Hildesheim (mhd). Seit fünf Jahren rollen sie durch die Straßen Hildesheims: die roten Rikschas der Malteser. Sie erleichtern Menschen mit einer Behinderung die Teilnahme am kulturellen Leben und schenken älteren Menschen Abwechslung vom Alltag. Ab Oktober steht das Projekt unter einer neuen Führung.
Initiiert und aufgebaut wurde das Projekt von einem Team um Benita Hieronimi und Tinka Dittrich und gefördert von der „Aktion Mensch“. Gemeinsam mit anfangs sechs, mittlerweile rund 30 ehrenamtlichen Pilotinnen und Piloten haben sie annähernd 1.500 Fahrten koordiniert. „Die Rikschatouren sind viel mehr als eine Fahrt von A nach B – sie sind eine Einladung zur Begegnung“, sagt Hieronimi. „Unterwegs entstehen Gespräche, Menschen entdecken gemeinsam Kunst im öffentlichen Raum oder erleben ein Stück Stadtgeschichte. Das baut Berührungsängste ab – und Barrieren in den Köpfen.“
Auch Tinka Dittrich blickt dankbar auf die vergangenen Jahre: „Es ist immer wieder berührend, wie viel Freude eine Fahrt schenken kann – für die Fahrgäste, die Pilotinnen und Piloten und auch für die Menschen am Straßenrand, die uns oft lächelnd zuwinken.“
Die Bilanz kann sich sehen lassen: In den vergangenen fünf Jahren haben die Malteser mit inzwischen vier Rikschas annähernd 2.500 Gäste gefahren. Seit 2023 gehört dazu auch ein spezielles Angebot für Seniorinnen und Senioren. Möglich wurde das erst durch die Anschaffung einer zusätzlichen, spendenfinanzierten Seniorenrikscha – seitdem konnten bereits rund 600 ältere Menschen kleine Auszeiten vom Alltag genießen. Für viele von ihnen, oft bewegungseingeschränkt, bedeutet eine Rikschafahrt die Chance, endlich mal wieder „rauszukommen“ oder Orte in der Stadt zu besuchen, die sie lange nicht mehr gesehen haben. Alle Fahrten sind kostenfrei. Das Angebot lebt von Spenden und dem Einsatz der Ehrenamtlichen.
Mit Ablauf der Förderung Ende September 2025 geht das Projekt nun in eine neue Phase. Künftig wird die Koordination ehrenamtlich organisiert – an der Spitze steht dabei Nicole Gent. Die 39-Jährige ist in Vollzeit berufstätig, hat drei Kinder – und übernimmt trotzdem die ehrenamtliche Koordination des Projekts. Sie nimmt individuelle Fahrtanfragen entgegen, kümmert sich um die Verwaltung, neue Ehrenamtliche und vertritt die Rikschas nach außen. Unterstützt wird sie von ihrem Mann Edward, einem Rikscha-Piloten der ersten Stunde, sowie von einem Kreis erfahrener Ehrenamtlicher, die feste Ansprechpartner für Routinefahrten mit Hildesheimer Seniorenheimen und Einrichtungen für Menschen mit Behinderung sind. So verteilt sich die Verantwortung auf mehrere Schultern und das Angebot bleibt für die Stadtgesellschaft erhalten.
„Unsere Familie kennt das Rikscha-Projekt seit vielen Jahren sehr gut“, sagt Gent. „Mein Mann war von Anfang an als Pilot dabei – und wir haben erlebt, wie viel Freude diese Fahrten Menschen bereiten. Gerade weil wir ein volles Leben mit Beruf und Kindern haben, weiß ich, wie wertvoll gemeinsame Zeit und schöne Erlebnisse sind. Das möchte ich auch anderen ermöglichen – und deshalb engagiere ich mich hier mit Herzblut.“
Die roten Rikschas werden also auch in Zukunft zum Stadtbild gehören – als Symbole für gelebte Inklusion, für Begegnungen zwischen Generationen und für die Freude am Fahrtwind im Haar.