Maria Krause* schaut zweimal die Woche in der Waschbar vorbei, seit sie im November 2022 eröffnet wurde. Sie wohnt schon über 20 Jahre in Bad Neuenahr und hat erlebt, wie viel sich durch die Flut im Juli 2021 verändert hat. Von ihrer Wohnung aus blickt sie auf die Ahr – und auf die vielen Baustellen, die rundherum entstanden sind. „Ich bin im Dauerstress“, erklärt die 57-Jährige. „Hier in der Waschbar ist es so ruhig, auf Neudeutsch würde man ´chillig´ sagen. Es ist angenehm hier zu sein.“ Außerdem ist der Kaffee gut, sagt sie. In der Waschbar wirkt Maria gelöst. „Habt ihr denn keine Sahne zum Kaffee? Wann kommt denn endlich die Caritas?“, zieht sie Anke Sattler auf, Projektmitarbeiterin der Fluthilfe Hessen/Rheinland-Pfalz/Saarland (HRS), die sich seitens der Malteser um die Waschbar kümmert, und lacht. Manchmal wird sie allerdings auch ernst. Dann erzählt sie bei einem Stück Kuchen von ihrer Angst bei Regen.
Christian Darantik, stellvertretender Projektsteuerer der Fluthilfe HRS, kann sich noch gut daran erinnern, wie Dauer- und Starkregen vom 14. auf den 15. Juli 2021 zum Jahrhundert-Hochwasser führten. Der Schaden war immens, mehr als 180 Menschen starben. „Wir haben mit Schaufel, Besen, Eimer und Dosenravioli geholfen“, sagt er. Als Katastrophenschützer war er von Anfang an dabei – und engagiert sich immer noch. „Die Hilfe hat sich nicht nur gewandelt, sie ist komplexer geworden“, erklärt er. Heute fokussieren sich die Malteser darauf, Angebote ohne große Hürden zu bieten, die den realen Bedürfnissen der Menschen entsprechen. Den Betroffenen soll nichts aufgezwungen werden, stattdessen werden Angebote geschaffen, um „den Menschen zum Alltag zurückzuhelfen.“ Die Zahl dieser Angebote ist groß: Es gibt mobile Treffs, feste Orte zum Zusammenkommen, Spiel- und Sportangebote für Kinder und Jugendliche. Die Malteser helfen mit, auch bereits vor der Flut bestehende Angebote weiterzuführen und unterstützen neue Gemeinschaftsprojekte der Anwohnerinnen und Anwohner.
Gemeinschaft vermitteln
Und es gibt die Waschbar. In einem Container neben der Rosenkranzkirche in Bad Neuenahr-Ahrweiler stehen je vier Waschmaschinen und Trockner zur kostenlosen Nutzung bereit. Vielleicht noch wichtiger ist aber der Gemeinschaftsraum daneben, in dem nicht nur beraten wird. „Nach der Flut gab es diverse Waschstationen, die gut angenommen wurden. Dort hat sich auch gezeigt, dass die Menschen Redebedarf haben. Also lag es nahe, die Aspekte zu verbinden: waschen, reden und sich beraten lassen“, erklärt Anke Sattler, die für die psychosoziale Unterstützung verantwortlich ist. Dass die Waschbar einen Teil zur Gemeinschaft beiträgt, zeigt sich an den Geschichten, die Sattler erzählen kann. „Es gibt einen Besucher, der den Trockner wieder startet, wenn sein Gesprächsbedarf noch nicht zu Ende ist. Ohne dieses Angebot würde er den Weg kaum zu uns finden“, sagt sie. Er ist nicht allein: Auf 237 durchlaufene Maschinen Wäsche kommen 170 gesprächige Besuchende – allein im März dieses Jahres.
„Die Waschbar hilft enorm“, sagt Petra Lickel, während sie ihre getrocknete Wäsche faltet. Die 68-Jährige hat im Moment Handwerker in der Wohnung und kann dort keine Wäsche aufhängen. Fast zwei Jahre nach der Flut ist noch einiges zu tun: „Wir haben jetzt mit Folgeschäden zu kämpfen, auch an Häusern, die nicht direkt von der Flut betroffen waren. Manche Häuser schimmeln jetzt, weil die Feuchtigkeit nach oben zieht, andere Häuser wurden nicht fachgerecht saniert und die Bewohnerinnen und Bewohner brauchen jetzt wieder Hilfe“, sagt Sattler. „Ich hoffe, die Waschbar bleibt noch ein bisschen länger bestehen“, sagt Domenico Battiato bei einer Tasse Kaffee. Der 89-Jährige wohnt direkt nebenan und der Hausmeister teilte ihm erst neulich mit, dass die Kellersanierung erst Ende dieses Jahres beginnen wird. Die Malteser wollen die Waschbar bis mindestens Ende 2024 am Laufen halten.
Die Wäsche von Maria ist fertig. Beim Gang zur Tür wirkt die 57-Jährige gelöster. „Tschüss, bis nächste Woche“, ruft sie und fährt zurück in ihre Baustelle.
*Name von der Redaktion geändert