Wachleiter mit 23

"Ich strahle lieber durch meine Taten als durch mein Alter"

/

René Vigneron

Wie fühlt man sich als wahrscheinlich jüngster Wachleiter der Malteser?

Eigentlich mag ich es nicht, wenn das immer wieder thematisiert wird. Ich strahle lieber durch meine Taten als dadurch, dass ich 23 bin.

Sie machen das jetzt seit rund einem Jahr. Wie ist es so?

Ach, es ist wahnsinnig interessant und auch wahnsinnig fordernd. Vorher habe ich zusammen mit einer Kollegin eine Notunterkunft für Geflüchtete geleitet, mit rund 200 Leuten. Aber das war schon etwas ganz anderes. Im Rettungsdienst habe ich wenig Erfahrung außer meiner Ausbildung als Rettungssanitäter.

Was hat Sie am meisten überrascht?

Ich hatte es mir sehr viel schwieriger vorgestellt, mit Anfang 20 den Respekt der Kollegen zu gewinnen. Das ging erstaunlich gut. Aber es sind auch nur liebe Leute auf der Wache, von denen ich sehr beeindruckt bin.

Was machen Sie anders als Ihr Vorgänger?

Ich bin da. Das klingt jetzt böser als ich es meine: Mein Vorgänger hatte viele andere Aufgaben, weil er eben gut ist und auch in der Bereichsleitung gefragt war. Dadurch war er wenig auf der Wache. Gleichzeitig ist die Wache gewachsen, wir haben eine Menge KTWs dazubekommen, es gibt mehr Verwaltungsarbeit und es ist eben auch ein Unterschied, ob da vier oder zwölf Leute in der Wache sind. Anscheinend fühlten sich einige etwas allein. Und ich halte bei Bedarf gerne Händchen. 

Wie sind Sie vorher zur Leitung einer Notunterkunft gekommen? 

2022 habe ich meine Ausbildung zum Rettungssanitäter abgeschlossen und meinen Praxisteil bei den Maltesern gemacht. Und da fand ich es wirklich nett, deshalb habe ich mich dort auch um eine Stelle beworben. Das war die Zeit, als die erste Welle ukrainischer Geflüchteter im Rheingau-Taunus-Kreis ankam – und ich wurde im Vorstellungsgespräch gefragt, ob ich bereit wäre, in einer Unterkunft zu arbeiten. Ich dachte: Das ist bestimmt eine gute Erfahrung. Als der Leiter dann ging, hielt man mich wohl für kompetent genug, zusammen mit einer Kollegin die Leitung der Unterkunft zu übernehmen.

Als präsenter Wachleiter, haben Sie noch Freizeit? Und was machen Sie da?

Tatsächlich ist es wenig Freizeit – und ich muss gestehen, dass ich meine Hobbys in den vergangenen ein bis zwei Jahren vernachlässigt habe. Dabei habe ich immer gerne Musik gemacht und an jeder Menge Musik-Projekten teilgenommen. Filme drehe ich auch gerne. Dahin würde ich auch gerne wieder zurückkehren.

Würden Sie nochmal eine Wache übernehmen?

Ich bin wahnsinnig dankbar für die Chance, ich habe unglaublich viel gelernt und mich auch wirklich weiterentwickelt. Die Erfahrung will ich auf keinen Fall missen. Aber wenn man mich jetzt, mit dem Wissen, das ich habe, fragen würde, ob ich nochmal eine andere Wache übernehmen würde… Ich glaube nicht, ich würde nicht nochmal bei 0 anfangen wollen. Nochmal was ganz anderes – das wäre interessant. Was nicht heißt, dass ich nicht glücklich bin und in meiner Wache bleiben will.