An manchen Universitäten studieren Sie zunächst für ein oder zwei Semester auf Probe, bevor Sie tatsächlich zugelassen werden. Wenn Sie sich nicht gleich für mehrere Jahre einem Studium verschreiben möchten oder die Zugangsvoraussetzungen nicht erfüllen, gibt es speziell für ältere Menschen das sogenannte Seniorenstudium.

Was ist das Seniorenstudium?

Ein einheitliches Seniorenstudium gibt es nicht. Der Begriff ist eher zu verstehen als ein Überbegriff für die wissenschaftliche Weiterbildung für Menschen über 50 Jahre. Dennoch bieten einige Universitäten das sogenannte Seniorenstudium oder eine Seniorenakademie an. Die Organisation ist abhängig von der Hochschule. An einigen Universitäten handelt es sich beim Seniorenstudium um ein Studium Generale. Das bedeutet, dass sie alle öffentlich zugänglichen Veranstaltungen mit einer Gasthörerschaft besuchen. Damit bekommen Sie einen Einblick in viele verschiedene Fachbereiche. Sehr tiefgehend ist dieses Studium Generale allerdings nicht. Einige Universitäten bieten spezielle Veranstaltungen und Treffs ausschließlich für Seniorinnen und Senioren an, wie die Westfälische Wilhelms-Universität in Münster.

Was kostet ein Seniorenstudium und wie melde ich mich an?

Die Studiengebühren sind unterschiedlich und richten sich danach, wie viele Veranstaltungen Sie besuchen möchten. Dazu kommt, dass jedes Bundesland unterschiedliche Gebühren für ein Studium erhebt. Rechnen Sie mit 100 und 300 Euro pro Semester. Dazu kommen eine Immatrikulationsgebühr von 40 bis 80 Euro sowie die Anschaffungskosten für Literatur, Büro- und andere Unterrichtsmaterialien.

Außerdem müssen Sie sich anmelden, also immatrikulieren. Das machen Sie entweder persönlich im Büro für Studierende oder online. Wichtig ist, die Fristen für die Einschreibung zu beachten. In der Regel gibt es zwei Stichtage: die Einschreibungsfrist für das Wintersemester und die für das Sommersemester. Erkundigen Sie sich auf der Internetseite Ihrer Wunschuniversität oder rufen Sie im Studierendenbüro an, um die Termine zu erhalten.

Ist Lernen im Alter schwieriger?

Sicherlich kennen Sie den Spruch: „Was Hänschen nicht lernt, lernt Hans nimmermehr.“

Stimmt nicht! Inzwischen ist es wissenschaftlich belegt, dass wir bis ins hohe Alter neue Dinge lernen können. Das liegt daran, dass unser Gehirn stetig neue Nervenzellen bildet, die sich zu neuen Netzwerken miteinander verknüpfen. Wenn Sie morgen damit anfangen, Spanisch zu lernen oder Gitarre zu spielen, dann fördern Sie damit die Bildung neuer Nervenzellen. Der einzige Unterschied zu jungen Menschen ist: Mit steigendem Alter dauert dieser Prozess allerdings etwas länger. Darum fällt es uns mit 17 Jahren leichter, zum Beispiel eine Fremdsprache zu lernen als mit Mitte 30 oder über 60 Jahren. Es ist aber grundsätzlich möglich!

Studieren mit der Gasthörerschaft

Mit der Gasthörerschaft sind Sie in den Regelbetrieb der Uni integriert. Das heißt, Sie besuchen gemeinsam mit den jüngeren Studierenden Vorlesungen oder Seminare. Da die meisten Universitäten allerdings überlaufen sind, stehen Seniorinnen und Senioren oft nur ausgewählte Veranstaltungen zur Verfügung und diese auch nur dann, wenn noch Plätze frei sind. Das kann schnell zu Enttäuschungen führen, wenn Sie die Semestergebühren bezahlt haben, dann aber doch nicht in Ihre gewünschte Vorlesung gehen können. Bessere Chancen haben Sie in den sogenannten Orchideen-Fächern. Das sind Fachrichtungen, die seltener studiert werden wie Archäologie, Keltologie oder Onomastik, was die Namensforschung meint. Sowohl beim Seniorenstudium als auch bei der Gasthörerschaft müssen Sie keine Prüfungen ablegen oder Klausuren schreiben. Damit sind Sie frei von jeglichem Leistungsdruck. Allerdings erhalten Sie keinen akademischen Abschluss.

