Notfallmedizin

Netzwerk bietet jungen Notfallmedizinern mehr Chancen

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Was ist die "Young DGINA"?

DGINA ist die Deutsche Gesellschaft Interdisziplinäre Notfall- und Akutmedizin – eine Fachgesellschaft zur Verbesserung und Professionalisierung der Notfallversorgung in Deutschland mit über 2.000 Mitgliedern. Die "Young DGINA" setzt sich für die Interessen der jungen Mitglieder ein. Als Arbeitsschwerpunkt und Ziel der „Young DGINA“ haben sich die damaligen Assistenzärzte die Einbindung junger Kolleginnen und Kollegen in wissenschaftliche Kongresse sowie die Förderung von Forschungsprojekten zum Ziel gesetzt. „Wir wollten einfach die Chancen zur Weiterbildung und persönlichen Weiterentwicklung nach vorne bringen“, sagt Isabelle Behrendt. „Auf Kongressen wurden oft die Probleme auf Chefarztebene diskutiert. Wir haben Vorträge für junge Ärztinnen und Ärzte ins Programm gehoben.“

Echte Malteser

Während Isabelle Behrendt erst Ärztin, dann Malteserin wurde, kam ihr Mann Thomas Plappert über die Malteser zum Arztberuf. Der heute 46-Jährige heuerte 1993 bei der Ortsgliederung im hessischen Künzell am Stadtrand von Fulda bei den Maltesern an. „Damals wusste ich noch nicht, was ich später einmal beruflich machen wollte“, erzählt der engagierte Arzt, der als Schüler noch zwischen Journalismus und Medizin schwankte. Nach einem Sanitätslehrgang ließ er sich zum Rettungssanitäter ausbilden und war danach Teil des ehrenamtlichen Rettungsdienstes in Fulda. „Diese Arbeit hat meinen späteren Berufsweg geprägt.“ Bei den Maltesern war Plappert ab 1996 in der Aus- und Fortbildung tätig und studierte Medizin in Würzburg, Zürich, Pretoria und Melbourne. Thomas Plappert ist Facharzt für Innere Medizin und Notfallmedizin sowie Klinische Akut- und Notfallmedizin. Er arbeitet als geschäftsführender Oberarzt einer Zentralen Notaufnahme und vor fünf Jahren wurde er hauptamtlicher medizinischer Leiter des Malteser Rettungsdienstes Hessen.

Erfahrene Notfallmedizinerin

Isabelle Behrendt kam über Umwege zu den Maltesern: „Ich habe erst in der Notfallmedizin gearbeitet. Dort habe ich dann auch meinen Mann kennengelernt“, sagt die zweifache Mutter. Die in Köln geborene und im Rhein-Main-Gebiet aufgewachsene Ärztin ging zum Medizinstudium nach Marburg, Lille und Bern. Ihre Ausbildung zur Fachärztin für Innere Medizin und Notfallmedizin absolvierte die 43-Jährige in Hünfeld und Wismar. Bevor sich die Internistin mit einer hausärztlichen Praxis in Fulda selbstständig machte, war sie Oberärztin einer Zentralen Notaufnahme.

Aufbau des Netzwerks

Zwei Jahre nach Gründung der „Young DGINA“ im Jahr 2008 gab es die ersten Fort- und Weiterbildungsangebote als „Summer School Notfallmedizin“ für junge Ärztinnen und Ärzte in der Notfallmedizin. „Wir waren 2011 sogar Mitbegründer der ‚Young Emergency Medicine Doctors‘ der European Society for Emergency Medicine (EuSEM)”, sagt Thomas Plappert. Damit weitete sich die Idee der Young DGINA aus und junge Notfallmediziner netzwerkten europaweit. Im Folgejahr gaben Thomas Plappert und Isabelle Behrendt die Leitung der „Young DGINA“ an ein neues – noch junges – Führungs-Duo abgab. Und es wurden weitere Angebote auf den Weg gebracht. Als Beispiel nennt Thomas Plappert Kursangebote, die unter www.notfallmedizinkurs.de abgerufen werden können. Vor zehn Jahren wurde schließlich das Dozentennetzwerk ins Leben gerufen. Es bietet strukturierte Kurse für die Klinische Notfallmedizin an. Aktuell gibt es Angebote von knapp 50 Dozentinnen und Dozenten mit einem 50-prozentigen Frauenanteil.

