Unterwegs mit den Maltesern

Im Rollstuhl auf dem Pilgerweg

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Friedsam

In einer Zeitschrift las Ilse Maier von einem Herrn, der selbst im Rollstuhl sitzt, aber immer noch gerne in der Natur unterwegs ist. Dort wurde auch der 84 Kilometer lange Pilgerweg „Camino Incluso“ erwähnt, der durch den Odenwald von Bensheim-Auerbach nach Heidelberg führt. „Ich bin immer sehr gerne in der Natur unterwegs gewesen, aber das geht jetzt nicht mehr“. Die 75-Jährige hat mit den Spätfolgen der Kinderlähmung zu kämpfen. Seit etwa einem Jahr ist sie auf den Rollstuhl angewiesen. „Ich fand das Angebot ganz toll, dass man auch im Rollstuhl so eine Pilgerreise machen kann – dass ich dadurch mal wieder auf einen Waldweg komme. Ich bin ein gläubiger Mensch, und dann hat das irgendwie gut zusammengepasst.“

Kurz vor der sechstägigen Reise wuchsen jedoch die Bedenken. Als die ehemalige Lehrerin von der inklusiven Pilgerreise erfuhr, buchte sie schnell entschlossen, voller Vorfreude. Aber bevor es Mitte August losgehen sollte, fragte sie sich, ob das gut klappen würde. Wie sich zeigte, klappte es sogar sehr gut: „Die Organisation von den Maltesern war perfekt, das muss man sagen“, berichtet Ilse Maier. „Es gab manchmal kleine Überraschungen, wo es nicht so funktioniert hat, wie gedacht“, sagt sie und lacht, „aber da waren sie sehr flexibel und haben sofort geschaut, was man machen kann. Einmal wurden wir mitten im Wald von unseren Bussen abgeholt, weil es nicht mehr weiter ging.“ Die ehrenamtlichen Helferinnen und Helfer waren aufmerksam und haben geschaut, wo Hilfe nötig ist. „Immer war jemand da zum Schieben und zum Helfen“, sagt sie.


Wie funktioniert eine Pilgerreise im Rollstuhl?

Ilse Maier und die anderen Teilnehmenden wurden für die Reise zu Hause, direkt vor der Haustür von den Passauer Maltesern, abgeholt. Und jeden Tag vom Hotel aus zu einem anderen Abschnitt der Pilgerreise gefahren, um dort einige Kilometer mitpilgern zu können. Unterwegs gab es kleine Andachten, sie besuchten verschiedene Kirchen, waren am Heidelberger Schloss und in der Altstadt. Was Ilse Maier sehr gefreut hat: „Das Hotel war perfekt eingerichtet für Rollstuhlfahrer, man konnte dort sehr gut zurechtkommen.“ Sie weiß durch ihr Jahr im Rollstuhl, dass das keine Selbstverständlichkeit ist. Am Ende der Reise brachten die Malteser Ilse Maier wieder zurück nach Hause, direkt bis zur Wohnung.

Und die Stimmung war super: „Sehr familiär, fast wie ein Familienausflug“, sagt die 75-Jährige. Viele der Teilnehmenden und Ehrenamtlichen kannten sich schon, aber Ilse Maier als Neue in der Gruppe wurde sofort aufgenommen. Noch heute telefoniert sie regelmäßig mit Pilgerinnen und Pilgern, die sie auf der Reise getroffen hat, und trifft sie auf anderen Ausflügen mit den Maltesern.

Der Pilgerweg Camino Incluso

Der Camino Incluso ist ein Pilgerweg, der zu Fuß und auf Rädern bestritten werden kann. Ganze 84 Kilometer lang führt er durch den Odenwald von Bensheim-Auerbach bis nach Heidelberg. Der Camino Incluso wurde für zwei Gruppen von Pilgerinnen und Pilgern entwickelt: Zum einen für Reisende mit und ohne Rollstuhl, die zusammen unterwegs sind. Zum anderen aber auch für Menschen, die, so heißt es auf der Website, "über die ´Schwere Sprache´ stolpern." Ein weiteres Merkmal dieses Pilgerwegs: Es werden Pilgerorte besucht, die nicht nur für Christinnen und Christen ein Ort der Religiösität und Spiritualität sind.

Insgesamt, inklusive Helferinnen und Helfern, waren Mitte August 2023 22 Personen auf dem Camino Incluso unterwegs – davon acht Personen im Rollstuhl. Der Passauer Diözesanseelsorger der Malteser, Johannes B. Trum, hatte die geistliche Leitung inne.