Wir Malteser in Nordost / Nordwest

Wo Kinderherzen heilen

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„Bin ich noch normal?“ – Diese Frage stellen sich viele Kinder, die den Verlust eines geliebten Menschen erleben mussten. Im KinderTrauerTreff der Malteser Dresden finden sie seit 2017 einen geschützten Raum, um Trauer so zu leben, wie sie es brauchen. Hier
begegnen sie anderen Kindern, die Ähnliches durchgemacht haben, und können sich frei ausdrücken – ohne Rollen, ohne Masken, ohne Urteil.

Der Treff, liebevoll „KiTT“ genannt, ist ein bundesweites Angebot der Malteser und wird von Ehrenamtlichen getragen, die eine fundierte Trauerbegleitungsausbildung absolviert haben. Einmal im Monat treffen sich bis zu zehn Kinder zwischen sechs und zwölf Jahren. Begleitet werden sie von vier Ehrenamtlichen sowie zwei hauptamtlichen Koordinatorinnen.

Neben Dresden bieten die Malteser den KiTT auch in weiteren Orten in beiden Diözesen an, darunter in Annaberg, Pirna und Plauen. 

Trauerschnecken, Kerzenrituale und Raum für Gefühle

Jeder Treff beginnt mit einem Ankommen in der Küche: Es gibt Trauerschnecken – kleine Zimtschnecken, die ein Kind einst benannte – und Zeit, um den Schultag hinter sich zu lassen. Danach geht es in den Besprechungsraum, der mit Impulskarten, einer großen Kerze und kleinen Teelichtern liebevoll vorbereitet ist. Die Kinder entzünden Kerzen für die Menschen, die sie vermissen, und sprechen darüber, wenn sie möchten. 

Das Programm ist kreativ und abwechslungsreich: Es wird gebastelt, gemalt oder gemeinsam an Erinnerungsprojekten gearbeitet. Beim Tun können die Kinder ins Gespräch kommen oder einfach nur still für sich sein. Zum Abschluss singen alle im Kreis ein gemeinsames Lied: „Das wünsche ich sehr, dass immer einer bei dir wär‘ …“

Trauern braucht Zeit

Kinder trauern anders als Erwachsene. Sie springen von tiefem Schmerz zu fröhlichem Spiel – und genau das ist im KiTT willkommen. Während Erwachsene oft direkt über ihre Trauer sprechen, malen Kinder, toben oder schweigen zunächst. Die Ehrenamtlichen
sind dabei wie Begleiter: Sie hören zu, geben Impulse, fangen die Momente auf, in denen sich das Herz öffnet, und können diese dann auch aushalten, was bei der Familie, Mama oder Papa manchmal schwer ist, die selbst im Trauerprozess stehen.

Ein bewegendes Beispiel ist ein zwölfjähriger Junge, der zwei Jahre lang zum Kitt kam. Seine Mutter war gestorben, doch er sprach kaum über sie. Im geschützten Rahmen fühlte er sich wohl, öffnete sich aber nur schrittweise. Erst nach behutsamer angeschlossener Einzelbegleitung wagte er sich auf den Friedhof und ging von sich aus zum Grab seiner Mutter. Es war ein Schritt, der Zeit und Vertrauen brauchte – und genau das bietet der KiTT.

Mehr als nur ein Treff

Neben den monatlichen Treffen unternimmt das KiTT-Team auch Ausflüge. Ob Sommerfest, Töpferwerkstatt, Pferdehof oder eine Fahrt zur Prinzessin Kira von Preußen Stiftung – die Kinder erleben, dass Trauer und Lebensfreude nebeneinander bestehen dürfen.

Besonders wertvoll ist für die Kinder die Gemeinschaft. Ein Achtjähriger sagte einmal: „Das KiTT hat mir geholfen, mal in die Ecken zu schauen, wo man sonst nicht hinsieht.“ Andere berichten, wie wichtig es ist, mit Gleichaltrigen zusammen zu sein, die dasselbe erleben.

Auf Spenden angewiesen

Seit der Gründung vor sieben Jahren haben 43 Kinder den KinderTrauerTreff besucht. Aufgebaut in dem Format, wie er heute stattfindet, wurde er von Andrea Bollmann und Edith Kudla, die dafür bereits ausgezeichnet wurden. Andrea Bollmann ist bis heute aktiv und begleitet die Kinder mit großem Engagement.

Da Trauerbegleitung keine Krankenkassenleistung ist, ist der KiTT vollständig auf Spenden angewiesen. Diese werden für Materialien, Ausflüge und die kleinen Snacks genutzt, die den Treff so besonders machen.

Ein Platz für offene Herzen

Trauer ist keine Krankheit, doch sie kann krank machen, wenn sie keinen Raum findet. Im KiTT dürfen Kinder Trauer leben, sie verstehen und daran wachsen. Eltern wissen ihre Kinder hier gut aufgehoben, auch wenn das KiTT die Trauerarbeit zu Hause nicht ersetzen kann.

Jedes Kind verabschiedet sich irgendwann aus dem Treff – mit einem besonderen Ritual: einem T-Shirt mit den Handabdrücken der Gruppe und guten Wünschen für den weiteren Weg. Und immer bleibt die Tür offen – für alle, die noch einmal vorbeischauen möchten.