Wohnsinn.org: Die Online-Plattform für inklusive WGs

Das stinknormale WG-Leben kennen die meisten. Auf den ersten Blick sehen auch diese Wohngemeinschaften aus wie andere WGs: Junge Menschen leben zusammen, jeder hat ein Zimmer, dazu kommen Gemeinschaftsräume wie Wohnzimmer, Küche, Bad. Die anfallenden Arbeiten teilen die Bewohner untereinander auf.
Aber wenn du genauer hinschaust, werden die Unterschiede deutlich: Einige der WG-Mitglieder haben eine Behinderung und sind auf Unterstützung angewiesen. Das ist die Idee hinter der Onlineplattform wohnsinn.org : In sogenannten inklusiven WGs leben Menschen mit und ohne Behinderung zusammen. Und das Beste ist: Alle profitieren von dieser WG-Konstellation. Wir stellen Wohnsinn und seinen Gründer Tobias Polsfuß vor!

Darum geht's:


Das ist Wohnsinn

„Wenn in unserer WG das Zusammenleben von Menschen mit und ohne Behinderung so großartig funktioniert, warum gibt es inklusive WGs dann noch nicht überall?“ Dieser Gedanke schoss Tobias Polsfuß (25) durch den Kopf, als er bereits drei Jahre in einer inklusiven WG in München gewohnt hatte. Aus den drei Jahren sind inzwischen fast fünf geworden, und Tobias hat seine Überlegungen in die Tat umgesetzt: Mitte 2016 gründete der Student das Start-up Wohnsinn. Die Ziele der Onlineplattform:

  • Informationen über inklusive WGs vermitteln
  • Interessierten eine WG-Börse für inklusive Wohnprojekte im deutschsprachigen Raum bieten
  • aus dem Alltag solcher Wohngemeinschaften berichten

Dafür ist der Onlineauftritt von Wohnsinn in drei Bereiche gegliedert:

  • Wohnbörse ist eine Vermittlung für inklusive Wohngemeinschaften. Basierend auf den Inseraten der Onlinebörse wg-suche.de können Interessierte hier nach freien Zimmern suchen oder ihren Wunsch an der Gründung einer inklusiven WG bekunden.
  • Wohnblog erzählt Geschichten aus dem Alltag inklusiver WGs, stellt inklusive Wohnprojekte aus ganz Deutschland vor und gibt Ratschläge und Tipps zur Gründung inklusiver WGs sowie zu entsprechenden Veranstaltungen.
  • Wohninfo stellt mithilfe einer interaktiven Landkarte Partner-WGs von Wohnsinn in Deutschland und Österreich vor. Und für alle, die selbst eine inklusive WG gründen wollen, gibt’s hier einen Gründungsleitfaden.

 

Menschen mit Behinderung

Weltweit sind circa eine Milliarde Menschen von einer oder mehreren Behinderungen betroffen, in Deutschland etwa 10,2 Millionen (Quelle: Statistisches Bundesamt, Stand: 2013). Wie es um die Inklusion dieser Menschen steht, erfährst du hier.

Information führt zu Inklusion

Informationen sind für Tobias der Schlüssel zu Inklusion: „Mehr Menschen müssen erfahren, wie großartig es ist, in einer inklusiven WG zu wohnen.“ Immer noch wohnen circa 60 Prozent der Erwachsenen mit einer geistigen Behinderung bei ihren Eltern*. Viele von ihnen möchten möglichst selbstbestimmt leben, scheitern aber an fehlenden geeigneten Wohnmöglichkeiten.

Nach Ende seines Studiums will sich Tobias mit seinem Start-up selbst finanzieren. Eine Auszeichnung konnte der gebürtige Landshuter bereits entgegennehmen: 2017 bekam Wohnsinn den Smart Hero Award in der Kategorie „Stark sein, trotz …“ Der Preis zeichnet Menschen und Organisationen aus, die in ihrem sozialen und ehrenamtlichen Engagement erfolgreich Social-Media-Kanäle einsetzen.

