Junge Freiwillige im Libanon

Das Miteinander von Mensch zu Mensch, bis der Krieg ausbricht

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Malteser
Vor kurzem waren sie noch im Libanon: Die Karawane-Mitglieder mit einem Priester der griechisch-orthodoxen Kirche (4.v.r.)

Franz aus Düsseldorf und Anton aus München sind eng miteinander. Die beiden haben in den letzten drei Monaten viel zusammen erlebt. Ihr Weg führte sie zunächst in den Libanon, mittlerweile leben sie in Rostock. Nach Weihnachten werden der 19- und der 18-Jährige im Zweifel wieder woanders sein. Die beiden Abiturienten sind Teil der „Karawane“ – einer Gruppe junger Malteser, die im Libanon Menschen mit Behinderung, die im Heim leben, ihre ganze Aufmerksamkeit widmet.

Zusammen mit acht anderen Jugendlichen zwischen 18 und 20 Jahren sind sie Mitte August in den Libanon gereist. Zehn Monate wohnt eine Karawane normalerweise in ihrem Apartment nahe Beirut, um in drei sehr einfach ausgestatteten Heimen den dort lebenden „Gästen“ Aufmerksamkeit und menschliche Nähe zu schenken. Denn viele der Menschen mit Behinderung, die dort leben, haben nur wenig oder auch keinen Kontakt zu ihrer Familie. Sie sind isoliert, einsam und erhalten zu wenig Zuwendung und Förderung, da das wenige Personal es nicht leisten kann, sich angemessen um den Einzelnen zu kümmern.

Die Reisewarnung trennt die neuen Freunde

Die sehr herausfordernde Betreuung der zum Teil schwer geistig behinderten Frauen und Männer schweißt die zehn Deutschen sowohl mit den Betreuten, dem Personal und untereinander schnell zusammen. Fünf Tage die Woche kommen sie in die Heime und teilen auch sonst den gesamten Alltag in ihrer WG miteinander. Im Sprachkurs lernt die Karawane obendrein Arabisch und nutzt die spirituellen Angebote des Ordens im Libanon. Dann greift die Hamas am 7. Oktober aus dem Gaza-Streifen heraus Israel an. Obwohl Franz und Anton sich in ihrem Umfeld recht sicher fühlen, müssen sie als Teil der Karawane nach der Reisewarnung des deutschen Auswärtigen Amtes den Libanon zehn Tage später verlassen. Ihre „Gäste“ bleiben zurück und mit ihnen die neuen Freunde und Bekannten, die sie im Nahen Osten gefunden haben.

Ihre Sorgen, ob das Projekt nun irgendwie weiterlaufen kann, oder ob sie zu Hause sitzen und nichts tun werden, verfliegen schnell. Die Malteser stellen sehr spontan ein intensives Ausweichprogramm zusammen. So zieht die Karawane ein paar Tage später in die Nähe von Bonn und arbeitet gegen Geld, das sie in den Libanon spendet.


Hilfe wird auch woanders gebraucht

Anschließend werden die Zehn in Rostock erwartet. In mehreren Unterkünften für Asylbewerber und Geflüchtete, die die Malteser betreuen, sind freiwillige Helferinnen und Helfer immer gerne gesehen. „Es ist ein anderes Leben als bei den Menschen im Libanon“, sagt Anton. Die Jugendlichen spielen mit den Kindern, helfen beim Aufbau oder Umbau in der Unterkunft und sind für Fragen der Menschen aus unterschiedlichen Staaten und Kulturen da. In den Unterkünften treten die Volontäre ins Privatleben von geflüchteten Familien ein. Es gibt Nachbarschaften, sowie Freundschaften. Die Menschen suchen nicht so sehr den Kontakt zu den Freiwilligen wie die Menschen in den Heimen im Libanon. Der Anspruch für die Karawane-Mitglieder bleibt nichtsdestotrotz gleich: „Wir wollen den Menschen offen begegnen und uns auf ihre Bedürfnisse fokussieren, nicht auf andere herabschauen“, so Franz. Die Zeit im Libanon habe ihnen bereits sehr geholfen, diese Perspektive einzunehmen und durchzuhalten. Das seit dem Libanon gewachsene „dicke Fell“ helfe auch in Rostock, bei Emotionen und Diskussionen gelassener zu bleiben und mit nach Lösungen zu suchen.

Bis Weihnachten wird die Karawane also in Rostock verweilen. Danach, so hoffen die beiden Freunde, können sie vielleicht mit den anderen wieder in den Libanon zu den „Gästen“ zurück, die sie so überraschend verlassen mussten.