„Gleichzeitig gilt die Young DGINA als Bühne für junge Medizinerinnen und Mediziner, die endlich aus dem oftmals viel zu großen Schatten ihrer Professoren heraustreten möchten“, erläutert Isabelle Behrendt. Das Netzwerk biete den entsprechenden Raum für engagierte Nachwuchsleute, ihre Erkenntnisse und Vorhaben rund um die Forschung im Rahmen der Notfallmedizin einem größeren Fachpublikum kundzutun. Eine Idee mit Erfolg: Das Malteser Ehepaar wurde im Mai dieses Jahres mit dem David-Williams-Award, der von der Muttergesellschaft DGINA für besondere Leistungen und Verdienste um die Notfallmedizin in Deutschland vergeben wird, ausgezeichnet.

„Notfallmedizin ist zu zehn Prozent Nervenkitzel und zu 90 Prozent Denkarbeit“

„In der Notfallmedizin arbeiten vor allem junge Ärztinnen und Ärzte“, weiß Plappert. „Entweder lieben sie das Tempo der täglichen Herausforderungen oder sie kommen mit einem gewissen Angstgefühl zur Arbeit. Damals wie heute möchten wir beide Gruppen unterstützen. Notfallmedizin bedeutet nicht nur, im richtigen Moment das fachlich Korrekte zu tun. Wir wollen im Notfall auch als Menschen für die Patienten und Patientinnen, deren Angehörige und das eigene Team da sein. Das Netzwerk unterstützt uns dabei.“ Dabei weiß er aus eigener Erfahrung, wie es sich anfühlt, ohne Berufserfahrung in der hektischen Notaufnahme eines Krankenhauses zu arbeiten. „Zwar beneidet uns die Welt um unser einzigartiges Notarztsystem. Zum Beispiel wegen des Rendezvous-Verfahrens, bei dem der Notarzt getrennt von Sanitätern zum Einsatzort fährt. So können Notärzte flexibel und nach Bedarf eingesetzt werden. Unsere Notaufnahmen stehen jedoch noch immer am Anfang der Evolution.“ Und Isabelle Behrendt fügt kritisch hinzu: „Leider hinkt die notfallmedizinische Ausbildung von Ärzten in Deutschland im direkten europäischen Vergleich noch immer weit hinterher, weil junge Ärztinnen und Ärzte am Anfang nicht von erfahrenen Medizinern betreut werden. Wir tragen mit unserem gemeinsamen Projekt dazu bei, dass wir in Deutschland nicht den Anschluss an die sich weltweit hochdynamisch entwickelnde Notfallmedizin verlieren.“

Gefragte Mentoren

Die drei Gründerinnen und Gründer sind weiterhin als gefragte Mentoren für die Netzwerker aktiv. „Ich bin immer wieder begeistert, welche pfiffigen Ideen dort entstehen“, freut sich Thomas Plappert über so viel Engagement. „Wir haben jüngst den sogenannten ‚Notfallguru‘ fachlich begleitet. Das ist ein sehr informatives Nachschlagewerk für Notfallmediziner, das in jeden weißen Kittel passt. Den ‚Notfallguru‘ hätten wir bei unseren ersten Arbeitstagen in der Notaufnahme gut gebrauchen können.“ Außerdem ist der erfahrene Notfallmediziner auf eine Tatsache ganz besonders stolz: „Heute gibt es kaum ein Lehrbuch der Notfallmedizin, an dem nicht ein Mitglied unseres Netzwerks als Co-Autor mitgewirkt hat.“