Zurzeit baut Tobias ein bundesweites Bündnis für inklusives Wohnen auf, über das sich Trägerorganisationen vernetzen und Informationen austauschen sollen. Ziel ist unter anderem eine effektivere Lobbyarbeit für die Belange des inklusiven Wohnens. Dazwischen wird Tobias immer wieder für Vorträge, Fachtagungen und Workshops gebucht – sowohl von regionalen als auch von bundesweiten Vereinen und Trägern.

Bitte beachten Sie: Sobald Sie sich das Video ansehen, werden Informationen darüber an Youtube/Google übermittelt. Weitere Informationen dazu finden Sie unter Google Datenschutzerklärung.

Inklusive WGs bauen Vorurteile ab

Inklusives Wohnen ist für Tobias nur ein Teil eines großen sozialen Puzzles: „Behinderung hat immer auch eine soziale Komponente, da viele einfach nicht den Zugang zu allen gesellschaftlichen Bereichen haben. Aber wohnen müssen alle.“ Für den Niederbayern ist das gemeinsame Wohnen eine Möglichkeit, gesellschaftliche Vorurteile abzubauen. In den betroffenen Familie zum Beispiel. Denn, so Tobias, gerade Eltern haben oft große Bedenken, ihre Kinder mit Behinderung in eine WG ziehen zu lassen: „Die haben Angst, dass Studenten zu chaotisch wären, um Verantwortung zu übernehmen.“

Auch die WG-Bewohner ohne Behinderung profitieren vom inklusiven Wohnen, sammeln ganz neue Erfahrungen. Damit steigt die Wahrscheinlichkeit, dass sie vielleicht später einmal, wenn sie ein eigenes Unternehmen gründen, auch Menschen mit Behinderung einstellen. Tobias: „Das Wohnen ist einfach ein guter Hebel, um Gesellschaft inklusiv zu gestalten, auch weil es ein Bereich ist, in dem es nicht um Leistung geht.“

Eine seriöse Aussage zur Zahl der über Wohnsinn vermittelten Wohnungen kann man laut Tobias nicht treffen – zumal sein Start-up Anfang 2018 eine Kooperation mit der Plattform wg-suche.de eingegangen ist. Dort lässt sich gezielt in der Rubrik „WGs für Menschen mit Behinderung“ suchen. Wohnsinn hofft, so mehr Menschen zu erreichen als bisher – gerade in Groß- und Universitätsstädten ist bezahlbarer und barrierefreier Wohnraum ein knappes Gut. Insgesamt gehen Schätzungen von aktuell 40 bis 50 inklusiven WGs in Deutschland aus.

 


Der Alltag ist wie in jeder anderen WG: Wir lachen, kochen und essen gemeinsam, streiten um den Abwasch und verbringen gemütliche Abende vor dem Fernseher.

Tobias Polsfuß


Mit Wohnsinn die Selbstbestimmung erhöhen

Besonders viele inklusive WGs gibt es bisher also nicht. Noch sind auch viele Hemmnisse zu überwinden – nicht zuletzt mangelt es an staatlicher Förderung für Beratung, wenn Menschen mit Behinderung zu Hause ausziehen wollen. Trägervereine scheuen sich, inklusive Wohngemeinschaften anzubieten, da sie dann gleichzeitig Leistungsanbieter und Vermieter wären. Die Alternative zu inklusiven WGs lautet für die Betroffenen: Sie bleiben entweder bei den Eltern wohnen oder ziehen in eine stationäre Wohngruppe beziehungsweise ein solches Wohnheim. Dort leben sie allerdings vergleichsweise abgeschottet.

Mit Wohnsinn hat sich Tobias zur Aufgabe gemacht, durch inklusives Wohnen die Selbstbestimmung für Menschen mit Behinderung deutlich zu erhöhen. Einen Traum hat er auch: „Im Optimalfall gehe ich eines Tages in Frührente und löse meine Organisation auf, weil sich das Problem erledigt hat.“

Finde dein Engagement

Hat dich Tobias' Engagement inspiriert? Wenn du dich auch engagieren möchtest, fülle einfach dieses Formular aus und finde ein Ehrenamt, das zu dir passt.


*Quelle: Beauftragte der Bundesregierung für die Belange behinderter Menschen, 2013

#Inklusion

#Ehrenamt

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