Malteser International

Weltweiter Hunger: "Wir dürfen die Menschen jetzt nicht allein lassen"

/

Brenda Mulama/Malteser International
Fast seine gesamte Herde hat Dabasa Galgalo seit Beginn der Dürre vor zwei Jahren verloren.

Dabasa Galgalo ist verzweifelt: Von seiner Herde, die vor Beginn der Dürre im Norden Kenias 867 Tiere umfasste, sind ihm nur noch 16 Schafe und Ziegen geblieben. Auch alle seine Kamele sind gestorben. Mit den ihm verbleibenden Tieren kann er seine Familie kaum noch durchbringen. Er kümmert sich zusätzlich zu seinen eigenen sechs Kindern auch um die fünf Kinder seines verstorbenen Bruders und um seine Mutter.

„Eine solche Dürre habe ich noch nie erlebt“, sagt der 70-Jährige. Einst galt seine Heimat Hurri Hills als eines der fruchtbarsten und grünsten Gebiete Nordkenias. In dieser Region Kenias leiden die Menschen derzeit unter einer Dürre, wie es sie seit 40 Jahren nicht gegeben hat. Seit Herbst 2020 haben die Regenzeiten nur einen Teil der normalen Niederschlagsmengen gebracht, die Hirten können ihre Viehbestände kaum noch ernähren. Rund 1,5 Millionen Nutztiere sind bereits verendet.

Der Klimawandel, die Corona-Pandemie und die explodierenden Preise für Weizen, Speiseöl, Dünger und Benzin als Folge des Ukrainekriegs haben dazu geführt, dass immer mehr Menschen weltweit hungern. Nach Einschätzung des Welternährungsprogramms der Vereinten Nationen haben bis zu 828 Millionen Menschen weltweit nicht genug zu essen. Zudem ist die Zahl derer, die von akuter Ernährungsunsicherheit betroffen sind, seit 2019 von 135 Millionen auf 345 Millionen angestiegen. Insgesamt 50 Millionen Menschen in 45 Ländern stehen am Rande einer Hungersnot.

Auch in Kenia spitzt sich die Lage weiter zu. „Der gestiegene Rohölpreis auf dem Weltmarkt führt in Kenia dazu, dass derzeit kaum noch Benzin erschwinglich ist. Für uns wird es gerade deutlich schwieriger, die Menschen mit unseren Hilfsgütern zu erreichen. Dabei ist die Hilfe vor allem im Norden Kenias gerade wichtig, denn durch die schlimmste Dürre seit Jahrzehnten sind dort rund 4,1 Millionen Menschen auf Hilfe angewiesen. Obwohl der Krieg weit weg in Europa stattfindet, leiden die Menschen in Kenia schwer unter den Auswirkungen“, sagt Roland Hansen, Leiter der Afrikaabteilung von Malteser International.

Bald könnte es im Libanon kein Brot mehr geben

Neben vielen afrikanischen Ländern sind vor allem ohnehin schon krisengebeutelte Länder im Nahen Osten von Hunger betroffen. Im Libanon zum Beispiel kommt zu einer Wirtschaftskrise, einer hohen Inflation und Arbeitslosenquote nun auch noch eine Weizenkrise hinzu. Rund 80 Prozent der Weizenimporte kamen zuletzt aus der Ukraine und aus Russland. Durch die verheerende Explosion im Hafen von Beirut vor zwei Jahren wurden wichtige Weizenreserven zerstört. Gleichzeitig gehören Getreideprodukte wie Brot zu den Hauptnahrungsmitteln sowohl der libanesischen Bevölkerung als auch der rund 1,5 Millionen Geflüchteten aus Syrien, die in dem kleinen Land am Mittelmeer leben. Die Sorge ist groß, dass es im Libanon bald überhaupt kein Brot mehr zu kaufen gibt.

In den vergangenen Wochen mehrten sich zudem die Meldungen der Vereinten Nationen, dass sie weltweit Essenrationen aufgrund von unzureichenden finanziellen Mitteln kürzen mussten. „Aktuell sehen wir, wie sich die Situation für hunderte Millionen Menschen verschlechtert. Gleichzeitig wird es immer schwieriger für uns Hilfsorganisationen, den Menschen zur Seite zu stehen, denn die Mittel, die uns für Krisen wie in der Demokratischen Republik Kongo oder im Dürregebiet Kenias zur Verfügung stehen, sind gering und die Kosten steigen derzeit enorm. Hinzu kommt der aktuelle Tiefstand des Euro. Viele sind verzweifelt und wissen nicht mehr weiter – wir dürfen diese Menschen jetzt nicht allein lassen“, appelliert Hansen eindringlich an die Weltgemeinschaft.