Gemeinschaft junger Malteser

Seit 25 Jahren gibt es das Libanonprojekt

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Annerose Sandner
Wertschätzung zeigen und Zuwendung schenken – so werden in den Feriencamps aus Fremden Freunde.

Im krisengeschüttelten Libanon leben viele schwer geistig und körperlich behinderte Menschen oft schon seit ihrer Kindheit in Heimen. Viele dieser Menschen sind verwaist, wurden ausgesetzt oder ausgestoßen. In den Heimen sind zwar Ernährung, Pflege und Unterkunft sichergestellt, aber aufgrund von Personal- und Geldmangel fehlt therapeutische Hilfe beinahe völlig. Trotz des hingebungsvollen Dienstes der Schwestern, die sich um ihre Schützlinge kümmern, verbringen die Heimbewohner ihren Alltag größtenteils freudlos und einsam. Für diese Menschen engagiert sich die Gemeinschaft junger Malteser seit nunmehr 25 Jahren. Teil dieses Engagements sind Feriencamps, aber auch die finanzielle Unterstützung von Therapien und Schulbesuchen. Im Jahr 2008 ist das Libanonprojekt der Gemeinschaft junger Malteser mit der Verleihung des Westfälischen Friedenspreises gewürdigt worden.

Der Ursprung

Als er 1997 im Rahmen einer privaten Reise in den Nahen Osten das größte Heim für Menschen mit Behinderung in Beirut besuchte, war das für den damals 20-jährigen Studenten Franziskus Heereman eine erschütternde Erfahrung. Er sah großen Handlungsbedarf und kam im folgenden Jahr mit 27 Freunden aus Deutschland zurück, um die Menschen wenigstens für eine kurze Zeit aus ihrem trostlosen Alltag herauszuholen. Dafür organisierte er einen Ferienaufenthalt, bei dem die Gäste in persönlicher Betreuung liebevolle Zuwendung erfahren konnten. Die Idee der Sommercamps und des Libanonprojekts der Gemeinschaft junger Malteser war geboren.

Die Feriencamps

Zentraler Bestandteil des Projekts sind einwöchige Feriencamps im Center al Fadi, einem Haus des Malteserordens in Chabrouh in den libanesischen Bergen. Hier verbringen junge Menschen aus Deutschland und anderen Ländern als Volontäre in Eins-zu-eins-Betreuung Zeit mit behinderten Menschen. Neben der pflegerischen Versorgung besteht die Herausforderung für die Volontäre darin herauszufinden, was die ihnen anvertrauten Schützlinge am glücklichsten macht. Denn die individuellen Fähigkeiten und Vorlieben der Gäste sind ausschlaggebend für die Gestaltung der Woche. Daneben gibt es gemeinsame Aktivitäten wie Spiele und Ausflüge ans Meer, aber auch spirituelle Angebote wie heilige Messen und gemeinsame Gebete. Und so ist immer wieder zu erleben, wie durch die langjährige Vernachlässigung verschlossene und verstörte Menschen sich öffnen und aufleben. Jeder Gast verändert sich auf seine eigene Weise, gewinnt an Fähigkeiten und Selbstvertrauen. Aber auch die Volontäre erhalten für ihren Dienst viel zurück: Sie gewinnen im Miteinander mit den ihnen anvertrauten Gästen einen ganz neuen Blickwinkel auf Behinderung, Krankheit und den Wert jedes einzelnen Lebens.

Das Karim Projekt

Im Alltag sind für die Heimbewohnerinnen und -bewohner oft die Einsamkeit und Perspektivlosigkeit am schwersten. Die Schwestern der Heime tun ihr Möglichstes, sind jedoch finanziell und personell so dürftig ausgestattet, dass es in aller Regel nur zur Ernährung und körperlichen Pflege der anvertrauten Menschen reicht. Deshalb organisiert und finanziert die Gemeinschaft junger Malteser im Rahmen des Karim Projekts Maßnahmen, die das Leben der Menschen mit Behinderung bereichern. Dazu gehören: Physio- und Rehabilitationstherapien, Lese-, Schreib- und Handwerksunterricht, Gymnastikstunden sowie die Anschaffung von Unterrichtsmaterialien und Hilfsmitteln für die Physiotherapie und Pflege.

