Erste Hilfe

Von der Tafel zu Teams: Helmut Bongert bildet seit 60 Jahren aus

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Dirk Jochmann
Helmut Bongert bildet seit 60 Jahren in Erster Hilfe aus. Heute ist er 82 Jahre alt - und begeistert seine Kursteilnehmer noch immer.

Seine „Gedichte aus dem Leben“ sind inzwischen als handlicher Band mit dem Titel „Heiter bis wolkig“ erschienen, seine geschnitzten und gedrechselten Holzarbeiten werden nicht nur auf Weihnachtsbasaren hoch gehandelt, und wenn er mit Nachdruck erklärt, dass vor jeder lebensrettenden Maßnahme der Notruf abzusetzen ist, kann er sich der vollen Aufmerksamkeit aller im Kurs sicher sein: Menschen die Erste Hilfe nahezubringen ist nur eines der vielen Talente von Helmut Bongert, dieses aber nutzt er bereits seit 60 Jahren – als Malteser aus Überzeugung.

Als der 22-Jährige 1962 in Bocholt seine ersten Kurse in Erster Hilfe hält, findet die Ausbildung in einem Kellerraum statt, der früher als Klassenzimmer gedient hat, die Ausbildungsvorschrift besteht aus einem DIN A5-Heft mit 30 Seiten, und was visualisiert werden soll, wird mit Kreide an eine Tafel gemalt und geschrieben. Wenig später bringt der Tageslichtprojektor einen kleinen Fortschritt, dessen Folien allerdings aus Büchern zusammenkopiert werden müssen, da es anfangs von den Maltesern noch keine eigenen Folien gibt. Aber bald kann – mit einem von der Stadt geliehenen Projektor – ein Ausbildungsfilm eingesetzt werden, der zur Wiederholung am Ende des Lehrgangs gezeigt wird.

Am Anfang gab es noch keine Kurse für den Führerschein

„Es war schon alles primitiver“, blickt Bongert, dem man seine 82 Jahre kaum glauben mag, heute zurück, „aber es hat auch Spaß gemacht, weil die Leute aus eigenem Interesse mitgemacht haben.“ Die Teilnahme an den von der Bundesregierung finanzierten umfassenden Kursen mit acht Doppelstunden Umfang war kostenlos und freiwillig. Die verpflichtenden Führerscheinkurse „Sofortmaßnahmen am Unfallort“ kamen erst 1969 ins entstehende Ausbildungs-Portfolio. Der Unterricht war zunächst auf eine abendliche Doppelstunde pro Woche aufgeteilt, sodass der Kurs über acht Wochen ging. Erheblich kürzer wurde es bald mit zwei Abenden pro Woche und einem Samstag. „Als dann die Führerscheinleute dazu kamen, war klar, dass das nur an einem Samstag geht.“

Anfangs stand die Herz-Lungen-Wiederbelebung noch nicht auf dem Lehrplan. „Damals haben wir nur Beatmung gemacht“, berichtet Bongert. „Die Amerikaner hatten da schon Beatmung und Herzdruckmassage. Die kam bei uns Ende der 80er-Jahre dazu. Dafür mussten geeignete Übungspuppen angeschafft werden, die allerdings nicht ganz billig waren.“

1959 fing er bei den Maltesern an

Was ist heute besser in der Ausbildung, welche Fortschritte sind zu verzeichnen? „Das Lehrmaterial ist heute rundum besser“, lobt Bongert. „Man hat vieles Schriftliche an die Hand bekommen, was man früher nicht hatte. Und die neueste Technik mit PowerPoint ist natürlich eine Erleichterung. Man kann selbst etwas herstellen, was natürlich in den Rahmen passen muss.“

Zu den Maltesern kam Helmut Bongert nach seiner Ausbildung zum Klempner und Installateur, als die Münsteraner Malteser 1959 in Bocholt einen Katastrophenschutztrupp aufbauen wollten und dazu an seine Heimat-Pfarrgemeinde St. Josef herantraten. „Wir mussten dann relativ schnell 30 Leute zusammenbekommen, um einen Zug besetzen zu können. Ich habe alle möglichen Schulkameraden und Freunde angesprochen. Und das hat auch geklappt“, erinnert sich Bongert. „1960 haben wir dann die Malteser Gliederung in Bocholt gegründet.“ Als er 1962 nach seiner Bundeswehrzeit mit dreimonatiger Sanitätsvollausbildung ins heimatliche Bocholt zurückkehrte, lag der Einstieg in die Breitenausbildung nahe, der er bis heute ohne Unterbrechung treugeblieben ist.

"Er kann gut auf Menschen zugehen, ist von Grund auf zurückhaltend und bescheiden und sorgt mit seinem Humor für ein entspanntes Miteinander"

Birgit Hemming, Leiterin Ausbildung

So kam es auch, dass er an der Gründung von zwei weiteren Malteser Gliederungen mitwirkte. Ab 1988, inzwischen Techniker für Sanitätsinstallation und in Ingenieurbüros mit Planungsaufgaben betraut, war er im schleswig-holsteinischen Heide tätig, und organisierte dort in seiner freien Zeit Erste-Hilfe-Kurse, aus denen dann mit seiner tatkräftigen Mithilfe die Gliederung Heide und von dort aus die Gliederung Husum entstanden. Mit Eintritt in den Ruhestand kam er 2004 zurück nach Bocholt und klinkte sich dort 2005 als Leiter Ausbildung wieder ein. Und dass er 2016 dann diese Funktion von sich aus mit seiner damaligen Stellvertreterin Birgit Hemming tauschte, kommt nicht von ungefähr.

„Helmut ist ein herzensguter und hilfsbereiter Mensch. Er kann gut auf Menschen zugehen, ist von Grund auf zurückhaltend und bescheiden, muss nicht im Vordergrund stehen und sorgt mit seinem Humor für ein entspanntes Miteinander“, beschreibt Birgit Hemming ihren heutigen Stellvertreter, den sie schon kennt, seit sie Anfang der 80er-Jahre zu den Maltesern kam.

Dass Helmut Bongert als dienstältester Ausbilder der Malteser auch in seinem 90. Lebensjahrzehnt weder vor neuen Lehrinhalten noch vor neuer Technik zurückschreckt, erfüllt allseits mit Bewunderung. Birgit Hemming: „Die Ausbildung ist sein Hobby, da interessiert er sich für alles Neue“. So etwa auch für das neue „Herzensretter“-Programm, in dem Schüler Schüler in Erster Hilfe ausbilden. „Er betreut mit mir zusammen Schulsanitätsdienste, geht in die Schulen, arbeitet mit Schülern. Das ist es auch, was ihn jung hält.“ In der Pandemiezeit hat Helmut Bongert sich noch Teams und Zoom so weit zeigen lassen, dass er damit arbeiten konnte. Denn auch hier stand für ihn fest: „Das will ich auch noch können!“  


1960: Offizieller Einstieg bei den Maltesern mit der Grundausbildung
Dirk Jochmann
1960: Offizieller Einstieg bei den Maltesern mit der Grundausbildung
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Als Malteser aus Überzeugung hat Helmut Bongert an der Gründung von drei Hilfsdienst-Gliederung mitgewirkt.
Dirk Jochmann
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Seit 60 Jahren ist Bongert Ausbilder mit Engagement.
Dirk Jochmann
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Mit Helmut Bongert werden 62 Jahre Malteser Geschichte lebendig.
Dirk Jochmann
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Ein prägendes Erlebnis: Der Sanitätseinsatz auf dem Petersplatz zum Heiligen Jahr 1975 – Helmut Bongert unten Zweiter von links
Dirk Jochmann
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