Standpunkt

70 Jahre Nöte, Nähe, Nächstenliebe 

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Wir Malteser blicken auf eine fast tausendjährige Geschichte und Tradition zurück. Es waren italienische Kaufleute, die im 11. Jahrhundert in Jerusalem eine Hospitalbruderschaft gründeten, um Pilgern aus allen Ländern der Christenheit Hilfe, Pflege und Schutz in der heiligen Stadt zu geben, besonders den vielen Erschöpften, Kranken und Armen unter ihnen. Schon in früher Zeit konnte ihr Spital rund 2.000 Kranke aufnehmen, und zwar aus allen Religionen. Schon damals beschäftigte der Orden muslimische Ärzte, die mit ihrer Medizin im Orient richtungsweisend waren. Die Malteser waren eine Avantgarde; sie haben Neues gewagt.  

Jahrhunderte später, 1953, gründete der Malteserorden in Deutschland mit Unterstützung der Caritas den Malteser Hilfsdienst. Dieses Jahr begehen wir unser 70-jähriges Jubiläum gemeinsam und erstmalig mit einer Tagungswoche, zu der alle Fachbereiche der Malteser in Köln zusammenkommen. Was einst mit Erster Hilfe begann, ist inzwischen zu einer weit verzweigten, international tätigen Organisation herangewachsen. Es sind viele verschiedene Nöte, denen wir uns heute zuwenden: Krankheit, Gebrechlichkeit, Einsamkeit, Armut, Ausgrenzung, Flüchtlingselend … Entsprechend vielfältig sind unsere Angebote im gesamten Malteser Verbund. Stets geht es uns darum, Menschen in Not zu helfen.  

Wir tun dies mit Grundüberzeugungen, die uns nicht erst seit 70 Jahren begleiten, sondern in der viel älteren Tradition des Malteserordens wurzeln. Sie sind der Garant für unsere Existenz(berechtigung) und die Basis, auf der wir uns beständig weiterentwickeln. Vier Aspekte sind für mich entscheidend: 

1. Wir helfen jedem Menschen in Not

Wir helfen jedem Menschen in Not – unabhängig von Herkunft, Religion, Alter, sexueller Identität oder Weltanschauung. Für uns ist es unerheblich, welche Hautfarbe ein Mensch hat, welche Sprache er spricht und auch, warum er in Not geraten ist. Das klingt selbstverständlich, ist es aber in vielen Teilen der Welt nicht. Für uns ist jeder Mensch einzigartig, unersetzbar, wertvoll und von Gott geliebt. Jeder Mensch besitzt die gleiche unantastbare Würde. Diese Überzeugung basiert auf unserer christlichen Vorstellung von der Gottesebenbildlichkeit des Menschen.  

2. Menschliche Zuwendung und große Professionalität

Seit alters her sprechen wir von den „Herren Kranken“, denen – so wollte es unser Ordensgründer, der Selige Gerhard - mit den besten zur Verfügung stehenden Mitteln und mit größter Ehrerbietung und überbordender Großzügigkeit zu dienen ist. Daher ist es bis heute unser Anspruch, jedem Menschen mit persönlicher, menschlicher Zuwendung nahe zu sein und ihm mit der liebenden „Zuwendung des Herzens“1 zu begegnen. Durch Verbindung mit großer Professionalität und hoher fachlicher Kompetenz erwächst daraus die besondere Malteser Qualität. 

3. Alle sind bei uns willkommen und wertgeschätzt

Wir helfen jedem, und wir helfen mit jedem. Denn alle Menschen, die dem Auftrag, den Zielen und dem Selbstverständnis der Malteser aufgeschlossen gegenüberstehen und die geistig-religiösen Grundlagen der Malteser respektieren, sind eingeladen mitzuarbeiten; sie sind bei uns willkommen und wertgeschätzt. Menschen, die in unserem Namen tätig sind, lassen sich von der Not der Bedürftigen berühren und wollen konkrete Hilfe und Unterstützung leisten. Durch unsere eindeutige Verankerung im christlichen Glauben und im Leben der katholischen Kirche sind wir Malteser schon seit unserer Gründung offen alle Menschen, die an unserem Auftrag mitwirken wollen. Heute ist viel von Diversität die Rede, auch in dieser Hinsicht waren wir Malteser immer schon divers. Damals waren es die muslimischen Ärzte; heute sind es tiefgläubige und nichtgläubige Christen, Menschen, die dem Glauben fernstehen, aber vielleicht auf der Suche sind, und Menschen anderer Religionen, die sich von unserem Auftrag und unserer Gemeinschaft begeistern lassen. Umso wichtiger ist es, dass alle Mitwirkenden unseren Auftrag und unsere Grundüberzeugungen als Malteser kennen und mittragen. So vereinen wir uns mit Orden und Werken, Hilfsdienst und anderen Malteser Gesellschaften, Ehren- und Hauptamt und sogar international über Ländergrenzen hinweg zu einer großen Malteser Familie. 

4. Helfen aus Nächstenliebe

Wir handeln nicht aus Gewinnerzielungsabsicht oder im Sinne einer abstrakten Weltanschauung, sondern in einem Namen: Jesus Christus. Als Organisation helfen wir aus einer christlichen Motivation heraus, aus Nächstenliebe. Gerade in einer Zeit, in der Kriege und Katastrophen vielfältiges Leid hervorrufen, wollen wir Gottes Zuwendung zu uns Menschen bezeugen und weitertragen. Diese Verbindung von Helfen und Glauben gehört zu unserem besonderen Charisma als Malteser. 

Liebe Malteser, lassen Sie uns die Geschichte der Malteser in diesem Sinne weiterschreiben!