Was ist das Zertifikatsstudium für Seniorinnen und Senioren?

Das Studium mit Zertifikat speziell für ältere Menschen gibt es noch nicht sehr häufig in Deutschland. Das Ziel liegt in der Regel darin, spezielles Wissen für bürgerliches Engagement wie ein Ehrenamt zu erwerben. Dabei handelt es sich um einen strukturierten Studiengang mit festgelegten Veranstaltungen sowie unterschiedlichen Schwerpunkten, die Sie selbst wählen. Die Dauer beträgt durchschnittlich vier Semester, also zwei Jahre. Sie schreiben eine Abschlussarbeit und erhalten bei Erfolg ein Zertifikat. Diese Studienform speziell für Ältere bieten unter anderem die Technische Universität Berlin, die TU Dortmund und die Frankfurter Goethe Universität unter dem Begriff „Universität des 3. Lebensalters“ an.

Fernstudium und weitere Bildungsmöglichkeiten

Nicht allen Seniorinnen und Senioren sind körperlich so fit, dass Sie eine Universität besuchen können. Vielleicht gibt es Ihren gewünschten Studiengang auch gar nicht in Ihrer Nähe? Mit einem Fernstudium lernen Sie selbstständig und das hauptsächlich online. In der Regel bekommen Sie die Lehrmaterialien zu Beginn des Semesters per Post zugeschickt. Teilweise wird Lernstoff per Videos vermittelt, die Sie sich auf der Internetseite der Fernhochschule ansehen. Wenn Sie Hilfe bei der Einrichtung Ihres Laptops oder Ihres Computers benötigen, zögern Sie nicht, Verwandte oder Freunde um Hilfe zu bitten. Der Vorteil des Fernstudiums ist die hohe Flexibilität. Sie arbeiten die Materialien innerhalb des Semesters in Ihrem eigenen Tempo durch. Zudem gibt es regelmäßige Besprechungstermine per Videokonferenz mit Dozentinnen und Dozenten, um Fragen oder Schwierigkeiten zu besprechen. Teilweise gibt es auch Präsenztermine.
Für ein Fernstudium sollten Sie gut organisiert und diszipliniert sein, da Sie beim Lernen auf sich selbst gestellt sind. Zudem fehlt hierbei der Austausch mit Ihren Mitstudierenden. Ist Ihnen ein akademischer Abschluss wichtig, sollten Sie sich auf der Internetseite der Fernuniversität Hagen umsehen. Dies ist die einzige Fernuni, deren Abschlüsse staatlich anerkannt sind. Hier haben Sie die Möglichkeit, auch ohne Abitur zu studieren.

Möchten Sie in Themen hineinschnuppern oder ganz gezielt Kenntnisse und Fähigkeiten erlernen oder erweitern, dann sind die Volkshochschulen eine gute Anlaufstelle. Hier finden Sie Kurse aus allen Bereichen wie Karriere, Gesellschaft und Politik, Fremdsprachen, Kunst und Kultur, Sport und Gesundheit. Es gibt viele Präsenzkurse, aber auch Online-Kurse. Hier können Sie zwar keine akademische Ausbildung machen, dafür bilden Sie sich für wenig Geld zusammen mit anderen Menschen weiter, also auch ein guter Ort, um Kontakte zu knüpfen. Informationen finden Sie auf der Internetseite der Volkshochschule in Ihrer Nähe sowie direkt vor Ort.

Forderung einer Nationalen Bildungsstrategie der BAGSO

Die Bundesarbeitsgemeinschaft der Seniorenorganisation (BAGSO) setzt sich für die Belange und Interessen von älteren Menschen ein. Ziel der Arbeitsgemeinschaft ist es, eine Nationale Bildungsstrategie voranzutreiben, die unter anderem speziell auf Seniorinnen und Senioren ausgelegt Bildungsangebote beinhaltet. Mitunter spiel hier auch das Thema digitale Teilhabe eine große Rolle. Mehr zum Thema Bildung und Lernen im Alter finden Sie auch in diesem Ratgeber.


Bewerte diesen Artikel

 
 
 
 
 
 
26
1
5
3.85

Verwandte Artikel