Die Karawane

Ähnlich wie das Karim Projekt soll die „Karawane“ ermöglichen, das ganze Jahr über für die Schützlinge im Libanon da sein zu können. Etwa zwölf Volontäre aus verschiedenen Ländern führen dazu den Dienst aus den Feriencamps über zehn Monate in den Heimen weiter. Daneben nehmen die jungen Leute an einem Bildungsprogramm an der Universität teil und lernen die arabische Sprache, die Geschichte, Kultur und Religionen des Nahen und Mittleren Ostens kennen. So soll eine Grundlage für interkulturellen Austausch und gelebte Toleranz geschaffen werden.

Libanon on Stage

Um das Libanonprojekt finanzieren zu können, gibt es seit Beginn flankierende Fundraising-Maßnahmen. Dazu gehört „Libanon on Stage“, das Benefiztheater des Libanonprojekts. Jedes Jahr – mit Ausnahme der Jahre der Pandemie – studieren dafür Helferinnen und Helfer der Feriencamps ein Theaterstück ein und touren damit durch die Städte Hamburg, Frankfurt/Main, Berlin, München und Köln. Rund 45 junge Menschen treffen sich zur Vorbereitung, studieren eine Woche lang das Stück ein und stellen ihre Talente als Schauspieler, Musiker, Bühnenbauer oder Requisiteur unter Beweis. Weitere rund 150 Helferinnen und Helfer sorgen an den einzelnen Aufführungsorten für einen reibungslosen Ablauf. Dieser Aufwand wird mit dem Applaus von jährlich rund 2.500 Zuschauerinnen und Zuschauern belohnt.


Zum Jubiläum: Fotoausstellung "Me. We." in München

Aus Anlass des 25-jährigen Jubiläums wird es im November/Dezember in München eine Ausstellung mit Fotografien des renommierten Fotografen Erol Gurian geben, die im Sommer in den Feriencamps entstanden sind. Unter dem Titel „Me. We.“ – einem Gedicht des Boxers Muhammad Ali entlehnt – zeigt die Ausstellung Doppel-Porträts von Volontären und Gästen. Sie sollen die verborgene Schönheit der Menschen zeigen, die sich in den Feriencamps offenbart, die Freundschaft verbildlichen, die in den sechs gemeinsamen Tagen entsteht, und den Zauber dieser Ferienwochen für ein breites Publikum sichtbar machen.

  • Vernissage der Ausstellung ist am Donnerstag, 16. November 2023 um 18 Uhr im Ellen-Ammann-Seminarhaus der Katholischen Stiftungshochschule in München-Haidhausen, Preysingstraße 95.
  • Laufzeit der Ausstellung ist bis zum 16. Dezember 2023. Öffnungszeiten: Montag bis Samstag 9-18 Uhr, der Eintritt ist frei.
  • Am Samstag, 18. November 2023 um 15 Uhr findet dort eine Jubiläumsfeier für das Libanonprojekt statt. Um Anmeldung wird gebeten unter E-Mail: me.we.lebanon@gmail.com

Das Rahmenprogramm zur Ausstellung

  • 21.11.2023, 19.30 Uhr: Vortrag mit Bildern „Bekaa blues – Ein Land und seine Geflüchteten“ mit Erol Gurian, Fotograf der Ausstellung
  • 23.11.2023, 19.30 Uhr: Filmvorführung „Crossing Lebanon“ mit den Protagonisten Lukas Bröll und Nicolas Brixle, den wahrscheinlich ersten Menschen, die das libanesische Hochgebirge auf Skiern überquert haben
  • 30.11.2023, 19.30 Uhr: Vortrag mit anschließender Diskussion „Inklusion im Spannungsfeld zwischen Wunsch und Wirklichkeit“ mit Ernst-Albrecht von Moreau, Geschäftsführender Vorstand der Stiftung Pfennigparade
  • 07.12.2023, 19.30 Uhr: Autorenlesung mit Einführung zur neueren Geschichte des Libanon „Ein Lied für die Vermissten“ mit Pierre Jarawa, Bestsellerautor und freier Fotograf
  • 15.12.2023, 19.30 Uhr: Vortrag mit Musik „Christmas revisited – Gedanken und Songs zum Fest“ mit Professor Franziskus Heereman, Gründer des Libanonprojekts, Philosoph und Musiker