Arztkolumne

Ist Sport mit Endoprothese wieder möglich?

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Bruno Nascimento/Unsplash

In Deutschland werden jährlich ca. 450.000 künstliche Gelenke (Endoprothesen) implantiert, wobei gut 30 Prozent der Patienten jünger als 65 Jahre sind. Somit besitzt das Thema körperliche Aktivität mit Endoprothese eine hohe Relevanz. Zumal die positiven Auswirkungen von Sport auf den Stoffwechsel, die Psyche und den Erhalt der Muskulatur unbestritten sind und eine starke Reduktion der körperlichen Aktivität hier mit negativen Folgen behaftet ist.

Aus Registerstudien wissen wir aber auch, dass die Haltbarkeit von Endoprothesen, vor allem des Kniegelenks bei Patienten unter 55 Jahren, im Vergleich zu älteren Patienten etwas reduziert ist. Dagegen zeigt sich dieser Effekt bei Hüftprothesen nur minimal. Aufgrund großer Fortschritte im Bereich der Materialkunde sind die aktuell verwendeten Gleitpaarungen deutlich abriebärmer als frühere Prothesensysteme. Daher können moderne Prothesensysteme eine vermehrte sportliche Belastung im Regelfall problemlos überstehen. Allerdings sind vor der Wiederaufnahme der sportlichen Tätigkeit ein paar Sachen zu beachten.

Vorsicht bei Sportarten mit hohem Sturzrisiko

Das künstliche Gelenk sollte weichteilschonend implantiert werden und eine möglichst gute Stabilität aufweisen. Zum Zeitpunkt des Sportbeginns muss die Prothese fest im Knochen integriert sein, was im Regelfall nach spätestens drei bis sechs Monaten erreicht ist. Zudem sollte die Muskulatur wieder gut trainiert sein, um das Gelenk optimal zu führen. Sollen Sportarten mit einem sehr großen Bewegungsumfang ausgeführt werden, sollte zunächst von ärztlicher Seite geprüft werden, ob das künstliche Gelenk diese hohe Beweglichkeit überhaupt ausführen kann. Kommt es nämlich zum Anschlagen des Gelenkes (sogenanntes Impingement), dann kommt es zu deutlich erhöhtem Abrieb und verkürzter Überlebensdauer des Gelenkes. Auch Sportarten mit hohem Sturzrisiko (zum Beispiel Skifahren auf eisigem Untergrund) sind kritisch zu betrachten, da eine Fraktur in der Nähe eines künstlichen Gelenkes schwieriger zu behandeln ist, als ohne künstlichem Gelenk. Generell sollten low impact Sportarten gegenüber high impact Sportarten bevorzugt werden.

Wichtig ist aber auch eine regelmäßige Nachsorge und alle paar Jahre Durchführung einer Röntgenuntersuchung bei hoher körperlicher Aktivität. Kommt es zu einem Abrieb der Gleitpaarung und wird dieser rechtzeitig diagnostiziert, dann reicht oftmals ein einfacher Austausch der Gleitpaarung, ohne dass die komplette Prothese entfernt werden muss.

Erst zum Arzt, dann zum Sport

Somit ist generell sportliche Aktivität mit Endoprothese zu befürworten (positive Sport-Effekte!!!). Voraussetzung ist aber eine schonende OP, optimaler Prothesensitz, knöcherne Integration, ausreichende Beweglichkeit und muskuläre Kontrolle.

Vor Sportbeginn sollte eine individuelle Beratung und Aufklärung sowie ein klinischer Check durchgeführt werden. Regelmäßige Nachkontrollen ermöglichen das frühe Detektieren von Abrieb. Low impact Sport mit moderater Aktivität sind dabei zu bevorzugen, Risikosportarten und high-impact Sportarten zu meiden.


Zum Autor: Prof. Dr. med. Thomas Tischer, MBA

Chefarzt der Klinik für Orthopädie und Unfallchirurgie am Malteser Waldkrankenhaus St. Marien in Erlangen

  • Facharzt Orthopädie und Unfallchirurgie, Orthopädie
  • Zusatzbezeichnung spezielle orthopädische Chirurgie, Kinderorthopädie, Sportmedizin
  • Seniorhauptoperateur EndoCert, Instruktor der AGA, Zertifizierter Kniechirurg der Deutschen Kniegesellschaft, Teacher der ESSKA, GOTS Sportarzt