Erste Frauen im Rettungsdienst

„Wir machen das jetzt und beweisen, dass wir auch nicht dümmer sind als Männer“

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Malteser
Martina Mirus ist seit den 70er-Jahren bei den Maltesern aktiv. Sie war eine der ersten Frauen, die sich in Würzburg im Rettungsdienst engagierten.

Manchmal sind es banale Dinge, die vor Augen führen, dass man da etwas Ungewöhnliches macht. Als Martina Mirus als frisch ausgebildete Rettungssanitäterin anfing, waren es die Toiletten auf der Rettungswache. „Es gab nur Männerklos“, erinnert sie sich. „Und als Frauen mussten wir um 20 Uhr die Dienststelle verlassen, um die Männer nicht zu stören“, erinnert sie sich. Das war 1976 – ganz am Anfang der Karriere, die die Würzburgerin bei den Maltesern hinlegen würde.

Wobei, ganz am Anfang ist nicht richtig. Los ging es schon 1974. Martina Mirus besuchte die 11. Klasse eines sozialwirtschaftlichen Gymnasiums und träumte davon, Notärztin zu werden. Da passte es ganz gut, dass sie und ihre Mitschüler wählen mussten: entweder ein Praktikum im Kindergarten machen. Oder den Schwesternhelferinnen-Kurs der Malteser. Klar, dass Mirus sich für die Schwesternhelferinnen entschied. Und da das Ganze solchen Spaß machte, tat sie sich mit zwei Schwesternhelferinnen zusammen, und sie meldeten sich zur Rettungssanitäter-Ausbildung an. „Damals gab es den Ausbildungsberuf des Rettungssanitäters beziehungsweise Rettungsassistenten nicht“, erklärt sie. Und sagt heute: Gerade diese ehrenamtliche Ausrichtung war eine Chance. „Unter den heutigen Voraussetzungen wäre es viel schwieriger gewesen, dass wir als Frauen irgendwo hingehen, und sagen: Wir machen das jetzt und beweisen, dass wir das können und auch nicht dümmer sind als Männer.“

„Das Kleidchen bloß nicht schmutzig machen – das war noch nie meins. Ich wollte mit anpacken.“

Auch so war nicht unbedingt alles einfach. Unter anderem mussten die Frauen vom Gesundheitsamt eine Bescheinigung einholen, dass sie nur bis zu 25 Kilo tragen durften, um überhaupt im Rettungsdienst mitfahren zu dürfen. „Da hieß es: ‚Dann bist du nur der dritte Mann – äh, Frau – im Wagen‘“, erinnert sich Mirus. Schlimm fand sie das nicht, damals seien die Tragen auch noch viel weniger aufs schwere Schleppen ausgelegt gewesen. Die Männer, mit denen sie im Rettungsdienst arbeitete, akzeptierten sie schnell – und die Patientinnen und Patienten waren teilweise sogar froh, wenn auch mal eine Frau an Bord war. Auch Mirus fühlte sich wohl: „Das Kleidchen bloß nicht schmutzig machen – das war noch nie meins. Ich wollte mit anpacken.“

Rettungsärztin ist Martina Mirus übrigens nicht geworden, stattdessen entschied sie sich für die Sozialpädagogik. Den Maltesern blieb sie allerdings treu – in den unterschiedlichsten Funktionen. Während ihrer ehrenamtlich aktiven Zeit im Rettungsdienst gründete sie zusammen mit ein paar gleichgesinnten Frauen den Würzburger Schwesternhelferinnen-Zug, den es bis heute gibt. Zudem bestärkten sie die Erfahrungen im Rettungsdienst, tatkräftig die Hospizarbeit in der Diözese Würzburg mit aufzubauen. Für sie immer noch einer der wichtigsten Zweige. „Die Hospizarbeit bereichert mich.“ Von 2000 bis 2005 übernahm sie die kommissarische Leitung eines Katastrophenschutzzugs, und war mit ihm im Hochwassereinsatz 2002. Wieder einmal allein unter Männern. „Da hatte ich anfangs schon Bedenken, nicht akzeptiert zu werden. Aber nach weniger als einer Stunde merkte ich: es klappt“, erinnert sie sich.

Mehr Mut, auch mal unbequem zu sein

Heute ist Martina Mirus als Diözesanoberin und Hospizbeauftrage der Malteser in Würzburg noch immer engagiert. Seit sie eine der ersten Retterinnen der Malteser wurde, hat sich viel getan. „Das Alleinstellungsmerkmal, irgendwo als Frau zu sein – das gibt es heute nicht mehr“, sagt sie. Trotzdem sieht sie noch Luft nach oben. „Eine Präsidentin gab es bei den Maltesern bisher nicht“, gibt sie zu bedenken. Von jungen Frauen – und jungen Menschen an sich – wünscht sie sich vor allem eins: mehr Mut, auch mal unbequem zu sein. „Man muss nicht immer gefallen. Man sollte wissen, was man tut und was richtig ist, und wenn es nötig ist, auch mal bereit sein, gegen den Strom zu schwimmen.“ So wie sie und ihre beiden Freundinnen damals im Rettungsdienst.