Rückblick auf die Flüchtlingshilfe

Noch nie in der Geschichte der Bundesrepublik haben mehr Menschen um staatlichen Schutz gebeten als in den vergangenen eineinhalb Jahren: 476.649 gestellte Asylanträge im Jahr 2015 und 745.545 im Jahr 2016. Über die sogenannte „Balkanroute“ hatten sich ab dem Sommer 2015 Frauen, Kinder und junge Männer – zumeist  aus Syrien und dem Irak  – auf den Weg gemacht, im vor Krieg, Gewalt und Verfolgung zu fliehen. Sie wollten endlich wieder Sicherheit und Frieden finden. Wochenlange Fußmärsche, lebensgefährliche Bootsfahrten und schlimme hygienische Zustände haben die Flucht dieser Menschen bestimmt.

Jeder Hilfsbedürftige ist so wichtig wie der Herr selbst

Seitdem die Malteser in Deutschland aktiv sind, gab es keinen so herausfordernden humanitären Kraftakt zu bewältigen wie in den Jahren 2015/2016. Gleichzeitig war der Geist der Malteser – die bedingungslose Unterstützung hilfsbedürftiger Menschen,gleich welcher Herkunft oder Religion – noch nie so wichtig wie damals. Die Katastrophenschutz-Einheiten des Malteser Hilfsdienstes haben, genauso wie die Malteser Werke, die auf professionelle Betreuung von Flüchtlingen spezialisiert sind, innerhalb von kürzester Zeit die benötigte Infrastruktur zur Verfügung gestellt, um die neu angekommenen Flüchtlinge zu versorgen. Der Präsident des Malteser Hilfsdienstes, Dr. Constantin von Brandenstein, sagte schon zu Beginn der Flüchtlingskrise 2015: „Für unseren Einsatz gibt es keine Alternative. Seit 900 Jahren ist für Malteser jeder Hilfsbedürftige so wichtig wie der Herr selbst.“

Unmittelbare Hilfe und Versorgung

Auf die akute Not der Flüchtlinge und die zahlreichen behördlichen Aufträge haben die Malteser sofort reagiert: Über 3.000 Ehrenamtliche in ganz Deutschland sorgten dafür, dass Turnhallen, alte Kasernen und Großraumzelte in teils weniger als 48 Stunden bezugsfertig waren. 2.600 Hauptamtliche – viele von ihnen neu eingestellt – übernahmen die Betreuung in den Einrichtungen. 160 Einrichtungen mit 70 bis 1.000 Betten wurden zu Spitzenzeiten von den Maltesern betreut. Dort haben die Malteser über Monate rund 54.000 Menschen täglich zuverlässige Versorgung, freundliche Atmosphäre und menschliche Zuwendung geboten. Besonders intensiv war die Arbeit der Malteser in Nordrhein-Westfalen und Niedersachsen. Dort gab es einen besonders hohen Bedarf an zusätzlichen Einrichtungen zu decken.

Zusammenarbeit zwischen Behörden und Maltesern

So spontan die Hilfe war, so unklar war während der akuten Krisenzeiten, wie sich die Lage weiter entwickeln würde. Die Behörden in Kommunen und Ländern schlossen mit den Maltesern, mit anderen Hilfsorganisationen sowie mit privaten Anbietern daher zeitlich begrenzte Verträge. Für die Malteser bedeutete das: große Investitionen in Personal und Ausstattung, kurze Laufzeiten, hohes finanzielles Risiko. Diese Risiken mussten in den Kalkulationen und bei der Angebotserstellung berücksichtigt werden. Damit konnten unerwartete Kosten – etwa fortlaufende Personalkosten trotz kurzfristiger Einrichtungsschließung oder Preissprünge bei knappem Material – aufgefangen werden. In der Tat kam es an zahlreichen Standorten zu kurzfristigen Schließungen, wenn sich gezeigt hat, dass die vorgehaltenen Kapazitäten nicht oder nicht mehr benötigt wurden.

Hilfe und Engagement für Flüchtlinge über akute Notsituation hinaus

Denn mit den Grenzschließungen auf der „Balkanroute“ und dem „EU-Türkei-Abkommen“ nahm die Zahl der in Deutschland Asylsuchenden seit September 2016 erheblich ab. Die Malteser betreuen aktuell weniger als 100 Einrichtungen mit knapp 30.000 Plätzen. Das ehrenamtliche Engagement in der Hilfe für Flüchtlinge  geht unterdessen neue, langfristige Wege: Mit den Integrationslotsen, die Flüchtlingen mit einem Bleiberecht im Alltag helfen, hat sich ein neuer Dienst gebildet. Er zählt bereits 2.500 Aktive an mehr als 80 Standorten. Viele von ihnen hatten sich bereits früher bei den Maltesern engagiert, viele fanden aber auch ganz neu den Weg in den Verband.

Stiftungsgründung für Katastrophenschutz, Flüchtlingsbetreuung und andere Notleidende

Zudem wurde aus den Bedarfsberechnungen und den entsprechend vorgehaltenen, aber nicht immer benötigten Kapazitäten ein Betrag in Höhe von 47,9 Millionen Euro in eine zweckgebundene Stiftung eingebracht. Damit ist sichergestellt, dass die Mittel aus dem Ausnahmejahr 2015/2016 in den kommenden Jahren zügig und zweckgebunden im Katastrophenschutz, in der Betreuung von Flüchtlingen und anderen Menschen in Not eingesetzt werden.