Arztkolumne

Schmerzen nach der Operation? Das muss nicht sein

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Terry Shultz P. T./Unsplash


Herr M., 67 Jahre, leidet seit drei Jahren unter zunehmenden Schmerzen im rechten Knie. Seit einem halben Jahr sind die Schmerzen nun so stark, dass er im Tagesablauf massiv eingeschränkt ist. „Jeder Schritt tut mir weh. An Sport ist gar nicht mehr zu denken. Ich muss Schmerzmittel nehmen, um meinen Alltag bewältigen zu können.“ 

Herr M. ist seit Wochen auf starke Schmerzmedikamente (Opioide) angewiesen. Er hat sich nun zu einer Operation, einem künstlichen Kniegelenksersatz, entschlossen. Dazu hatte ihm seine Orthopädin schon vor längerer Zeit geraten. Da Herr M. auf Schmerzmedikamente angewiesen ist, bestehen seinerseits Bedenken, ob eine Abhängigkeit besteht und er nach der Operation genügend Schmerzmedikamente bekommt.

Zielgenau betäubte Nerven unterbrechen die Schmerzweiterleitung

Dank der modernen Methoden können postoperative Schmerzen heutzutage effektiv behandelt werden. Am Anfang steht das Narkoseaufklärungsgespräch im Rahmen der Prämedikation. Hier wird unter anderem die aktuelle Schmerzmedikation besprochen und das passende Narkoseverfahren erläutert. Bei einer Knie-OP mit einem künstlichen Gelenksersatz haben wir verschiedene Möglichkeiten, wie zum Beispiel eine Vollnarkose oder eine Spinalanästhesie. Weil nach diesem Eingriff mit stärkeren Schmerzen gerechnet werden muss, bieten wir in unserem Haus zusätzlich ein Regionalanästhesieverfahren an, einen sog. Femoralisblock (Nervenkatheter). Hierfür wird mittels Ultraschall ein kleiner Plastikschlauch an den Nerven gelegt, welcher das Operationsgebiet versorgt. Das örtlich wirkende Betäubungsmittel unterbricht die Schmerzweiterleitung direkt am Nerven. Dieses Verfahren kann bereits während und für Tage nach der Operation angewendet werden. Nach zwei Tagen ebben die postoperativen Schmerzen in der Regel ab und der Katheter wird problemlos entfernt.

Für eine angemessene Schmerztherapie nach der Operation sorgt im Waldkrankenhaus der Akutschmerzdienst. Dieser besteht aus Fachärztinnen und -ärzten für Anästhesie/Schmerztherapie und anästhesiologischem Fachassistenzpersonal, sogenannte „Pain-Nurses“. Aufgaben sind unter anderem eine kontinuierliche Überprüfung der Schmerztherapie und gegebenenfalls eine Anpassung der Schmerzmedikation, die Anwendung nicht-medikamentöser Schmerztherapieoptionen, die Beratung und Schulung der Patienten und Angehörigen beim Umgang und der Einnahme von Schmerzmitteln. Der Akutschmerzdienst ist 24 Stunden 7 Tage die Woche verfügbar.

Von der Wärmeanwendung über Entspannungstechniken bis hin zu Ergotherapie

Sollte aus einem bestimmten Grund ein Regionalanästhesieverfahren nicht möglich sein, kann postoperativ, neben einer oralen Basisanalgesie, zusätzlich eine sogenannte „Patienten-kontrollierte-Schmerztherapie (PCA) angewendet werden. Dieses Verfahren wird in der Regel bereits im Aufwachraum begonnen. Hierbei handelt es sich um eine Medikamentenpumpe, die es dem Patienten ermöglicht, sich selbst ein Schmerzmittel bedarfsgerecht zu verabreichen. Das Gerät wird so eingestellt, dass eine Überdosierung ausgeschlossen ist. 

Unterstützende Maßnahmen, die eine zusätzliche Schmerzlinderung verschaffen können, finden bedarfsgerecht ihre Anwendung wie zum Beispiel Wärme- oder Kälteanwendung, TENS-Therapie, Entspannungs- und Ablenkungstechniken, verschiedene Lagerungen und Hilfsmittel, wie Stützkissen, Physiotherapie oder Ergotherapie.

Schrittweise Reduzierung der Schmerztherapie nach der OP

Die Gefahr einer Abhängigkeit besteht bei der kurzen Dauer der Therapie mit Opioiden nicht. In der Regel kommt es nach der Operation zu einer Besserung der präoperativ bestandenen Schmerzsymptomatik. Die vorbestehende Schmerztherapie kann schrittweise reduziert und schlussendlich beendet werden.

Eine rasche Mobilisation nach der Operation mithilfe einer adäquaten Schmerztherapie ist essenziell für den Genesungsprozess. Diese ist im Besonderen auch für die anschließende Anschlussheilbehandlung notwendig, damit die Patientinnen und Patienten so schnell wie möglich wieder mobil in ihren Alltag zurückkehren können.


Zum Autoren: Dr. Horst Huber

Dr. Horst Huber ist Chefarzt der Klinik für Anästhesie und Intensivmedizin sowie Ärztlicher Direktor am Malteser Waldkrankenhaus St. Marien in Erlangen. Neben der Arbeit im OP und auf der Intensivstation ist ihm seit Beginn seiner Tätigkeit 1991 auch besonders die schmerztherapeutische und palliativmedizinische Versorgung seiner Patientinnen und Patienten wichtig. Privat verbringt er sehr gerne Zeit mit seiner Familie und hält sich mit Wandern, Laufen und Radfahren fit.