„Ich hätte nie gedacht, dass ausgerechnet dieser Kurs solche intensiven Gespräche auslöst, und ich nehme viele praktische Tipps mit nach Hause“, schwärmte eine unserer Ehrenamtlichen noch Stunden nach dem Kräuterworkshop. Genau das hatten wir uns als Team des ambulanten Hospizdienstes der Diözese Erfurt gewünscht: dass diejenigen strahlen, die oft schon seit Jahren ihre Energie und ihre Zeit anderen Menschen schenken. Wenn sie Sterbende und deren Angehörige begleiten und in der Trauer Halt bieten.
Ein Wochenende für die Ehrenamtlichen – diese Idee stand für das Team des ambulanten Hospizdienstes erstmals im Sommer 2024 im Raum. Die Ideen für Angebote füllten innerhalb weniger Minute eine ganze Seite. Wohlfühlen, weiterbilden und zusammen sein, so lässt sich zusammenfassen, was dem Team vorschwebte. Dementsprechend wurde eine Unterkunft in ruhiger Lage gesucht, in der Natur und mit Workshop-Räumlichkeiten. Das „Herzkompass“-Tagungszentrum in Ilmenau wurde zum Ort für die Auszeit im Mai dieses Jahres.
Als sie am Freitagnachmittag ankamen, fiel mit dem Anblick der Finnhütten und des Blockhauses direkt am Wald der geballte Organisationsstress der vorangegangenen Stunden von Hospiz-Referentin Jana Herold und den Koordinatoren Sebastian Breu und Lena Kreßmann ab. Von Erfurt aus waren alle nur eine knappe Dreiviertelstunde gefahren, aber es fühlte sich an, „als wären wir – in jeglicher Hinsicht – weit weg“.
Wie auf einer Klassenfahrt teilten sich die Ehrenamtlichen, jeweils in Dreiergruppen, die Hütten auf. Es wurde gekichert, Tee und Kaffee gekocht, und indem wir uns ausbreiteten, schloss sich das Wir-Gefühl mit an.
„Mich beflügelte das und das war gut so, denn ich hatte mich dazu bereiterklärt, für alle das Abendessen zu kochen. Gesundes Essen ist mein Steckenpferd, und weil ich an mir selbst spüre, wie viel ein häufiges Anwenden der Erkenntnisse bringt, gebe ich mein Wissen gern und im wahrsten Sinne häppchen- oder besser noch portionsweise weiter“, erzählt Jana Herold Es gab Gurkensalat mit dem von ihren Kindern gefeierten Erdnuss-Limetten-Dressing, Ofengemüse mit Weiße-Bohnen-Hummus, Dinkel-Spaghetti mit einer Champignon-Cashew-Soße, die jeglichen Sahnesoßen den Rang abläuft, und trotz fehlendem Nachtisch viele Komplimente.
Sebastian Breu, hauptamtlicher Koordinator des ambulanten Hospizdienstes des Diözese Erfurt, kam beim Abendessen erstmals zum Sitzen. Er hatte zuvor organisatorische Fragen geklärt und sich um sämtliche kleinere und größere Probleme gekümmert. Da war es wieder, das Klassenfahrtsgefühl.
Da es überwiegend die Frauen waren, die beim Tischdecken geholfen hatten und die nach dem Essen die Küche wieder in Ordnung brachten, bereiteten die Männer am nächsten Morgen, sehr liebevoll, das Frühstück zu. Das unabgesprochene Aufteilen der Aufgaben und das Sorgen füreinander prägten das gesamte Wochenende. Es zeigte, dass unsere Ehrenamtlichen eine gute Gemeinschaft geworden sind, und zugleich spiegelten sie, dass es solche gemeinsamen Auszeiten braucht, um das Zusammengehörigkeitsgefühl zu bewahren und zu stärken.
Mit viel Energie starteten alle in den Samstag. Eines der Angebote waren die Fallbesprechungen, die auch sonst regelmäßig stattfinden. Das bedeutet: Die ehrenamtlichen Hospizhelferinnen und -helfer erzählen, was sie in einer Sterbe- oder Trauerbegleitung herausfordert und wobei sie womöglich Unterstützung benötigen. Lena Kreßmann, hauptamtliche Koordinatorin für den ambulanten Hospizdienst der Diözese Erfurt, nimmt aus den Gesprächen in büroferner Umgebung und ohne Zeitdruck mit, dass auch und vor allem langjährige Ehrenamtliche intensiv betreut und aufgefangen werden müssen. In der Ausbildung lernen sie, sich abzugrenzen und sich nicht in der Begleitung persönlich zu verlieren. Aber in der Praxis ist jeder Mensch, den sie auf seinem letzten Weg begleiten, ein Mensch, den sie mit all seinen Ängsten, Gefühlen und oft mit seiner Verzweiflung erleben, und der auch bei ihnen seine Spuren hinterlässt.
Ein wichtiger Ausgleich waren die demgegenüber leichten Workshops, wie der zum Thema Kräuter. Selbstfürsorge und die Kraft der Heilpflanzen haben wesentlich mit der Hospizarbeit zu tun, das war sofort spürbar darin, wie sich die Ehrenamtlichen angesprochen und ihrer Arbeit gesehen fühlten. Sie probierten Rituale in der Natur aus, sie erfuhren, welche Kräuter sich als Energiespender in schwierigen Zeiten erweisen und wie sie, in Rezepten verarbeitet, täglicher Begleiter sein können.
Als nach dem Sonntagsfrühstück alle zu einer Feedback-Runde zusammenkamen, hatten sich Freundschaften gebildet, standen Verabredungen fest und vor allem hatte das Gemeinschaftsgefühl einen ganz selbstverständlichen Charakter bekommen. Die Verbesserungsvorschläge haben wir uns notiert - und darüber steht in dicken Buchstaben der Wunsch, dass es überhaupt ein nächstes Mal geben soll.