Südsudan

Wo Wasser ist, dort kann man leben

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Lucia Adu aus dem Dorf Momoi im Südsudan schaut ernst in die Kamera.
Malteser International
Die Rebellengruppen haben das Haus von Lucia Adu zerstört.

Lucia Adu steht dort, wo sich noch vor einigen Jahren ihr Haus befand: In ihrer alten Heimat, dem Dorf Momoi, das rund zwölf Kilometer von der Stadt Wau entfernt im Nordwesten des Südsudans liegt. Von ihrem Haus steht nur noch ein kleines Stück Mauer, mehr ist nicht übriggeblieben, nachdem die Rebellengruppen kamen und hier alles zerstörten. „Der Überfall war im Jahr 2013. Sie kamen, töteten meine Nachbarn, nahmen sich alles, was sie wollten, und zerstörten unsere Häuser, unsere Schule – einfach alles“, berichtet Lucia.  

Anhaltende Gewalt, zerstörte Infrastruktur, sehr niedriges Bildungsniveau: Der erst seit Januar 2011 unabhängige Staat Südsudan ist nach Burundi das ärmste Land der Welt. Das Bruttoinlandsprodukt (BIP) je Einwohner liegt hier im Jahr 2022 bei lediglich 364,40 US-Dollar. Zum Vergleich: In den USA betrug im Jahr 2021 das BIP pro Kopf 69.231 US-Dollar, in Luxemburg, dem weltweiten Spitzenreiter, sogar 136.701 US-Dollar. 

Die zehn ärmsten Länder der Welt liegen alle in Afrika 

Burundi, Südsudan, Somalia, Mosambik, Madagaskar, Sierra Leone, Zentralafrikanische Republik, Malawi, Niger, DR Kongo: Die zehn ärmsten Länder der Welt liegen alle in Afrika. Gewaltsame Konflikte, Armut und unzureichende Infrastruktur sind nur einige der Herausforderungen, mit denen die Bevölkerung in vielen afrikanischen Ländern täglich zu kämpfen hat. Der Klimawandel, die wirtschaftlichen Folgen der Pandemie und die explodierenden Weltmarktpreise für Weizen, Speiseöl, Dünger und Benzin haben die Situation weiter verschlimmert. Allein im Südsudan sind fast zwei Drittel der Bevölkerung auf Hilfe angewiesen. 7,7 von insgesamt rund 11 Millionen Menschen sind dort nach Angaben der UN derzeit nicht in der Lage, sich selbst ausreichend zu ernähren. 

Die Malteser sind seit 1996 in der Region, die nun zum Südsudan gehört, tätig und setzen sich für eine Verbesserung der Lebenssituation der Südsudanesen ein. In den Projekten konzentriert sich die Unterstützung für die Menschen auf den sicheren Zugang zu Wasserquellen, sanitären Einrichtungen und ausreichende Ernährung. 

Dass insbesondere Wasser für die Zukunft der Menschen unabdingbar ist, zeigt die Geschichte von Lucias Heimatdorf Momoi: Dieses war viele Jahre lang verlassen. Doch nach und nach kehren einige Bewohner wieder zurück. Vor einem Jahr haben die Malteser in diesem Dorf einen Brunnen gebohrt. Eine Woche hat der Bau gedauert, die Kosten betrugen 7.000 Dollar.  

Brunnen als Zeichen für eine bessere Zukunft 

Für Lucia und die restlichen Dorfbewohner war dies ein Zeichen dafür, dass es hier eine Zukunft geben kann. Dass nicht nur sie daran glauben, dass sich die Sicherheitslage so verbessert hat, dass sie nach Momoi zurückkehren können – denn wo Wasser ist, können sie leben. Auch Lucia hat hier ein Stück Land, auf dem sie Obst und Gemüse anpflanzen möchte, um sich selbst zu versorgen. Im Augenblick lebt sie sechs Kilometer vom Dorf entfernt und hat dort eine einfache Hütte gemietet, eine weitere für ihre drei Töchter und die Enkelkinder. Geld verdient sie durch den Verkauf von Feuerholz.  

Noch gibt es in Momoi zwar keine Häuser, die bewohnbar sind, dafür aber Strukturen, die eine Zukunft versprechen: Ein Wasserkomitee wurde beispielsweise eingerichtet und täglich kommt jemand und prüft, ob die Pumpe im Brunnen funktioniert. Es gibt ein Jugend- und ein Frauenkomitee. In diesen Komitees werden die Probleme der gesellschaftlichen Gruppen besprochen und nach Lösungen gesucht. Das, was auf Landesebene nur schlecht funktioniert – die verlässliche Struktur politischer Ebenen – klappt in der Zivilgesellschaft. Lucia ist Vorsitzende des Frauenkomitees: Sie ist ruhig, besonnen und trotz allem, was sie erlebt hat, weiter positiv. „Ihr müsst unsere Schule wieder aufbauen, damit die Kinder hier eine Zukunft haben. Dort wo es eine Schule gibt, gibt es auch eine Zukunft“, erklärt sie.